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Geisterjagd

Geisterjagd

Titel: Geisterjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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sich zum Zaun her nach innen. „Ich glaube, ich hab’ etwas”, sagte sie. Tamris starrte sie an, zog die Nase kraus und schaute wieder weg, murmelte: „Hop, hop.” Aleytys lachte, schob die Finger durch ihre Haare. „Wir sind hier nahe am Wasser. Er ist über das Meer gekommen. Ich könnte mir ein Dutzend Möglichkeiten ausdenken, diese Detektoren zu bluffen, und dabei müßte ich mich nicht einmal besonders anstrengen.” Sie entfernte sich vom Zaun und schlenderte zum Klippenrand. Die Hände gegen die Hüften gestemmt, schaute sie in das kochende, wirbelnde Wasser hinunter, das vor den beeindruk kenden Felsen emporstieg. „Keine besonders steilen Klippen. Verwittert. Leichter Aufstieg.”
    Tamris beugte sich vor und spähte hinunter, die Hände hinter sich verschränkt. „Höchstens fünfzehn Minuten, selbst beladen.”
    „Oldread Cans ist ein Fliegengewicht. Etwa so groß.” Aleytys tippte sich eine Handspanne unterhalb ihrer Brüste gegen die Jacke.
    „Häng ihn dir über die Schulter und klettere hinunter, hangle dich von Fels zu Fels, steck ihn in deinen falschen Merkrav und fertig.”
    „Wie kommt es, daß du so sicher bist?”
    „Einfach und schnell. Unser Dieb wird sich hüten, seine Aktion unnötig zu komplizieren.” Sie schaute die Klippen entlang. Zu beiden Seiten von ihr war in der Ferne ein Wachturm zu sehen. „Trotz der Turm-Besatzungen. Wähle den richtigen Klippenabschnitt, wo dich eine Erdverwerfung tarnt, trage hübsch gesprenkelte neutrale Farben oder schlepp eine Kriechplatte mit dir herum.” Sie verstummte, ihre Augen zogen sich zusammen - auf halbem Weg zwischen sich und dem nördlichen Turm, nahe einem Klippenbereich, der steil nach innen kippte und sich dann jäh wieder nach außen wölbte, hatte sie ein Gestrüpp und einige kräftige Bäume ausgemacht. Sie lachte, schnippte mit einem Finger in Richtung der Bäume. „Fast als hätten sie es geplant, um dem Geist die Arbeit zu erleichtern.” Sie setzte sich in Bewegung und ging schnell, fast in eiligem Lauf, auf die Bäume zu.
    Tamris eilte ihr hinterher. Als sie aufholte, sagte sie: „Die Bäume stehen mehr als drei Meter vom Zaun entfernt. Meinst du etwa, er hat einen Baum bestiegen und ist hinübergeflogen?”
    Aleytys lachte. „Nicht geflogen. Gegangen.” Als sie sich dem äußeren Rand des Gestrüpps näherten, wurde sie langsamer. „Laß mir mein kleines Geheimnis, bescheidener Lehrling, respektiere jene, die älter sind, bitte - hat dir das deine Mutter denn nicht beigebracht?’
    „Mam hat mir beigebracht, Fragen zu stellen, wenn ich etwas nicht weiß.” Sie blickte Aleytys von der Seite her an. „Du bist plötzlich ganz schön hochtrabend.”
    „Reite auf einer Idee und hoffe, sie wirft mich nicht ab, bevor ich die Chance bekommen habe, sie zu zähmen.”
    Aleytys schob sich durch das Dornengestrüpp auf die freien Stellen unter den Bäumen zu. Der aufkommende Wind ließ die steifkantigen Blätter gegeneinander schaben, die langen, peitschenschnurartigen Äste ebenfalls, an denen sie wuchsen, und die Hauptäste knarrten, wenn sie sich unter seinem Druck bewegten. Das Zwielicht unter den Bäumen war erfüllt von diesem Rascheln, diesem raunenden Knarren, von umherschnellenden, beweglichen Schatten, einem durchdringenden, würzigen Geruch; Spuren des gleichen Geruchs erhoben sich unter ihren Füßen, als sie auf ausgetrocknete Blätter und Rindenstücke trat. Aleytys ging von Baum zu Baum, untersuchte die Stämme mit Sorgfalt, ließ die Hände darüber entlanggleiten, roch daran. Tamris sah eine Weile zu, dann schüttelte sie den Kopf und beteiligte sich an der Jagd.
    „Suchst du das hier?” Tamris rieb mit dem Daumen über eine sehr kleine Abschürfung in der papierartigen, graugrünen Rindenhaut des größten Baumstammes, ließ ihre Hand weitergleiten und machte mehrere andere Kratzer aus. „Für einen Geist recht schwerfüßig.”
    Aleytys schmunzelte. „Nützlicher Lehrling.” Sie klopfte auf Tamris’ Schulter und umrundete den Baum, wobei sie vorsichtig über die gewundenen und knorrigen Wurzeln hinwegstieg, die sich wie ein wirres Tau über den Boden schlängelten. „Ihm hat schon immer das größte und beste von allem gefallen.” Sie sprang hoch, ergriff einen starken Ast und schwang sich in die Gabelung, wo sich der Stamm in zwei Hälften teilte, dann kletterte sie zwischen den beiden Teilen ein kurzes Stück weiter nach oben. Die landeinwärts gerichtete Baumhälfte teilte sich -wenn sie

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