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Geisterhauch (German Edition)

Geisterhauch (German Edition)

Titel: Geisterhauch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Darynda Jones
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keinen Sarkasmus.
    »Neue Namen. Ich hab neue Namen«, sagte er und zog mich die Treppe hinauf. Er strich dabei über die bröckligen Wände, als wären sie aus Gold. Das war es, was er tat: Er ritzte die Namen der Verstorbenen hinein. Und obwohl die Anstalt riesig war, würden ihm die Wandflächen irgendwann ausgehen. Ich fragte mich, ob das Gebäude dann zerfallen würde, zu Staub zerfallen wie die Menschen, denen hier von Rockets Hand ein Denkmal gesetzt wurde. Und wenn ja, was bedeutete das für ihn? Wohin würde er dann gehen? Ich würde ihn ja zu mir nach Hause einladen, aber es war nicht abzusehen, wie Mr Wong mit einem aufgeschossenen Jungen zurechtkommen würde, der ein leidenschaftlicher Wandritzer war.
    »Ich dachte, ich muss gehen«, sagte ich, als meine Lungen sich endlich entspannten.
    Auf der obersten Stufe blieb er stehen und schaute nachdenklich auf. »Nein, Sie müssen jetzt nicht gehen. Sie dürfen nur keine Regeln brechen.«
    Ich gab mir Mühe, nicht zu lachen. Er war ein echter Regelfanatiker. Ich wusste nur nicht, was für Regeln das waren. Und es fragte sich, warum er mich durch das Fenster hatte schieben wollen. Er hatte mich noch nie rausgeworfen.
    »Rocket, ich muss mit dir reden.« Ich folgte ihm auf seinem Weg durch das bröcklige Gebäude, während er die Wand zu seiner Rechten betastete.
    »Ich hab neue Namen. Sie sollten nicht hier sein. Nein, Ma’am.«
    »Ich weiß, Rocket, und ich werde mich um sie kümmern, aber vorher muss ich dich etwas fragen.«
    Ehe ich seinen Hemdzipfel erwischen konnte, verschwand er wieder. Es war frustrierend. Rockets Aufmerksamkeitsspanne tendierte gegen null.
    »Ms Charlotte«, rief er vom Ende des Flurs. »Sie müssen Schritt halten.«
    In der Hoffnung, dass die alten Böden hielten, ging ich der Stimme nach. Ich hätte eine Taschenlampe mitnehmen sollen. »Ich komme. Warte.«
    »Die alle«, sagte er, als ich ihn eingeholt hatte. »Die alle. Die sollten nicht hier sein. Sie müssen sich an die Regeln halten wie jeder.« Rocket wusste, dass es meine Aufgabe war, ihnen hinüberzuhelfen. Ich betrachtete die Wand, auf die er zeigte. Dort standen hunderte Namen aus Dutzenden von Ländern. Es wunderte mich jedes Mal wieder, woher er die alle hatte.
    Ich beschloss, auszuprobieren, wie er auf Reyes’ wahren Namen reagierte. Aber vorher wollte ich nach Mimi Jacobs fragen und mich vergewissern, ob sie noch am Leben war. »Gut, aber ich habe auch Namen für dich.«
    Er blieb stehen und wandte sich mir zu. Nichts konnte einem seine Aufmerksamkeit so schnell sichern wie die Erwähnung von Namen. Seine Augen glänzten vor Eifer. Beinahe gierig.
    Damit er mir nicht entwischte, sollte er sich zu einer seiner Suchen in den unheimlichen Anstaltsgängen aufmachen wollen, trat ich näher an ihn heran. »Mimi Anne Jacobs, geborene Marshal.«
    Er beugte den Kopf, und seine Lider flatterten, als würde eine Suchmaschine sämtliche Winkel seines Geistes durchkämmen. Dann sah er mich an. »Nein. Ist noch nicht ihre Zeit.«
    Mich überkam Erleichterung. Es wäre fruchtlos, Rocket weiter nach Mimi zu fragen, obwohl ich vermutete, dass er mehr wusste. Ich wappnete mich für den zweiten Namen. Reyes. Sicherheitshalber griff ich vorher nach Rockets Arm. »Rocket, was weißt du über Rey’aziel?«
    Er presste die Lippen zusammen und stand ein, zwei Augenblicke lang stocksteif da, dann neigte er sich zu mir und sagte leise: »Es sollte nicht hier sein, Ms Charlotte.«
    Das hatte er auch geantwortet, als ich ihn mal nach Reyes Farrow fragte. Offenbar wusste er, dass sie ein und derselbe waren.
    Ich drückte beruhigend seinen Arm und flüsterte: »Warum?«
    Sein Gesichtsausdruck änderte sich komplett. »Ms Charlotte, das habe ich Ihnen schon gesagt.« Er strafte mich mit einem bösen Blick, der zugleich schmollend wirkte. »Es hätte keinen Jungen namens Reyes geben dürfen. Er ist Rey’aziel. Er hätte überhaupt nicht geboren werden dürfen.«
    Auch das hatte ich schon gehört. »Rocket, ist sein irdischer Körper noch am Leben?«
    Er kaute nachdenklich auf der Unterlippe, ehe er antwortete. »Der Junge Reyes ist noch hier, aber er hat die Regeln gebrochen, Ms Charlotte. Das darf man nicht«, sagte er und wedelte warnend mit dem Zeigefinger.
    Wieder mal atmete ich erleichtert auf. Ich hatte so schreckliche Angst, Reyes Körper könnte sterben, ohne dass ich ihn vorher fand. Der Gedanke, ihn zu verlieren, ließ mich erstarren.
    »Marsianer können keine Menschen werden, nur weil sie

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