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Geisterjagd

Geisterjagd

Titel: Geisterjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Whates
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Raum. Philip musste zugeben, dass dies eines der überzeugendsten Beispiele von CGR – computergenerierte Realität – war, die er je gesehen hatte. Das Prinzip war ihm vertraut und er wusste, dass das Programm seine eigenen Systeme benutzte, um eine virtuelle Kulisse zu produzieren, eine Szenerie, die nun das Zimmer aus der realen Welt überlagerte, das darunter weiterhin existierte. Die echte Bewährungsprobe solcher Dinge bestand darin, wie gut das Programm mit den unterschiedlichen Topografien der soliden Räumlichkeiten fertigwurde, die es überdeckte, während es für jeden einzelnen Teilnehmer die Illusion aufrechterhielt, dass sie innerhalb derselben, konsistenten virtuellen Umgebung interagierten.
    Er trat nach vorn, wenn auch ein bisschen misstrauisch; nicht nur wegen der unvertrauten Umgebung, sondern auch weil er fürchtete, gegen eines seiner eigenen Möbelstücke zu stoßen, die jetzt unter dieser absolut überzeugenden Illusion verborgen lagen. Der Raum kam ihm beträchtlich weitläufiger vor als sein Wohnzimmer, und zu seiner Rechten verlor sich der Saal in matt beleuchtete Ecken. Er sah Gestalten, deren Züge in den tiefen Schatten nicht zu erkennen waren, und Trennwände, die praktische kleine Sitznischen abteilten; man gewann eher ein Empfinden für die Menschen, anstatt sie konkret wahrzunehmen. Dunkles Holz dominierte den Raum – sogar die Decke war mit dem Zeug getäfelt. Der polierte Bartresen glänzte in dem satten Rostton von Rosenholz, doch überall sonst herrschte ein leicht bedrohlich wirkendes Halbdunkel, verursacht durch das düstere Holz und ein paar geschmackvoll gedämpfte Lichter.
    Einmal tief Luft holen, dann ging er weiter in den Raum hinein.
    Bei seinem Eintreten blickte nicht jeder hoch, aber immerhin nahmen so viele Gäste von ihm Notiz, dass er sich noch verlegener fühlte als zuvor.
    Selbst wenn man die schemenhaften Gestalten in den dunklen Ecken nicht mitzählte – die Philip eher für Ausschmückungen des Programms hielt –, ging es in dem Lokal trotzdem ziemlich lebhaft zu; allerdings verdiente es kaum die Bezeichnung »rummelig«, mit der Mal es beschrieben hatte. Ihm am nächsten, an einem Tisch sitzend, dessen Position seinem Gefühl nach mit dem Standort seines eigenen Tisches übereinstimmte, befand sich ein bizarr aussehendes Paar Zechkumpane. Der eine glich einem riesenhaften, zotteligen Bär mit rotem Halstuch und einem Bandolier befremdlich großer Kugeln über einer Schulter; der andere Trinker war eine Amazone, eine gefährlich aussehende Kriegerin, mit schwellendem Bizeps und bloßen Brüsten, deren Knospen golden übermalt und gepierct waren. Er bemühte sich, nicht zu gaffen, als er an dem Tisch vorbeiging, während das wunderliche Paar in dieser Hinsicht keine Zurückhaltung übte und ihn unverhohlen anstarrte.
    Er drängte sich an einem Mann mit nacktem Oberkörper und knabenhaft zierlicher Figur vorbei, dem direkt über der Taille eine Mähne aus orange und gelb gefleckten Haaren spross; je höher dieser Pelz seinen Rücken hinaufwuchs, umso länger und kräftiger wurden die Haare, um sich auf seinem Kopf zu einem hohen, stolzen Kamm aufzurichten. Während Philip sich dem Bartresen näherte, entdeckte er einen Ritter in voller schwarzer Rüstung, einen Weltraumkrieger mit einer grellbunten Strahlenkanone, eine klapperdürre Frau mit hervorquellenden Facettenaugen, einen Mönch in roter Kutte mit Kapuze, unter dessen Habit ein Schwertknauf hervorragte, einen eckigen, klotzigen Roboter, dessen Design nur in der Fantasie funktionieren konnte, eine grünschwänzige Drachenlady, mindestens zwei mit Hörnern ausgestattete Dämonen eines ähnlichen Typs, aber mit unterschiedlichen Details, und einen Mann, der gänzlich aus Kohlköpfen zu bestehen schien.
    Kein Wunder also, dass das androgyne Individuum, das am Tresen stand, und dessen Gesicht und Hände mit silbernen Fischschuppen bedeckt waren, während der Rest des Körpers in einem schillernden grauen Anzug steckte, ihn da nicht mehr zu überraschen vermochte.
    Der Fischmann betrachtete ihn mit mäßigem Interesse. Philip nickte grüßend, und dann erblickte er sich selbst in dem langen Spiegel hinter der Bar, dessen Ränder dekorative Schnörkel zierten, die entweder auf das Glas gemalt oder aufgeklebt waren; in einer Ecke des Spiegels prangte im Cartoon-Stil die Karikatur einer Blondine mit Netzstrümpfen und einem übertrieben großen Busen, in der ausgestreckten Hand eine Flasche mit Bier, von dessen

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