Geisterhauch (German Edition)
ich desinteressiert. Die Karten stammten aus Mexico. Sie waren an Reyes’ Gefängnis adressiert, aber ohne Absender und ohne jede Mitteilung. Das war viel interessanter als Elaines plötzliche Angst.
»Er weiß, wer ich bin«, sagte sie. »Er weiß, dass ich für Informationen über ihn bezahlt habe. Wenn er nun hinter mir her ist?«
»Darf ich die behalten?«
»Nein!« Sie riss sie mir aus der Hand.
Okay. Sind Sie häufiger so besitzergreifend? »Hören Sie, hier ist meine Geschäftskarte«, sagte ich und drückte ihr eine in die Finger. »Wenn er hierherkommt, rufen Sie mich an. Ich muss ihn dringend festnehmen.« Cookie und ich machten Anstalten, aufzubrechen.
»Nein, warten Sie, ich meinte das anders.« Ihre Absätze klapperten aufgeregt über die spanischen Fliesen. »Was, wenn er herkommt, um mich umzubringen?«
Ich blieb stehen und beäugte sie misstrauisch. »Hat er denn einen Grund dazu, Miss Oake?«
»Wie bitte? Nein.« Sie log wieder. Ich fragte mich, was sie getan hatte, außer jahrelang Leute zu bestechen, damit sie ihn bespitzelten.
»Dann sehe ich kein Problem.« Ich wandte mich erneut zum Gehen.
Sie huschte um uns herum und verstellte uns den Weg. »Es ist nur … ich … jeder …«
»Wirklich, Miss Oake, ich muss einen Fall aufklären.«
»Hier«, sie übergab mir die Ansichtskarten. »Ich überlasse sie Ihnen. Die sind sowieso im Computer. Sie müssen mich unbedingt anrufen, sobald er gefunden wurde.«
Ich sah Cookie mit einer Miene reinsten Widerwillens an. »Das wäre ein Vertrauensbruch, meinen Sie nicht?«
»Nicht, wenn mein Leben in Gefahr ist«, quiekte sie. »Ich werde Sie engagieren.«
Ich hatte mich geirrt. Der Besuch bei ihr war absolut interessant. »Erstens habe ich bereits einen Klienten. Einen weiteren, der im Zusammenhang mit diesem Fall steht, kann ich nicht annehmen. Daraus würde ein Interessenkonflikt entstehen. Und warum sollte Ihr Leben in Gefahr sein? Haben Sie Grund, Reyes Farrow zu fürchten?«
»Nein«, sagte sie nervös lächelnd. »Es ist nur so, dass wir verheiratet sind.«
Cookie ließ ihre Handtasche fallen und versuchte, sie im Fallen noch zu erwischen. Dabei stieß sie eine Vase um. Als sie nach der Vase schnappte, rutschte sie auf den Fliesen aus und riss ein Tischchen um. Ein hübsches mundgeblasenes Glasobjekt flog auf mich zu. Schon wieder ?, dachte ich, als ich es auffing. Ab morgen stand Körperbeherrschung auf dem Stundenplan.
»Verheiratet?«, fragte ich, nachdem der Tisch zu Boden gekracht war. Cookie richtete ihn auf und stellte mit betretener Miene die Glaskugel darauf. »Sie müssen vollkommen ehrlich zu mir sein, Miss Oake. Ich weiß zufällig genau, dass Farrow nicht verheiratet ist.«
Elaine musterte Cookie einen Moment lang, ehe sie darauf einging. »Es war ein törichter Streit«, sagte sie schließlich, »Und, nun ja, ich ließ die Frauen glauben, dass wir verheiratet sind. Die Autorin einer anderen Webseite behauptete, mit Reyes einen regen Briefwechsel zu führen, was glatt gelogen war. Dann brüstete sich eine, sie würden sich heimlich treffen – unglaublich –, darum musste ich sozusagen den Einsatz erhöhen. Nun glauben alle, dass wir seit einem halben Jahr verheiratet sind.«
Ich verdrehte melodramatisch die Augen. »Warum sollten die Frauen Ihnen das glauben?«
»Weil ich, nun ja, eine Heiratsurkunde gefälscht habe. Die steht jetzt auf der Webseite.«
Da ich endlich einen Punkt hatte, an dem ich den Hebel ansetzen konnte – nämlich bei ihrem Lebenswillen –, kehrte ich noch mal zu den Vitrinen zurück. »Was würden Sie mir denn als Honorar anbieten?«
»John Hostettler«, sagte ich ins Telefon, als Cookie und ich nach Santa Fe kamen, um einen Happen zu essen.
Neil Gossett war in der Leitung. »Er ist einer unserer Wärter.«
»Und einer von Elaine Oakes Informanten.«
»Ehrlich?
»Ehrlich.« Natürlich brauchte er einen Beweis dafür, aber das war nicht mein Problem. »Aber ich hatte vergessen, etwas zu erwähnen, etwas Befremdliches, über das ich mit dir reden wollte.«
»Abgesehen von deiner Person?«
»Sehr witzig. Neulich bin ich Owen Vaughn in die Arme gelaufen. Er ist jetzt Polizist und fährt Streife. Was habe ich dem getan?«
Er seufzte. »Du meinst, bevor er versucht hat, dich mit dem SUV seines Dads zu überfahren?«
»Ja.«
»Das hatte ich dich eigentlich mal fragen wollen. Er hat uns den Grund nie genannt. Er wurde bloß total komisch.«
»So wie du?«
»Sehr witzig.«
Cookie und ich
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