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Geisterhauch (German Edition)

Geisterhauch (German Edition)

Titel: Geisterhauch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Darynda Jones
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unser Wasser trinken wollen«, fuhr er fort.
    »Also Rey’aziel wollte unser Wasser?« Ich versuchte fieberhaft seine Metaphern zu verstehen, aber es war nicht ganz einfach. Bei Rocket war nichts einfach.
    Seine kindlichen Augen suchten meinen Blick. Er starrte mich einen Moment lang an, dann antwortete er: »Das will er noch.« Dabei strich er mir mit den Fingern über die Wange. »Er will es mehr als Luft.«
    Ich staunte. Rocket war selten so klar, so vernünftig, so poetisch. »Reyes sagte mal, dass er meinetwegen geboren wurde, um bei mir zu sein. Ist es das, was dir Angst macht, Rocket? Hast du Angst um mich?«
    »Es ist Rey’aziel, Ms Charlotte. Natürlich habe ich Angst um Sie. Ich habe um alle Angst.«
    Oh. Das war wahrscheinlich schlecht. Ich straffte die Schultern und stellte die entscheidende Frage: »Rocket, weißt du, wo sein Körper ist?«
    Er schüttelte den Kopf und schnalzte mit der Zunge. »Er darf die Regeln nicht brechen.«
    »Welche Regeln, Rocket?« Die Information, gegen welche Regeln Reyes verstoßen hatte, konnte mir vielleicht einen Hinweis geben. Mir war klar, dass ich nach Strohhalmen griff, aber ohne Angels Hilfe blieb mir nichts anderes übrig.
    »Kein Versteckspielen im Haus.«
    »In welchem Haus?«, fragte ich ein wenig überrascht von seiner Antwort. Meinte er das Versteck von Reyes’ Körper?
    Er wurde still und schaute zur Seite, als spürte er etwas. Ohne Warnung hielt er mir plötzlich den Mund zu und stieß mich gegen die Wand. Nach einem hastigen Blick durch den Raum beugte er sich dicht zu mir und flüsterte mit schreckgeweiteten Augen: »Psst. Er ist hier.«
    Und im selben Moment spürte ich ihn. Hitze quoll in den Raum, und die Luft knisterte, als braute sich zwischen den Wänden ein Gewitter zusammen. Unter Flügelschlägen brach eine wirbelnde Finsternis über uns herein, als hätte Armageddon für uns bereits begonnen. Als er materialisierte, blieb er in seinem Umhang verborgen, das Gesicht beschattet und nicht erkennbar.
    Oh, alles klar, er war stinksauer.
    Ich schob Rockets Hand weg und trat auf Reyes zu. »Reyes, warte –«
    In dem Moment, als er die Klinge zog, hörte ich das Singen des Stahls. Mir stockte der Atem. Er würde sie gegen Rocket richten.
    »Nicht, Reyes«, rief ich und sprang vor Rocket, doch das Schwert war bereits in vollem Schwung. Sirrend fuhr die Klinge durch die Luft und stoppte einen Fingerbreit unter der Haut in meiner linken Brustseite. Ich spürte den Stich sofort, aber er würde nicht bluten. Reyes tötete von innen, ohne äußere Wunden. Ohne Spuren von Gewaltanwendung. Nur ein makelloser Schnitt, so sauber, so scharf, dass selbst der beste Arzt – oder Leichenbeschauer, je nach Ergebnis – ihn nicht feststellen konnte.
    Die Zeit schien stillzustehen, während ich auf die Klinge schaute, die scharfen Kanten und bedrohlichen Winkel. Sie schwebte parallel zum Boden, zwei Zentimeter tief in meiner Brust und reflektierte ein blendendes Licht.
    Reyes riss die Klinge zurück und steckte sie unter seinem Umhang in die Scheide. Ich sackte gegen die Wand. Mein Herz stolperte über seine eigenen Schläge. Er schlug die Kapuze zurück. Besorgt zog er die Brauen zusammen und beugte sich zu mir, wie um mich abzufangen. Ich stieß ihn weg und fuhr herum, doch Rocket war verschwunden. Dann wandte ich mich Reyes zu. Meine Wut über seine Unvernunft erreichte Rekordausmaße.
    »Du bist ja neuerdings sehr schnell dabei, Menschen umzubringen.« Und das ließ mich an allem zweifeln, was ich bisher über ihn geglaubt hatte. Ich war zu der Ansicht gekommen, er sei freundlich und edel und, na gut, auch tödlich, aber auf gute Art.
    »Neuerdings?«, fragte er ungläubig. »Deinetwegen töte ich schon eine ziemlich lange Zeit, Dutch.«
    Das stimmte. Er war mein Lebensretter. Er hatte Menschen getötet, die mir etwas antun wollten. Aber die hatten sich ausnahmslos etwas echt Übles zu Schulden kommen lassen.
    »Du kannst nicht einfach herumlaufen und Leute umbringen, nur weil es dir in den Kram passt. Wie ich sehe, hat dein Vater dir nicht beigebracht –«
    Er ließ knurrend seinen Umhang verschwinden und drehte sich weg. Seine Wut loderte mir entgegen wie Hitze aus dem Höllentor. »Welchen Vater meinst du?«, fragte er scheinbar ruhig, aber gekränkt, weil ich seine Väter überhaupt erwähnte.
    In der Hölle war er General gewesen. Er hatte die Heere seines Vaters in die Schlacht geführt und unvorstellbare Folgen auf sich nehmen müssen. Dann war er

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