Geisterhauch (German Edition)
musste ich herausfinden, ob Cookie eine Schwarze Witwe war, ehe wir uns kennengelernt haben. Schwarze Haare hatte sie jedenfalls. Und sie hatte sie kürzlich abgeschnitten. Zur Tarnung vielleicht? Dazu kamen meine Anwandlungen von Gemeinheit vor dem Morgenkaffee, denen sich Gewalt im Straßenverkehr als Alternative zu einer gesünderen, glücklicheren Cookie aufdrängte. Die Toten trieben sich selten grundlos auf der Erde herum. Der im Kofferraum war vermutlich eines gewaltsamen Todes gestorben, und wenn ich ihn auf die andere Seite bringen wollte, würde ich herfinden müssen, wie und warum.
»Ja«, antwortete sie, mit den Gedanken ganz woanders. »Wenigstens wissen wir durch Janelle York, wo wir anfangen können. Soll ich deinen Onkel deswegen anrufen? Und vielleicht auch den Rechtsmediziner?«
»Unbedingt«, sagte ich ungezwungen.
»Und wo hast du ihn gekauft?«
Darauf sah sie mich stirnrunzelnd an. »Was gekauft?«
Ich zuckte die Achseln und guckte aus dem Fenster. »Den Wagen.«
»Bei Domino Ford. Warum?«
»Ach, nur so. Manchmal gehen einem komische Dinge durch den Kopf, wenn man von einem Vermisstenfall nach Hause fährt.«
Sie riss erschrocken die Augen auf. »Oh, mein Gott! Da ist ein Toter auf dem Rücksitz, stimmt’s?«
»Moment mal, was?«, stotterte ich perplex. »Gar nicht. Wie kommst du denn darauf?«
Mich traf ein wissender Blick, dann bog sie mit quietschenden Reifen in eine Tankstelle ein.
»Cook, es sind nur fünf Sekunden bis nach Hause.«
»Sag mir die Wahrheit«, verlangte sie, nachdem sie mich fast durch die Windschutzscheibe katapultiert hätte. Sie hatte wirklich gute Bremsen. »Ich mein’s ernst, Charley. Dir folgen ständig tote Typen. Ich will keinen in meinem Wagen haben. Und du lügst beschissen.«
»Gar nicht.« Letzteres erschütterte mich allerdings. »Ich lüge ganz ausgezeichnet. Frag meinen Zahnarzt. Der schwört, dass ich regelmäßig Zahnseide benutze.«
Sie stellte den Hebel auf Parken und starrte mich wütend an. Beeindruckend. Im Gefängnis würde sie bestens zurechtkommen.
Nach einem Seufzer, der eine Broadway-Inszenierung ersetzen könnte, sagte ich: »Ich schwöre, Cook, da ist kein Toter auf deinem Rücksitz.«
»Dann ist er im Kofferraum. Ich habe eine Leiche im Kofferraum.« Der panische Ton klang lustig, bis sie aus dem Wagen stürzte.
»Was?« Ich stieg ebenfalls aus. »Das stimmt nicht.«
Sie zeigte auf ihren weißen Taurus und blickte mich vorwurfsvoll an. »Da ist doch eine Leiche im Kofferraum«, beharrte sie. Ziemlich laut. So laut, dass der Polizist neben uns es hören konnte.
Ich verdrehte die Augen. Es war Ende Oktober. Wieso stand der mit offenem Wagenfenster da? Als er die Tür öffnete und sich zu voller Größe auseinanderfaltete, griff ich mir an die Stirn. Das durfte einfach nicht wahr sein. Wenn ich meinen Onkel Bob schon wieder mitten in der Nacht anrufen musste, damit er mich aus einer albernen Lage befreite, in die ich gelegentlich wegen irgendeines Bullen geriet, würde er mich umbringen. Das hatte er mir selbst gesagt. Mit einem Orangenschäler. Wieso, war mir nicht ganz klar.
»Gibt es hier ein Problem, Ladys?«, fragte der Officer.
Cookie sah mich böse an. »Warum sagst du ihm nicht, dass da keine Leiche im Kofferraum liegt? Hm?«
»Na, hör mal, Cook?«
Sie stemmte die Hände in die Hüften und wartete auf eine Antwort.
Ich wandte mich Dirty Harry zu. »Hören Sie, Officer O. Vaughn«, sagte ich mit Blick auf sein Namensschild. »Ich weiß, was meine Freundin sagt, klingt blöd, aber es war bloß bildlich gesprochen. Wir würden nie im Leben mit einer …« Ich hatte ihm wieder ins Gesicht geblickt, auf den beinahe verächtlichen Zug um seinen Mund, als es mir wegen der vagen Ähnlichkeit eiskalt den Rücken hinunterlief. Quasi Stephen-King-mäßig. »Sie sind nicht zufällig verwandt mit Owen Vaughn?«
Seine Lippen wurden schmal. »Ich bin Owen Vaughn.«
Auch das noch. Aus Gründen, die nur ihm bekannt waren, hatte Owen Vaughn mich auf der Highschool umzubringen versucht. Mit einem SUV . Vor der Polizei behauptete er dann, er hätte mich nur zum Krüppel machen wollen, weigerte sich aber zu sagen, warum. Irgendeine Suppe musste ich ihm mächtig versalzen haben, aber welche, habe ich nie herausbekommen.
Ich beschloss, cool zu bleiben. Es war ja nicht nötig, ihn an seine Straftat von damals zu erinnern. Es war an der Zeit, die Vergangenheit ruhen zu lassen. Hauptsächlich, weil er eine Knarre hatte und ich
Weitere Kostenlose Bücher