Geisterhafte Visionen
beabsichtigte überhaupt nicht, den Drenarianern zu helfen. Und das gilt auch für seine Freunde im zweiten Schiff. Hilfe für die Bewohner des Planeten kann nur von uns kommen.«
»Und sie muß ziemlich schnell kommen«, betonte Neelix.
Falten bildeten sich in seiner fleckigen Stirn. »Immerhin trifft bald eine ganze Televek-Flotte ein.«
»Wir haben einfach nicht genug Zeit, um die Umlaufbahnen aller Monde zu modifizieren«, sagte Chakotay. »Es widerstrebt mir ebensosehr wie Ihnen, den Versuch aufzugeben, aber…«
»Ich weiß.« Janeway hob die Faust zu den Lippen, senkte den Blick und konzentrierte sich. Es mußte einen Weg geben. Sie hatte das Gefühl, die einzelnen Stücke eines Puzzles in der Hand zu halten – jetzt kam es nur noch darauf an, sie zu einem Bild zusammenzufügen. Wenn das gelungen war, bekam sie Antwort auf alle ihre Fragen.
Doch vielleicht fehlte ein wichtiges Stück…
»Wir übersehen etwas«, sagte sie und drehte sich zu den anderen um. »Ich bin ganz sicher.«
»Wir sollten von hier verschwinden, solange wir noch die Chance dazu haben«, sagte Neelix voller Nachdruck. »Captain, es war nie Ihre Aufgabe, die Drenarianer zu schützen oder ihnen zu helfen. Ich respektiere Ihre Anteilnahme – meine Gefühle bewegen sich in einer ähnlichen Richtung –, aber manchmal sind einem eben die Hände gebunden. So etwas muß man akzeptieren.«
»Ich glaube, da hat er recht, Captain«, fügte Kes sanft hinzu.
»Sie und Ihre Leute sind immer und unter allen Umständen bereit zu helfen. Das habe ich inzwischen schon oft erlebt. Es ist einer der Gründe dafür, warum ich so gern an Bord bin. Ich nutze jede Gelegenheit, um von Ihnen zu lernen. Allerdings habe ich auch gelernt, daß selbst der beste Arzt ab und zu einen Patienten verliert. Vielleicht entspricht es dem Willen der Götter. Oder die Zeit der Betreffenden ist abgelaufen. Wie dem auch sei: Sie sind dafür nicht verantwortlich.«
Janeway fiel keine passende Antwort ein. Sie fühlte sich plötzlich seltsam leer. »Wir reden hier von einer ganzen Welt und einem bemerkenswerten Volk. Sie haben die Einheimischen nicht kennengelernt, Kes. Sie sind es wert, gerettet zu werden –
was die Televek offenbar nie begriffen haben. Ich bin nicht geneigt, sie so einfach im Stich zu lassen.«
»Wenn Sie mir einen Hinweis gestatten, Captain«, ließ sich Tuvok vernehmen. »Die Anzahl der Personen spielt bei der Ersten Direktive nicht die geringste Rolle.«
»Wir könnten so viele Drenarianer wie möglich an Bord beamen und dann das Sonnensystem verlassen, bevor es zu spät ist«, schlug Neelix vor.
»Ja«, pflichtete ihm Kes bei. »Auf diese Weise wäre es Ihnen möglich, Dutzenden von Einheimischen das Leben zu retten.«
»Daran habe ich bereits gedacht«, sagte Janeway. »Vielleicht greifen wir auf diese Möglichkeit zurück, wenn es wirklich keine Alternative gibt. Aber das ist natürlich bei weitem nicht die beste Lösung des Problems. Wir sollten auch an folgendes denken: Es hat keinen Sinn zu versuchen, allein mit dem Impulstriebwerk zu entkommen. Zuerst muß der Warpantrieb rekonfiguriert werden. Ich weiß nicht, ob uns genug Zeit bleibt, doch eines steht fest: Wir gäben damit jede Hoffnung auf eine ausreichend große Veränderung der lunaren Umlaufbahnen auf.
Und leider kenne ich keinen anderen Weg, um den Planeten vor einer Katastrophe zu bewahren.«
»Wenn es nicht die Televek-Flotte gäbe, könnten Sie auch weiterhin versuchen, die Monde zu bewegen«, meinte Neelix.
»Aber die Flotte existiert nun einmal, und sie nähert sich rasch.
Daran können Sie nichts ändern.«
»Ich muß ihm zustimmen«, sagte Chakotay nachdenklich.
»Mit ein paar Photonentorpedos können wir die acht Kreuzer nicht abwehren.«
»Außerdem steht uns kaum mehr als halbe
Deflektorenkapazität zur Verfügung«, fügte Torres hinzu.
»Selbst unter idealen Bedingungen wären wir nicht imstande, es mit so vielen Gegnern aufzunehmen.«
Normalerweise rang sich Janeway immer recht schnell zu einer Entscheidung durch, aber diesmal fühlte sie sich von Ungewißheit heimgesucht. Wenn sie zuließ, daß die Voyager zerstört wurde… Damit half sie niemandem. Doch die
Vorstellung, einfach wegzulaufen, ein ganzes Volk seinem Schicksal zu überlassen…
Irgendwo tief in ihr regte sich eine Idee. Sie sah auf und versuchte, klar zu denken, das mentale Hoffnungsfragment festzuhalten.
»Mr. Neelix… Was haben Sie eben gesagt? Es ging dabei um den Schutz der
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