Geisterhauch (German Edition)
sie sagt, Rey’aziel hätte nicht auf der Erde geboren werden dürfen.«
»Das hörte ich schon.«
»Er ist sehr mächtig.«
»Ja, hab ich längst gemerkt.«
»Und wenn sein menschlicher Körper stirbt, wird er werden, wozu er aus Höllenfeuer hervorgegangen ist.«
Aha, das war neu. »Nämlich?«, fragte ich mit argwöhnischer Angst.
»Die ultimative Waffe«, sagte sie, als würde sie sich einen Eisbecher bestellen. »Der Todesbringer.«
»Quatsch.«
»Der Antichrist.«
»Mist.«
»Er ist mächtiger als jeder Dämon oder Engel, den es je gegeben hat. Er kann das Raum-Zeit-Kontinuum beeinflussen und die Vernichtung unserer ganzen Galaxis herbeiführen.«
»Okay, verstanden«, sagte ich und stoppte sie mit einer Geste. Plötzlich bekam ich schlecht Luft. Ich musste einfach fragen. Es konnte nicht irgendwas Einfaches sein, etwas, bei dem nicht die ganze Welt draufgehen würde. Nein, wo denken Sie hin! Es musste etwas absolut Apokalyptisches, Grausiges sein. Und das war richtig superscheiße. Keine Ahnung, wie ich das hinkriegen sollte. Aber seinen Körper zu finden war auf einmal absolut dringend. »Du hast viel herausgefunden in den fünf Minuten.«
»Scheint so«, meinte sie achselzuckend.
Ich schaltete um, zuerst in den Leerlauf, dann auf Nicht-wahrhaben-wollen und stellte die nächste Frage. »Hast du Rockets richtigen Namen erfahren?«
»Ja«, antwortete sie und strich mit den Fingerspitzen über meinen Pulloverärmel. Es war beunruhigend.
Ich wartete. Es kam nichts. »Und?«
»Was und?«
»Rockets Name.«
»Was ist damit?«
Tief ein- und ausatmen. Ganz ruhig bleiben. »Liebchen«, sagte ich ruhig. Und tief atmend. »Wie heißt Rocket?«
Sie sah mich an, als wäre ich bescheuert. »Na Rocket. Wie sonst?«
Meine Zähne prallten aufeinander. Wären nicht ihre großen, unschuldigen Augen und der Schmollmund gewesen, hätte ich sie auf der Stelle exorziert. Na ja, wenn ich gewusst hätte, wie das geht. Stattdessen senkte ich den Kopf und spielte mit einem Faden an meiner Jeans. »Geht es ihm gut?«
Sie zuckte die Achseln. »Ja, er hat nur ein bisschen Schiss.«
Verdammt noch mal. Reyes war so ein Arschgesicht. Bescheuerte Antichristen. Mir kam ein Gedanke. »Wie heißt eigentlich seine kleine Schwester?«
Sie sperrte den Mund auf und sah mich empört an. »Hörst du eigentlich nicht zu?«
Was war nun wieder los? »Wieso?«
»Das habe ich schon gesagt. Sie heißt Blue. Wie Blau.«
»Echt?«
Sie nickte.
»Sie heißt Blue?«
Sie verschränkte die Arme – schon wieder – und nickte langsam und nachdrücklich, damit ich es kapierte.
»Hat sie vielleicht auch einen Nachnamen?« Klugscheißer.
»Ja. Bell.«
Ich seufzte. Noch so ein Künstlername. »Blue Bell, hm?« Tja, das brachte meine Ermittlung nicht weiter. Rocket Man und Blue Bell. Toll. Nein, Moment mal. Ich hatte einen Rocket Man, eine Blue Bell und einen vorgeblichen Antichrist. Niemand soll behaupten können, dass das Leben in Charleys Welt langweilig ist.
»Warum kommt sie nicht mal zum Vorschein, um mich kennenzulernen?«, fragte ich ein kleines bisschen gekränkt.
»Im Ernst?« Sie sah mich an, als wäre ich halb betrunken, halb Idiot. »Wenn du gestorben und auf der Erde geblieben wärst, um für immer mit deinem Bruderherz zusammen zu sein, würdest du dann die einzige Person im Universum kennenlernen wollen, die dich auf die andere Seite schicken kann?«
Da war was dran.
Taft wurde mit dem Funkgespräch fertig und kam wieder angeschlendert. »Ist sie hier?«, fragte er und sah sich um. Immer sehen sich alle um. Verstehe ich auch nicht.
»Leibhaftig«, sagte ich. »Bildlich gesprochen.«
»Ist sie noch wütend auf mich?« Er trat den Sand vor seinen Füßen.
Wäre ich nicht wegen der bevorstehenden Apokalypse aufgewühlt gewesen, hätte ich gelacht, denn Strawberry tat genau dasselbe, nur dass ihre rosa Schühchen nichts bewegten. »Ich war nicht wütend«, sagte sie. »Ich wünschte nur, er würde aufhören, hässliche Weiber zum Essen einzuladen.« Bevor ich darauf etwas sagen konnte, schob sie die Finger in meine Hand. »Er sollte dich einladen.«
Zu sagen, dass mich die bloße Vorstellung in Schrecken versetzte, wäre untertrieben. Mir kam’s ein bisschen hoch, und ich schluckte schwer, versuchte aber, kein Gesicht zu machen. »Sie ist nicht richtig sauer«, berichtete ich Taft, nachdem ich mich gefasst hatte. Ich neigte mich zu ihm und flüsterte: »Aber suchen Sie sich bitte um Himmels willen eine aus, die Sie
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