Geisterhauch (German Edition)
»Brad, kannst du uns das Essen einpacken?«
Er streckte den Kopf in die Durchreiche und hob fragend die Hände.
»Wir sind gleich wieder da.«
Wir rannten über die Straße zu dem Ziegelhaus, das Gitter vor den Fenstern und eine mächtige Stahltür hatte. Es fing gerade an zu regnen.
»Ich glaube nicht, dass die noch geöffnet haben«, schnaufte Cookie hinter mir.
Ich hämmerte an die Tür, wartete einen Moment, hämmerte weiter. Nach einer Weile machte ein verschlafener Hulk die Tür auf.
Ich beschloss zu lächeln. Hauptsächlich, weil ich seinen Zorn nicht auf mich ziehen wollte. »Hi.« Ich hielt meine Lizenz hoch. »Mein Name ist Charlotte Davidson, und das ist Cookie Kowalski. Ich bin Privatdetektivin und ermittle fürs APD .« Was nur halb gelogen war. »Kann ich Sie kurz sprechen?«
»Nein.« Hulk war mürrisch, wenn er mitten in der Nacht geweckt wurde. Dieses Charaktermerkmal war in der Serie nie erwähnt worden. Ich musste den Produzenten schreiben.
Und von meiner Lizenz war er auch nicht beeindruckt. Also hielt ich stattdessen einen Zwanziger hoch. »Ich möchte Ihnen nur ein paar Fragen stellen. Ich suche nach einer Vermissten.«
Er schnappte sich den Zwanziger und wartete auf das Frage-und-Antwort-Spiel.
»Oh.« Ich zog Mimis Foto aus der Tasche. »Haben Sie diese Frau gesehen?«
Er starrte eine Ewigkeit hin. Seufzend reichte ich ihm einen weiteren Zwanziger. Wenn das so weiterging, würde ich noch zum Geldautomaten latschen müssen.
»Kann sein«, sagte er. Er nahm mir das Foto aus der Hand und betrachtete es genauer. »Oh, ja, das ist Molly.«
»Molly?« Molly war einleuchtend, wenn man bedachte, dass sie Mimi hieß. Damit dürfte es ihr leichter fallen, auf den Namen zu reagieren, als beispielsweise bei Guinevere oder Hildegard.
»Ja, bin mir ziemlich sicher. Aber jetzt schlafen alle.«
»Hören Sie, in diesem Fall tickt die Uhr, allerdings der Zeitzünder einer Atombombe, die uns ins Jenseits katapultiert. Das kann nicht bis morgen früh warten.«
Er kicherte. Wer sagt denn, dass der Hulk keinen Humor hat? »Sie sind witzig.«
»Ja, betrachten Sie mich als scharf gemachten Atomsprengkopf. Ich kann wirklich nicht bis morgen warten.«
»Sie wollen also jetzt zu ihr?«
Mann, der kapierte schnell. »Sofort, Kumpel. Sie sind ein echtes Genie, was?«
Er sah mich schräg an und versuchte zu ergründen, ob ich mich über ihn lustig machte.
Ich neigte mich zu ihm. »Und hinterher können wir beide vielleicht zu dem Café rüberlatschen und einen Kaffee trinken.«
»Sie sind nicht mein Typ.«
Mist. So was kam vor. Konnte dem besten Mädchen passieren. »Na schön. Lassen Sie uns rein?«
»Mein Typ ist mehr … grün.«
»Oh, mein Gott, Mister.« Ich holte meinen letzten Zwanziger hervor. »Sie machen mich blank.«
Er zupfte mir den Schein aus den Fingern und öffnete die Tür. »Sie müssen sich eintragen, und ich brauche eine Kopie Ihrer Lizenz, dann bringe ich Sie zu ihr.«
Fünf Minuten später rüttelte Cookie eine schlafende Frau an der Schulter, die in eine graue Decke eingewickelt in einem Schlafsaal voller Feldbetten lag, der so groß war wie eine Turnhalle. »Mimi?«, flüsterte sie. Damit Mimi gleich verstand, dass wir mit friedlichen Absichten kamen, hatte Cookie sich Hulks Taschenlampe geborgt und strahlte sich damit von unten an. Ich hatte nicht das Herz, ihr zu sagen, dass sie so wie der Geist der vergangenen Weihnacht aussah. »Mimi, Liebes?«
Mimi regte sich, blinzelte durch die schweren Lider, dann stieß sie den markerschütterndsten Schrei aus, den ich je gehört hatte. Jedenfalls von einem Menschen. Die Obdachlosen ringsherum sprangen vor Schreck aus dem Hemd oder schnarchten ungestört weiter.
»Mimi, ich bin’s!«, sagte Cookie und strahlte sich mit der Lampe direkt ins Gesicht. Damit sah sie aus wie der Geist der gegenwärtigen Weihnacht, da das Licht die Altersfältchen zum Verschwinden brachte und ihrer Haut einen weichen, radioaktiven Schimmer verlieh.
Mimis Beine fuhren in die Höhe, und ich muss sagen, als Fluchtreflex war das nicht sehr überzeugend. Dann rollte sie sich herum und fiel auf der anderen Seite aus dem Bett.
Ein Asylbewohner tippte mir von hinten ans Bein. »Was treibt ihr denn da drüben?«
»Ist nur ein Exorzismus. Nur keine Aufregung, Sir.«
Mürrisch brummend drehte er sich um und schlief weiter.
Mimi hob den Kopf über die Matratze. »Cookie?«, fragte sie, nicht mehr ganz so schrill.
»Ja.« Cookie eilte hinter das Bett, um
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