Geisterhauch (German Edition)
meditierte … über alles. Über seine Worte. Seine Stimme. Seine atemberaubende Schönheit. Nur meinetwegen atmete er? Nur seinetwegen schlug mein Herz.
Keuchend fuhr ich aus den Kissen hoch. Sein Herzschlag. Ich konnte seinen Herzschlag fühlen. Es hatte stark und gleichmäßig gepocht, während er mit mir redete. Er war am Leben!
Ich sprang aus dem Bett, stolperte, weil sich ein Lakenzipfel, der unter Trennungsängsten litt, um mein Bein schlang, und hüpfte ins Badezimmer, um mich auf meinen Porzellanthron zu setzen und zu pullern. Einen Versuch hatte ich noch, um sein Versteck ausfindig zu machen. Hoffentlich hatte Amador Sanchez nichts gegen verrückte Privatdetektivinnen, die mitten in der Nacht bei ihm vorsprachen. Sicherheitshalber sollte ich vielleicht meine Pistole mitnehmen.
Nachdem ich mir ein paar Klamotten übergeworfen, die Haare zurückgebunden und mich mit einer Glock ausgestattet hatte, rannte ich ins Büro und schnappte mir alles, was Cookie über Reyes besten Freund herausbekommen hatte. Es war bewegend, dass sie sich all die Jahre nahegestanden und so viel Zeit miteinander verbracht hatten. Schnief.
Es herrschte nur mäßiger Verkehr – schließlich war es drei Uhr früh –, und so kam ich nach einer guten Viertelstunde in den Heights an, ein bisschen überrascht aufgrund der Adresse.
Amador Sanchez war auf der Highschool ein mittelmäßiger bis schlechter Schüler gewesen, ein paar Mal wegen kleiner Vergehen verhaftet worden, dann hatte er vier Jahre gesessen wegen eines Angriffs mit tödlicher Waffe und schwerer Körperverletzung. Dass er einen Polizisten getroffen hatte, kam erschwerend hinzu. Das ist nie gut. Dennoch wohnte er in einer der wohlhabendsten Viertel der Stadt. Ich musste daran denken, ihn zu fragen, wer sein Broker war. Mr Wong und ich könnten auch jeder eine schönere Bude gebrauchen.
Das Haus, vor dem ich anhielt, war trotz der Adresse nicht gerade, was ich erwartet hatte. Ich hatte mir etwas aus dem South Valley vorgestellt, Sozialbauten oder sogar eine Resozialisierungseinrichtung. Ein umwerfendes, dreigeschossiges Lehmziegelhaus mit spanischen Fliesen und bunter Glastür passte nicht zu meinem Bild von einem Ex-Knacki, der wegen schwerer Körperverletzung gesessen hatte.
Ich kam mir beinahe schlecht vor, eilte aber weiter durch die kalte Nachtluft und klingelte. Vielleicht war das gar nicht Amadors Haus? Vielleicht lebte er in der Hausmeisterwohnung oder im Gartenhaus. Doch laut Cooks Notizen lebte er hier mit seiner Frau und zwei Kindern. Ich hoffte jedenfalls, hier richtig zu sein. Ein Ex-Knacki, der sich gegen alle Vorurteile durchgesetzt und sich ein erfolgreiches – und hoffentlich gesetzmäßiges – Leben aufgebaut hatte, würde mich glücklich machen.
Ich zog meinen Jackenkragen hoch und klingelte noch mal, um den Bewohnern klarzumachen, dass ich nicht weggehen würde. Eine Verandalampe schaltete sich ein, und eine verschwommene Gestalt spähte durch das bunte Glasfenster der Tür. Schließlich drehte sich der Schlüssel im Schloss, und die Tür wurde behutsam aufgemacht.
»Ja?« Ein Latino Anfang dreißig rieb sich ein Auge und musterte mich mit dem anderen.
Ich hielt ihm meine Lizenz hin und setzte ein offizielles Gesicht auf. »Reyes Farrow. Wo ist er?«
Er ließ die Hand sinken und starrte mich an, als wäre ich teilweise oder komplett geistesgestört. »Ich kenne keinen Reyes Farrow.«
Ich verschränkte die Arme. »Ach ja? Wollen Sie mir wirklich auf die Tour kommen? Habe ich schon erwähnt, dass mein Onkel ein APD -Detective ist und in zwanzig Minuten hier sein kann, wenn ich ihn anrufe?«
Jetzt wurde er abwehrend. »Meinetwegen können Sie auch gleich noch Ihre Tante anrufen. Ich habe nicht das Geringste getan.« Leicht reizbar, der Junge.
»Amador«, sagte eine Frau tadelnd und kam hinter ihm an die Tür. »Sei nicht so grob.«
Er zuckte verlegen die Achseln und trat zur Seite, um ihr die Verteidigung der Tür zu überlassen.
»Wie können wir Ihnen helfen?«
Ich zückte noch mal meine Lizenz. »Tut mir wirklich leid wegen der Uhrzeit.«
»Bei mir hat sie sich nicht dafür entschuldigt«, beschwerte er sich bei seiner Frau.
Petzer! Ich blickte ihn finster an. »Ich bin wegen Reyes Farrow hier und hoffe, dass Ihr Mann seinen derzeitigen Aufenthaltsort kennt.«
»Reyes?« Sie hielt sich den Kragen ihres Morgenmantels zu, während ihr hübsches Gesicht einen besorgten Ausdruck annahm. »Sie haben ihn nicht gefunden?«
»Nein,
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