Geisterjagd
ein einmaliges Unglück war.
»Ah, endlich hat die Realität dich eingeholt! Ja, genau das versuche ich dir zu sagen.«
»Und warum kann derjenige nicht einfach einen Auftragskiller anheuern?«
»Das ist illegal.«
»Und das andere nicht?«
»Welches Gesetz könnte schon verbieten, dass jemand den Namen einer Person an eine Informationstafel heftet? Und dass in der Nähe ein paar Zahlen stehen, ist purer Zufall.«
»Aber die Absicht, die dahintersteckt …?«
»… ist sehr schwer zu beweisen«, beschied ihn Mal. »Die Behörden wissen sehr wohl über dieses Lokal Bescheid.«
»Und wieso haben sie es nicht längst geschlossen?«
»Zu wenig Ressourcen, zu knapp verteilt. Und wenn sie die Bar dichtmachen würden, trieben sie all diese dubiosen Gestalten nur in den Untergrund. Wer weiß, vielleicht verfügt die Polizei eines Tages über ein angemessenes Budget und die richtige Unterstützung, und dann wird dieser Schritt unternommen, doch vorläufig steht The Death Wish nur unter Beobachtung. Auf diese Weise bleibt die Polizei wenigstens auf dem Laufenden, wer auf der Abschussliste steht.«
»Reizend.« Philip schüttelte den Kopf. Selbst heutzutage schien niemand über ausreichend Mittel zu verfügen, um sämtliche Aufgaben zu erledigen, nicht einmal die Probleme wurden gelöst, die unbedingt in Angriff genommen werden mussten. »Wie kommt es dann, dass ich noch nie etwas von dieser Todeswunsch-Bar gehört habe?«, wollte er wissen.
»Frag nicht mich, ich dachte, jeder wüsste darüber Bescheid; zumindest jeder, der vermögend und erfolgreich genug ist, um sich Feinde zu schaffen. Wenn du von mir unbedingt eine Antwort verlangst, dann tippe ich darauf, dass du so in deiner eigenen Definition von Realität gefangen bist, um zu keinem Zeitpunkt auch nur auf den Gedanken zu kommen, nach einem solchen Lokal zu suchen.«
Philip überhörte die Stichelei und wandte seine Gedanken stattdessen einer anderen Sache zu, die ihm keine Ruhe ließ. »Diese Zahlen, von denen du sprachst … ergeben sie eine große Summe?«
»Groß genug, dass ich beinahe versucht bin, den Job selbst zu übernehmen.«
»So viel, hmm?«
»O ja. Sieh mal, ich habe keine Ahnung, was du getan hast, um dich bei den Auftraggebern unbeliebt zu machen, und ich will es auch gar nicht wissen. Aber ich rate dir, dich schleunigst mit ihnen in Verbindung zu setzen und alles zu versuchen, um sie wieder zu besänftigen. Anderenfalls wird jeder Killer, jeder, der gern berühmt werden möchte, und jeder Möchtegern in diesem System auf kürzestem Weg in diese Stadt kommen und dich ins Visier nehmen.«
»Ich werd’s mir überlegen.«
»Aber warte nicht zu lange. Ach, und ich schicke dir noch was rüber. Fünfzehn Wishits.«
»Wishits? Was zum Teufel ist ein ›Wishit‹?«
»Eine Währung. Damit kauft man Drinks im The Death Wish. Da, ich hab dir eine Gutschrift überwiesen.« Das Bild von drei kleinen Häufchen Goldscheiben tauchte vor ihm in der Luft auf, je fünf in einem Stapel. »Sie sind übertragbar, nicht identitätsspezifisch, und mit ihnen kannst du auch deine Mitgliedschaft bezahlen. Zehn Wishits verschaffen dir Einlass, dann bleiben dir noch fünf zum Herumspielen.«
Philip schnaubte durch die Nase. »Du erwartest doch nicht ernsthaft von mir, dass ich diese ›Death Wish‹-Bar wirklich aufsuche, oder?«
»Nein, natürlich nicht. Mein Gott, bin ich naiv. Aber denk daran, was ich dir gesagt habe.«
»Ganz bestimmt.«
Philip war sich nicht sicher, was er von dieser Unterredung halten sollte. Er war noch nie das Zielobjekt eines Auftragskillers oder eines »Todeswunsches« gewesen und hatte auch nicht damit gerechnet, dass es jemals dazu kommen würde; doch das war nicht der Grund, weshalb er nach Beendigung des Gesprächs minutenlang dasaß und seine Reaktion analysierte. Die verstörende Wahrheit war, dass dieses lästige Partial ihn zum ersten Mal seit Malcolms Tod vor zwei Jahren unglaublich stark an seinen Vater erinnerte.
Was diesen Death Wish selbst betraf, so hatte Mal ihm einen guten Rat gegeben, daran bestand nicht der geringste Zweifel; leider ließ er sich in diesem speziellen Fall nicht in die Tat umsetzen. Was konnte er diesem verprellten Individuum schon sagen? »Hi, ich bin der Nachbar, der in Ihren privaten Dateien herumgeschnüffelt hat, aber seien Sie unbesorgt, im Grunde habe ich gar nichts gesehen, und deshalb können Sie sich getrost wieder beruhigen und Ihre Hunde zurückpfeifen.«
Klar, diese Geschichte musste
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