Geisterhauch (German Edition)
ihr aufzuhelfen. »Wir wollen dir helfen.«
»Oh, mein Gott, es tut mir so leid. Ich dachte –«
»Du blutest«, stellte Cookie fest und angelte eine Serviette aus ihrer Handtasche.
Mimi fasste sich an die Oberlippe, dann drückte sie sich die Serviette an die blutende Nase. »Das passiert immer, wenn ich denke, jetzt ist es mit mir vorbei.« Sie stutzte und starrte einen Moment ins Leere. »Und vielleicht habe ich mir dabei sogar in die Hosen gepullert.«
»Na komm, Schatz.« Cookie half ihr auf die Beine, und ich eilte an Mimis andere Seite. Für den Spottpreis von zwanzig Mäusen – diesmal aus Cookies Portemonnaie – mieteten wir eines der Bürozimmer des Hauses, damit wir uns in Ruhe unterhalten konnten.
»Du hast ja vielleicht ein Organ, Mädchen«, sagte ich, während ich den Minikühlschrank um ein Wasser erleichterte. Ich gab es Mimi, nachdem ihre Nase aufgehört hatte zu bluten.
»Tut mir leid, dass ich geschrien habe«, sagte sie und wedelte mit einer Hand vor ihrem Gesicht. »Ich war völlig desorientiert. Ich habe Cookie nicht gleich erkannt.«
»Na ja, im Taschenlampenstrahl sah sie mehr aus wie Casper, das freundliche Gespenst.«
Cookie warf mir einen bösen Blick zu. »Mimi, das ist Charley.«
»Du meine Güte.« Sie wollte aufstehen, doch sie war zu wacklig auf den Beinen und kippte auf ihren Stuhl zurück.
Ich gab ihr über den Tisch hinweg die Hand. »Bleib sitzen. Ich bin Cookies Freundin.«
»Nach allem, was ich gehört habe …« Sie behielt meine Hand in ihrer. »… bist du etwas ganz Besonderes. Wie habt ihr mich gefunden?«
Cookie grinste. »Das ist Charleys Job. Geht es dir einigermaßen?«
Nach einer minutenlangen Vorstellungszeremonie und einer plastischen Schilderung, wie Mimi in dem Obdachlosenasyl gelandet war – dabei spielten ein betrunkener Taxifahrer sowie ein kleines, eindämmbares Feuer eine Rolle –, gelangten wir zum wichtigen Teil der Geschichte, nämlich der Frage, warum sie in dem Obdachlosenasyl war.
»Ich dachte, hier würde niemand nach mir suchen. Hier finden die mich bestimmt nicht.«
»Mimi«, sagte Cookie tadelnd, »Warren und deine Eltern sind krank vor Sorge.«
Sie nickte. »Damit kann ich leben. Besser krank vor Sorge als tot.«
Das war ein Argument. Es war spät, und mein Kopf stand kurz vorm Platzen. Ich beschloss, sie ins Bild zu setzen, wie wir uns die Geschichte bisher zusammengereimt hatten. »Unterbrich mich, wenn dir langweilig wird.«
Sie sah mich stirnrunzelnd an.
»An einem Abend auf der Highschool gab es eine Party. Ein Mädchen namens Hana Insinga stahl sich aus dem Haus und ging hin. Am nächsten Tag wurde sie von ihren Eltern als vermisst gemeldet.«
Bei Hanas Namen senkte Mimi den Blick.
Ich redete weiter. »Einige Partygäste erinnerten sich, sie gesehen zu haben, andere nicht. Einige sagten, sie könnte mit einem Typen weggegangen sein, andere meinten, sie sei ganz bestimmt mit niemandem weggegangen.«
Eine Unregelmäßigkeit in Mimis Atemrhythmus nährte meinen Verdacht, dass ich auf der richtigen Fährte war.
»Und nun, zwanzig Jahre später, haucht plötzlich jeder sein Leben aus, der Hana mit einem Jungen von der Party weggehen sah. Fällt dir dazu etwas ein?«
Mimi senkte den Kopf, als könnte sie uns nicht mehr ins Gesicht sehen. Cookie klopfte ihr ermunternd auf die Schulter.
»Das stimmt beinahe. Hana hat die Party nicht mit einem Jungen, sondern mit mehreren Jungen verlassen.«
Cookie wurde still. »Was heißt das?«
»Das heißt«, antwortete ich an Mimis Stelle, deren Kummer mir auf der Seele lag, »dass mehrere Jugendliche ihre Leiche aus dem Haus getragen haben, um sie zu begraben. Hab ich recht?« Das war die einzig mögliche Erklärung.
Mimi wischte sich mit der blutigen Serviette die Tränen weg. »Ja. Sieben.«
Cookie gab sich Mühe, ihr Erschrecken hinter vorgehaltener Hand zu verbergen.
Ich ging vor Mimi in die Hocke, um ihr in die Augen zu schauen. »Einer der Partygäste hat sie getötet. Und du hast es gesehen? Hat er gedroht, dir dasselbe anzutun?«
»Bitte, hör auf«, schluchzte sie.
»Wurdest du in der Schule eingeschüchtert? Auf den Gängen geschubst? Wurden dir die Bücher aus der Hand geschlagen? Um dich an die Drohung zu erinnern? Damit du nichts verrätst?«
»Ich kann nicht …«
Ich beschloss, mit Tommy Zapata weiterzumachen und mir Kyle Kirsch für das große Finale aufzusparen. »Hat es mit dem Autohändler zu tun, mit dem du essen warst? Tommy Zapata?«
Sie schnappte
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