Geisterjagd
hatte. Black wählte den Platz direkt neben Leyton, die beiden Techniker setzten sich ihnen gegenüber – der jüngere sah aus, als stünde er am Rande eines Schocks, obwohl seine Wunde gesäubert und mit Gel-Haut versiegelt war. Der verletzte Marine saß angeschnallt auf einem Sitz zwischen dem zweiten überlebenden Soldaten und Black. Er war bestenfalls noch halb bei Bewusstsein und bis zum Kragen vollgestopft mit Schmerzmitteln, während an seiner Schulter eine frische weiße Bandage prangte.
Der ältere Techniker sah Leyton an und entschied in diesem späten Stadium, sich vorzustellen, als hätte der EyeGee eine Art Test bestanden, der ihn für würdig genug einstufte, seinen Namen zu erfahren. »Ich heiße übrigens Ed. Danke, dass Sie uns hier rausgebracht haben.« Der Kommentar schloss Boulton bewusst aus, die abseits saß, mehrere Plätze von den anderen entfernt. Niemand sprach mit ihr oder gab sich die Mühe, auch nur in ihre Richtung zu blicken.
Die Reise fand in fast völligem Schweigen statt. Leyton nahm an, dass jeder von ihnen damit beschäftigt war, das Erlebte in Gedanken noch einmal durchzugehen, der Gefallenen zu gedenken und darüber nachzugrübeln, dass es ohne Weiteres sie selbst hätte treffen können; und dann wären sie es, die jetzt tot auf einer kleinen, düsteren Welt namens Holt lägen.
Der EyeGee selbst war mit seinen Gedanken schon längst ein Stück weiter.
Ihm wollte nicht aus dem Kopf gehen, wie rasch die einheimischen Soldaten auf ihren Einfall reagiert hatten und mit welcher Schlagkraft; er dachte an das raffinierte Alarmsystem, das durch die Inaktivität eines Computerterminals ausgelöst wurde. Darauf folgte nicht, wie allgemein üblich, eine erste Nachforschung, um zu sehen, was überhaupt los war, sondern eine sofortige bewaffnete Reaktion. Dann waren da diese orangefarbenen Helmvisiere – die seines Wissens nirgendwo zur Standardausrüstung gehörten; ein sehr spezielles Gerät, konzipiert, um die Wirkung eines Shimmer-Anzugs aufzuheben. Er war nur dankbar, dass die Sicherheitskräfte im Kontrollzentrum nicht auch noch mit diesen Visieren ausgestattet waren, denn dann hätte die ganze Sache völlig anders ausgehen können. Von welcher Seite er diese Faktoren er auch betrachtete, es lief immer auf dasselbe hinaus.
»Sie haben mit uns gerechnet«, murmelte Black neben ihm, so leise, dass kein anderer mithören konnte.
Er und Leyton tauschten grimmige, wissende Blicke. Offenbar zog der Sergeant exakt dieselben Schlüsse wie er. Holt hatte vielleicht nicht gewusst, wann ein Angriff fällig war, doch es bestand kaum ein Zweifel daran, dass man von einem geplanten Überfall wusste. Jemand hatte einen Tipp gegeben.
Leyton nahm sich fest vor, sich eines nicht allzu fernen Tages die Mühe zu machen, herauszufinden, wer genau sie verraten hatte.
Die Nachbesprechung erfolgte in einer aufgeheizten Atmosphäre, und keiner war bereit, die Verantwortung für die fehlerhaften Geheimdienstinformationen zu übernehmen; man wollte nicht einmal zugeben, dass die Angaben falsch waren. Während des Debriefings vor Wut kochend und am Ende frustriert, ging Leyton schlecht gelaunt in seine Kabine zurück. Alles lief darauf hinaus, dass er sich in streitlustiger Stimmung befand, noch ehe jemand laut an seine Tür klopfte. Als er sie öffnete, um zu sehen, wer davor stand, war er beinahe zu überrascht, um wütend zu sein.
Zum Glück erinnerte er sich noch rechtzeitig an seine miese Stimmung. »Wenn Sie gekommen sind, um sich zu entschuldigen, dann können Sie es vergessen!«, herrschte er die verdutzte Frau an.
»Ich soll mich entschuldigen?«, schrie Boulton und sah so aufgebracht aus, wie er sich fühlte. »Ich bin gekommen, um Sie zu fragen, was zum Teufel Sie sich dabei dachten, als Sie mich da draußen allein gegen eine ganze verdammte Armee kämpfen ließen, während Sie mit Ihren Soldatenkumpeln in dem kleinen Gebäude herumtanzten, wo sie bloß mit ein paar Sicherheitskräften fertigwerden mussten!«
»Das war kein Wettkampf«, versetzte Leyton, dessen Zorn sich zu einer bedrohlichen Kälte verhärtete. »Bei der Mission ging es nicht darum, wer von uns wie viele Einheimische tötet, sondern wir mussten Informationen beschaffen, und Ihre Aufgabe bestand darin, uns während der Dauer dieses Operation Rückendeckung zu geben.«
»Und genau das tat ich; ohne dass auch nur einer von euch mir geholfen hätte!«
»Sie wollten Hilfe? Meine Güte, Sie sind ein EyeGee. Sie sollten keine
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