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Geisterjagd

Geisterjagd

Titel: Geisterjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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aufrecht in der Gabelung stand direkt über ihrem Kopf ein weiteres Mal. Sie zog sich in diese zweite Gabelung hinauf, setzte sich rittlings hinein und schaute den wunden Ring an, den zu finden sie erwartet hatte. Die Rinde war von dem gelbweißen Holz abgerissen, und das Holz selbst, obgleich hart und zähfaserig, war mit einem Rand aus gebrochenen Fasern nach innen gedrückt. Sie rieb mit einem Finger an der Einkerbung entlang. „Du solltest nicht mit deinen Künsten prahlen, wenn du betrunken bist, mein Freund”, flüsterte sie, äußerte sich jedoch nicht weiter, da sie davon überzeugt war, daß f’Voine und Mala Kosa, über die Bildschirme im Keller gebeugt, angespannt beobachteten. Nicht nötig, sie mit ihren Vermutungen zu beschenken. Sie blickte an dem Ast vorbei, sah die Stelle, wo mehrere Zweige abgeschnitten worden waren, um eine lange, schmale Öffnung in der Blätterwand zu schaffen. Wenn sie über die Mauer hinwegspähte, konnte sie jenseits derselben eine andere Baumgruppe sehen, noch etwas, mit dem sie gerechnet hatte, wobei einer der Bäume merklich höher war als die anderen und außerdem teilweise keine Blätter mehr trug - er wirkte wie entblößt, als sei er von einer Pflanzenräude befallen. Die Wange auf die scharfriechende Rinde gepreßt, starrte sie den Baum an, einen langen, nackten Astabschnitt, auf dem ein kleiner, dunkler Fleck das helle Graugrün seiner Haut beeinträchtigte. Sichtgeschoß mit einer Keramikspitze, stellte sie fest. Die Leine müßte eine Mannshöhe über der Mauer verlaufen. Ich kann dich sehen, mein Geist, oder vielmehr: ich kann es nicht, ich weiß, wie du auf dieser Leine entlangbalancierst, ein Luftbausch in deinem kunstvollen Anzug, eine halbe Minute, mehr brauchst du nicht, und du bist drüben. Wie bringst du meinen Sohn hinein, Dieb? Kein Netz für ihn.
    Ich frage mich, wo du deines herbekommen hast… Du hast es mir nie erzählt. Was ist er für dich? Dein Wachhund? Oder bedient er irgendwelche Computer für dich?
    Unter ihr kickte Tamris einen Laubhaufen in- die Luft und räusperte sich vernehmlich. „Sein Nest gefunden?” rief sie.
    „Etwas gefunden, ja.” Aleytys schwang sich hinunter und landete dicht neben Tamris. „Gehen wir zurück, sinnlos weiterzusuchen. Wir haben die Stelle gefunden, an der er hineingekommen ist.”
    „Hhhmmm. Vermutlich darf ich weiterraten.”
    Aleytys kicherte. „Die jeweiligen Einstellungen - sie ruinieren uns alle. Das Ganze hier … alles ist darauf ausgerichtet, einen Eindringling zu fangen, der es genauso anstellt, wie dies von ihm erwartet wird. Du mußt wissen, bescheidener Lehrling, ich bin auf einer Welt aufgewachsen, auf der die meisten Dinge allein durch menschliche oder tierische Muskelkraft angetrieben werden, außer einigen Mühlen, welche die Wasserkraft nutzen, in einer technologisch rückständigen Kultur mit einer anderen Art von Einstellung.” Aleytys reckte sich, trat nach einem Grasbüschel und lächelte über das Aufblitzen in den blauen Augen, die sie taxierten. „Dies hat einen springenden Punkt. Irgendwann werde ich darauf kommen.” Sie schaute zum Haus hinüber. Es war wieder desaktiviert, abgetakelt. „Sie haben das Haus abgeschaltet. Schon einmal einen Seiltänzer gesehen?”
    „Was ist das?”
    „Ein Seiltänzer ist eine Art Akrobat. Spannt einen Draht oder ein Seil zwischen zwei Punkten auf und präsentiert darauf seine Tricks.
    Nicht einmal auf Universität hast du einen gesehen? Das wundert mich. Aber bestimmt weißt du, was eine Armbrust ist?”
    „Metall.”
    „Muß nicht sein, es gibt eine Hornart, die fast so kräftig und elastisch ist wie Stahl, organisches Material - und das würde die Geräte nicht ausschlagen lassen. Er kommt hierher, ignorieren wir im Moment, wie, steigt auf diesen Baum, schießt einen Bolzen mit einer daran befestigtem Leine zu diesem Baum innerhalb der Mauer hin
    über, bindet es straff, begibt sich darauf, läuft hinüber und sieh an, da ist er, geschickt und unentdeckt und jenseits der Sicherheitsvorrichtungen, kein bißchen belästigt, weder von Strom noch von Dornen oder gar hungrigen Hidungas.” Sie lachte. „Einfach, unkompliziert, wirksam.”
    „Und was ist mit den beweglichen Spähaugen, warum haben ihn die nicht registriert?”
    „Weil sie das nicht konnten. Jeder praktizierende Geist muß dann und wann verschwinden. Im Ernst, hast du noch nie von dem Chamäleon-Gewebe gehört?”
    „Das ist ein Mythos.”
    „Nicht ganz. Ich habe eines

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