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Geisterhauch (German Edition)

Geisterhauch (German Edition)

Titel: Geisterhauch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Darynda Jones
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nachzusehen, ob Dad noch auf war, und dann erst in die Federn zu kriechen. Gewöhnlich ging er zwischen zwölf und zwei Uhr nach Hause, aber es schadete nicht, einen kurzen Blick in die Kneipe zu werfen. Zumindest konnte ich ein bisschen die Küche plündern. Mit einem Bissen im Magen schlief es sich auch besser.
    Vielleicht lag es an dem fünften Kaffee, falls es nicht sogar sechs gewesen waren, jedenfalls beschlich mich, als ich unten ankam, ein starker Verdacht, dass etwas nicht stimmte. Es war so stockdunkel, wie es sein sollte, doch unter Dads Bürotür war ein Streifen Licht zu erkennen. Mir wurde immer mulmiger, während ich mich zwischen den Tischen und Barhockern durchfädelte. Vielleicht sollte ich mir lieber zu Hause eine Suppe heiß machen.
    Ich stieß die Tür auf. Die Schreibtischlampe brannte, aber Dad war nicht da. Eigentlich nichts Besonderes, doch mir schoss das Adrenalin ins Herz. Denn jetzt wehte mir aus der Küche Angst entgegen. Auch Ratlosigkeit und Grauen, aber hauptsächlich Angst. Ich duckte mich hinter die Bar und griff nach einem Messer, ehe ich um die Ecke zur Küchentür schlich. Je näher ich kam, desto stärker die Angst. An der Zuneigung, die die Angst umhüllte, und dem Geruch nach Zitronenbonbons, der in der Luft hing, erkannte ich, dass es Dad war. Es war fast, als verströmte er Gefühle und Gerüche mit Absicht, um mich zu warnen, damit ich mich von der Küche fernhielt. Allerdings wusste er gar nicht, dass ich die Gefühle anderer Menschen spürte, oder doch?
    Mir blieb nichts anderes übrig, als mich schleunigst durch die Schwingtür zu schieben. In der Küche war es stockfinster. Ich schob mich zentimeterweise in die nächste Ecke und wartete erst mal ab, damit sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnen konnten. Mir war schleierhaft, wieso ich nie ein Nachtsichtgerät bei mir hatte.
    Ehe ich irgendwelche Umrisse ausmachen konnte, ging das Licht an, und ich war genauso blind wie vorher. Blinzelnd hob ich eine Hand gegen das grell einfallende Licht. In dem Moment kam ein fleischiger Arm mit einem Messer, das viel länger war als meines, in mein Blickfeld. Es sauste auf mich herab, und mein einziger Gedanke galt den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit. Wenn meine Berechnungen stimmten, die Kraft des Hiebes und die Länge und Schärfe der Klinge berücksichtigt, würde mir etwas gleich mächtig wehtun.

12
    Ja, aber was, wenn mir das Leben saure Gurken gibt?
    – Autoaufkleber
    Im selben Augenblick, da ich durch einen Messerstich ins Herz sterben sollte, schien der Lauf der Zeit stillzustehen. Ich sah das Messer ganz langsam näher kommen, blickte dem Mann in sein feistes, wutverzerrtes Gesicht. Oh, ja, er wollte meinen Tod. Was bescheuert war, weil ich ihn nicht kannte. Dann sah ich zur Seite. Mein Vater saß geknebelt und gefesselt am Boden. Als ich das Blut an seinem Kopf sah, schoss mir eine weitere Dosis Adrenalin durch die Adern. Seine Augen waren angstvoll aufgerissen, aber er hatte nicht um sich selbst, sondern um mich Angst.
    Das Messer kam näher. Ich drehte den Kopf, als die Klingenspitze mich knapp über dem Herzen ritzte. Ehe ich einen Gedanken fassen konnte, duckte ich mich und alles ging blitzschnell. Der Mann, der seinen Vorwärtsschwung nicht mehr abfangen konnte, prallte über mir gegen die Wand. Währenddessen stieß ich mit dem Messer nach oben und stach ihn in den Hals.
    Er taumelte über einige Kisten mit dem Kopf voran gegen die Wand, wo er benommen das Messer fallen ließ. Ich trat es weg, sodass es unter die Stahltische schlitterte, dann eilte ich, nicht ohne meinen Mörder im Auge zu behalten, zu meinem Vater. Der Typ hielt sich den Hals und gab gurgelnde Laute von sich, während ihm das Blut zwischen den Fingern hervorquoll.
    Ich kam mir mies vor, aber er hatte angefangen.
    Ungefähr zu der Zeit hörte ich Polizeisirenen. Vielleicht hatte Dad noch den stillen Alarm auslösen können, bevor ihn der Kerl kampfunfähig machte. Ich versuchte, ihn von dem Knebel zu befreien, doch es gab zu viele Lagen Klebeband – der Kerl hatte nicht damit gespart –, und plötzlich hatte ich das Gefühl, aus großer Höhe zu fallen, und mir wurde schwarz vor Augen. Ich verlor das Gleichgewicht und fiel gegen den Schrank neben mir. Nach einem tiefen Atemzug stemmte ich mich in die Hocke, dann suchte ich nach dem Ende des Klebebands. Es war so wenig fassbar wie das Ende eines Regenbogens. Dass mir die Finger zitterten, war auch nicht besonders hilfreich.
    Dann stürmten

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