Geisterjagd

Experten und Uniformen.
    Leyton nahm kein Blatt vor den Mund, als er seinen Bericht abgab, und besonders vernichtend war sein Urteil hinsichtlich der Rolle, die der Bürgermeister von New Paris gespielt hatte, als dieser durch Abwesenheit glänzte. Der örtliche Tratsch, durch den man erfuhr, dass der Mann mit irgendeiner verheirateten Frau herummachte, anstatt die Verantwortung für die Station zu übernehmen, trug nicht dazu bei, die Meinung, die der EyeGee sich über ihn gebildet hatte, zu verbessern. Und wenn selbst einem Fremden wie ihm diese Gerüchte zu Ohren kamen, dann musste Leytons Ansicht nach jeder andere in New Paris über die Seitensprünge Bescheid wissen. Er wunderte sich nicht im Geringsten, als es hieß, der Bürgermeister habe sich »unter dem Druck der jüngsten Ereignisse« zum Rücktritt entschlossen.
    Falls der EyeGee gehofft hatte, das Eintreffen der Bürokratie würde ein Ende seiner eigenen Pflichten bedeuten, so befand er sich leider im Irrtum. Anstatt einfach ein Debriefing zu absolvieren und dann auf die nächste Mission geschickt zu werden, fand er sich häufig in Bensons Gesellschaft wieder. Sein Boss schien hier das Kommando zu haben, und Leyton fühlte sich veranlasst, die Bedeutung des Mannes innerhalb der ULAW neu zu bewerten.
    Obendrein bereitete es ihm Unbehagen. Benson hatte immer das Licht der Öffentlichkeit gescheut und sich damit begnügt, hinter den Kulissen die Fäden zu ziehen. Dieses unverhoffte Hervortreten aus dem Schatten deutete große Veränderungen an, vermutlich ausgelöst durch die Ankunft der Byrzaen. Leyton wusste sehr wohl, dass eine derart exponierte Person des öffentlichen Lebens denjenigen Leuten als Ablenkung diente, die es vorzogen, im Hintergrund zu bleiben. Wenn er die dunklen Winkel betrachtete, die Benson hinter sich gelassen hatte, dann sah er jedes Mal unweigerlich dasselbe Gesicht, das sich darin versteckte – den Mann, mit dem Benson während der Einsatzbesprechung vor Frysworld so vertraulich umgegangen war. Später hatte Leyton gehört, dass der Typ Beck hieß, doch darüber hinaus war kaum mehr über ihn in Erfahrung zu bringen.
    Ein Gespenst, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit. Als der EyeGee den Mann zum ersten Mal sah, hatte er eine spontane Abneigung gegen ihn gefasst und seitdem keinen Grund bekommen, diese Meinung zu revidieren. Zum Glück gab es für ihn kaum einen Anlass, mit Beck direkt zu verhandeln.
    Benson war es, der ihn mit dem eilig ernannten »amtierenden« Bürgermeister bekannt machte, der einfach nur »Sam« genannt werden wollte und offenbar zu den Leuten gehörte, denen man es überlassen hatte, die Krise zu bewältigen, während sein Vorgänger fremdging. Sam schien wenigstens kompetent zu sein, das Mindeste, was New Paris bei all dem, was sich nun auf der Station abspielte, brauchen würde.
    Fasziniert hörte Leyton, dass man an Bord der The Noise Within zwei Menschen gefunden hatte, sicher eingesperrt in ihren jeweiligen Kabinen. Typischerweise erfuhr er dies zuerst durch eine Nachrichtensendung. Namen wurden nicht genannt.
    Zwei. Sogar wenn Hammond nicht vor dem ULAW-Angriff mit dem Shuttle zurückgekehrt war, hatten sich immer noch drei Personen an Bord befunden, was bedeutete, dass ein Crewmitglied es nicht geschafft hatte. Er fragte sich, wer der Tote sein mochte.
    Weiter hieß es in der Reportage, die ULAW hätte die beiden Männer in Gewahrsam genommen, um sie später wegen Piraterie anzuklagen. Keine große Überraschung, doch umso mehr verblüffte die Einmischung der Byrzaen, die sich zugunsten der beiden einsetzten. Offenbar baten die Aliens um Nachsicht, mit der Begründung, die Anwesenheit von Menschen an Bord der The Noise Within habe entscheidend dazu beigetragen, dass das Schiff sein mentales Gleichgewicht wiedererlangte und -wenn auch verspätet – seine beabsichtigte Mission weiterführte.
    Da Leyton wusste, wie die ULAW-Vertreter sich überschlugen, wenn es darum ging, neue Verbündete zu hofieren, ging er davon aus, dass die Byrzaen ihren Willen bekommen würden.
    Noch jemand, der an vorderster Front der Ereignisse stand, war Philip Kaufman. Leyton hatte halb damit gerechnet, dass er wieder in das Land der Privilegien und des Luxus zurückkehren würde, nun, da die großen Enthüllungen stattgefunden hatten, aber nichts dergleichen geschah. Kaufmans Expertenwissen und seine spezielle Kenntnis der The Noise Within machten ihn unentbehrlich für Benson, der ihn als Berater behielt, und