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Geisterflut

Geisterflut

Titel: Geisterflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stacia Kane
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Treppe hinab hörte sie, wie die Tür oben mit großer Wucht aufgestoßen wurde. Sie wagte nicht hochzusehen. Sie musste weiterlaufen. Aber nach der nächsten Wendel würde sie wahrscheinlich schon abspringen können ...
    Das tat sie. Bei der Landung schossen ihr Schmerzen die Beine hinauf, und ihr war klar, dass ihr Verfolger wohl leider ihrem Beispiel folgen würde. Jetzt musste sie sich entscheiden, ob sie versuchen sollte, durch die Kapelle zu fliehen, oder ob sie mit dem Aufzug in die Tiefe fahren sollte, zum Bahnsteig des Geisterzugs und von dort aus weiter in die Stadt der Ewigkeit. Beides kam ihr nicht sonderlich verlockend vor. Wenn sie durch die Kapelle lief, konnte sie dort abgefangen werden, und falls nicht, müsste sie anschließend noch quer durch den Eingangssaal, durch den Hauptausgang und über den Parkplatz.
    Von dem unterirdischen Bahnsteig hingegen gab es keinerlei Entkommen. Der einzige Weg hinaus war der Weg nach oben, und Chess hatte echt keinen Bock, die ganze Nacht dort zu verbringen, sich von stummen Geistern anstarren zu lassen und am Ende völlig durchgefroren zu sein. Außerdem war man unter der Erde niemals sicher.
    Es sei denn ... Hatte Lex nicht von diesen Tunneln gesagt, dass sie unter ganz Triumph City verliefen? Das galt dann ja wohl auch für das Gelände der Kirche, nicht wahr? Denn vor der Geisterwoche war das ein Geschäftsviertel gewesen.
    Von der unteren Endstation des Aufzugs gelangte man direkt auf den Bahnsteig, an dem der Zug bereit stand.
    Hatte sie einmal dort unten nicht eine ganze Anzahl von Türen gesehen? Vielleicht führte ja eine davon in das Tunnelnetz. Und wenn sie erst einmal drin war, ließ sich trotz aller verwirrenden Abzweigungen auch ein Ausgang daraus finden. Schließlich hatte sie sogar ihren Kompass dabei. Er steckte in seinem kleinen Etui in ihrer Tasche.
    Es war nicht gerade eine umwerfend tolle Idee, aber es war die einzige, die Erfolg versprach. Chess rammte den Handballen gegen den Aufzugknopf. Es dauerte ein, zwei Sekunden, bis die Tür sich zu öffnen begann - eine Ewigkeit -, während die Schritte auf der Wendeltreppe lauter wurden, und als sie dann in die Aufzugkabine sprang, schepperte das Treppengeländer, und sie wusste, dass ihr Verfolger die letzten Stufen übersprungen hatte.
    Kurz bevor sich die Tür schloss, erblickte sie ihn, eine Gestalt im schwarzen Kapuzengewand mit einem Symbol vorne drauf, das im Licht der Notbeleuchtung schillerte, und wie aus der Pistole geschossen war die Erinnerung wieder da.
    Ach du Scheiße!

22
    »... sie waren sich der Macht der Erde nicht bewusst,
    und so leiteten sie ihren Abfall hindurch
    und gruben darin nach allerhand Dingen.«
    Geschichte des alten Regimes, Band III: 1800—1900
    Sechs Minuten bis nach unten. Noch einmal sechs bis nach oben und wieder sechs Minuten nach unten, dann wäre ihr Verfolger auf dem Bahnsteig. Falls er sich entschloss, ihr zu folgen - und warum sollte er nicht, da es doch nach allgemeiner Kenntnis keine anderen Ausgänge gab? Ganz allein mit einem Lamaru ... Diese Lamaru mit ihrem scheißedlen Symbol und ihrer blutrünstigen schwarzen Magie! Sie hatten tatsächlich die Kirche infiltriert und einen von Chess’ Kollegen für sich gewonnen!
    Wenn sie einen hatten, hatten sie dann noch mehr?
    Wenn sie jetzt schon in die Kirche eingedrungen waren ..., war niemand mehr sicher. Weder die Ältesten noch die Goodys noch die normalen Mitarbeiter. Und schon gar nicht all die Leute, die sich auf den Schutz der Kirche verließen. Die Lamaru wollten niemanden schützen. Sie wollten weiter nichts, als die Macht an sich reißen. Und dafür würden sie vor nichts zurückschrecken.
    Leider gab es keine Möglichkeit, den Aufzug anzuhalten, keine Notbremse und keinen Hebel, den man hätte umlegen können. Also blieben ihr zwölf Minuten, um so weit wie möglich in das Tunnelnetz hineinzugelangen. Es sei denn, sie hatte sich geirrt und keine der Türen führte in einen Tunnel, sondern alle nur in irgendwelche Lager oder Technikräume voller Kabelgewirr.
    Chess zitterte. Es war immer so kalt hier unten und so still. Der Zug mit seiner schummrig-blauen Innenbeleuchtung und den flachen, matten Frontscheinwerfern sah ihr mit gleichmütigem Raubtierblick zu, während der Aufzug die Rückfahrt an die Erdoberfläche begann. Sechs Minuten hinauf, sechs wieder hinab.
    Zwei Türen gab es in den feuchten Betonmauern, je eine beiderseits des Zuges. Chess hatte ihre Schmiermittelspritze natürlich nicht

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