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Geisterflut

Geisterflut

Titel: Geisterflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stacia Kane
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dabei, aber etwaiger Lärm machte ja auch nichts, wenn niemand da war, der ihn hörte. Das Schloss der ersten Tür war glücklicherweise leicht zu knacken. Sie schaffte es in nicht mal dreißig Sekunden. Wie viel Zeit war bisher vergangen? Eine Minute? Zwei? Sie konnte den Lamaru schon förmlich hinter sich spüren, wie er die schwarz behandschuhten Hände nach ihr ausstreckte und seine Augen noch vom letzten Blutsopfer loderten ... Sie fuhr herum, bereit, sich zu wehren, doch dann glotzten sie nur die leeren Augen des Zuges an.
    Zeitverschwendung. Zurück an die Arbeit.
    Wie sie befürchtet hatte, war es nur ein kleiner Nutzraum. Ein Eimer samt Wischmopp - sie konnte sich nicht erklären, was der hier sollte, es sei denn, in solchen Kammern wuchsen Putzutensilien wie anderswo Pilze. Irgendwelche Kabel. Ein Sicherungskasten - Bingo!
    Sie stemmte ihn mit ihrem dünnsten Dietrich auf. Wie viel Zeit war jetzt vergangen? Drei Minuten? Sämtliche Sicherungen leuchteten, doch es war nicht zu erkennen, ob die dazu gehörenden Dinge gerade in Betrieb waren, und der Aufzugschacht war so lang, dass sie die Kabine von hier aus nur hören würde, wenn sie schon ganz in der Nähe war. Auch der schwarzmetallene Kasten selbst war nicht beschriftet. Chess blieb nichts anderes übrig, als die Sicherungsschalter nacheinander umzulegen, und wenn bei einem davon das Licht anblieb, konnte sie davon ausgehen, dass er zum Aufzug gehörte, der dann schön stecken bleiben würde. Wenn bei mehreren Sicherungen das Licht anblieb, würde sie die ebenfalls ausgeschaltet lassen.
    Es sei denn, der Aufzug hinge mit irgendeiner Beleuchtung an derselben Sicherung. Mist! Also gut, dann würde sie eben sämtliche Sicherungen rausnehmen und so schnell wie möglich von hier verschwinden. Vorausgesetzt, es gab den Zugang in die Tunnel. Wenn die andere Tür in keinen Tunnel führte, sondern dahinter auch nur Eimer und Wischmopp zum Vorschein kamen, musste sie die ganze Nacht hier unten zubringen. Allein. In der Dunkelheit.
    Immer noch besser als das, was ihr Verfolger vermutlich mit ihr vorhatte. Aber mit etwas Glück würde der die Nacht in der Aufzugkabine zubringen, hundert Meter unter der Erdoberfläche.
    Sie ließ sich noch eine Minute Zeit, um sicherzugehen. Der Aufzug war das einzige Mittel, ihren Verfolger aufzuhalten - an den Sicherungskasten des Kirchengebäudes kam man ohne diverse Schlüssel und eine Leiter nicht heran -, und wenn es ihr tatsächlich gelang, ihn dort einzusperren, würde man ihn am nächsten Morgen entdecken, und das wäre doch nett: ein Mitarbeiter der Kirche, der mit einer magischen Geheimorganisation unter einer Decke steckte, einer kirchenfeindlichen magischen Geheimorganisation, die sich praktisch seit ihrer Gründung bemüht hatte, die Kirche zu stürzen. War es falsch, sich einen Moment lang zu freuen, dass darauf die Todesstrafe stand?
    Und kümmerte es sie, ob es falsch war oder nicht?
    Die Sicherungsschalter waren schwergängig und kalt. Sie musste alle Kraft aufwenden, um sie umzulegen, und ihre rechte Hand tat dabei ziemlich weh. Als die erste Schalterreihe geschafft war, schoss ihr ein Schmerz den Arm hinauf. Die Handwunde war wieder aufgerissen.
    Die schummrigen Lichter auf dem Bahnsteig brannten immer noch. Chess wartete ein paar Sekunden, versuchte die Entfernung zwischen dem Technikraum und der Bahnsteigkante abzuschätzen und legte dann auch die zweite Reihe der Sicherungsschalter um.
    Der Bahnsteig verschwand. Der Raum verschwand. Nicht einmal der Zug hatte noch Licht. Chess befand sich nun zweihundertfünfzig Meter tief unter der Erde in vollkommener Dunkelheit.
    Schimpfend, weil sie nicht eher daran gedacht hatte, wühlte sie ihre Streichhölzer aus der Tasche hervor. Und dann verwünschte sie sich dafür, dass sie sich nicht schon längst mal ein Feuerzeug gekauft hatte. So eins wie Terribles, bei dem manchmal eine fünfzehn Zentimeter hohe Stichflamme hervorschoss.
    Vorsichtig trat sie aus dem Raum auf den Bahnsteig und riss ihr erstes Streichholz an. Die Flamme, die sich in der Schwärze ringsumher fast verlor, half ihr zu erkennen, dass sie noch gut fünf Meter von der Bahnsteigkante entfernt war. Sie eilte hinüber und setzte sich auf den kalten Beton, und in diesem Moment war das Streichholz niedergebrannt.
    Sie hatte nur noch fünf Hölzer übrig - und wahrscheinlich etliche Kilometer dunkle Tunnel vor sich. Schöne Scheiße.
    Der Zug ragte dunkel und still neben ihr auf. Sie konnte ihn nicht sehen,

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