Geisterkrieg
andere dort, und schon kam jemand auf die Idee, es könnte sich lohnen, mehr über mich in Erfahrung zu bringen.
Als ich mein Bier endlich hatte, in einem riesigen Pilskelch mit dem Emblyn-Firmenlogo, machte ich mich auf den Weg zum Vorspeisenbuffet. Ja, normalerweise wäre auf einer Party von dieser
Größe ein Heer von Kellnern mit Tabletts voller Appetithappen durch die Menge gestreift. Aber in diesem Fall trugen die meisten Sektflöten umher. Die Horsd'oeuvres waren stattdessen auf fünfundzwanzig Meter Tischfläche arrangiert und boten einen Anblick, der durchaus malerisch genannt zu werden verdiente. Die Auslage war farblich so arrangiert, dass die Produkte einzelner Welten sich zur entsprechenden planetaren Fahne formten oder die Waren eines bestimmten Konzerns zu dessen Logo. Das Zentrum des kulinarischen Gemäldes aber war ein aus verschiedenen Vorspeisen geformtes Bild des Hotels selbst, bei Sonnenaufgang und vom Strand aus gesehen. Hätten die Diener all diese Speisen umhergetragen, wäre der optische Effekt natürlich völlig verloren gegangen.
Der Anblick war atemberaubend, und ich muss zugeben, ich wan-derte gedankenverloren davor entlang und versuchte nicht zu sabbern, so lief mir das Wasser im Mund zusammen. Ich hatte meine Umgebung völlig vergessen, bis eine Hand meinen rechten Ellbogen packte und mich zurückriss, gerade als ein Koloss in Abendgarderobe unmittelbar vor mir vorbeipreschte, der wie der riesigste je gesichtete Pinguin wirkte und sich geradewegs auf das Hotel stürzte. Unter seinem Arm klemmte ein winziger Hund, der mich im Vorbeisegeln anknurrte.
Ich drehte mich zu meiner Retterin um. »Danke.«
Sie lächelte, und ihre blauen Augen funkelten mit einem Feuer, das zu dem Saphir an ihrem Hals passte. »Ich habe nur den Gefallen erwidert.«
»Verzeihung?«
»Stellen Sie sich nie zwischen einen Mann und seine Mahlzeit. Erinnern Sie sich?«
Ich blinzelte überrascht. »Das waren Sie?«
»Ja, und er. Perason Quam, der Restaurantkritiker des Manviller
Journals .«
Ich schaute zu dem ausladenden Rücken und den wogenden Hüften hinüber und schauderte, als riesige Löcher im Tischgemälde erschienen. »Das ist sein Name, Quam. Nicht Ihrer?«
»Allerdings.« Sie runzelte kaum sichtbar die Stirn. »Sie sind noch nicht lange auf Basalt, vermute ich.«
»Nicht lange genug, um ihn zu kennen, nein. Aber Sie ...« Ich ließ langsam ein Lächeln auf meinen Zügen erscheinen und verschaffte meinem Gehirn damit ein, zwei Sekunden zusätzlicher Zeit. In ihrem blauen, schulterfreien Abendkleid wirkte sie sehr viel eleganter als auf der Fähre, und, wirklich, ich erkannte sie. Sie war auch weit eleganter als in den TriVid-Berichten über das Kanalisationsdesaster. »Sie haben etwas mit Privatasylen zu tun, die letzte Woche die aus ihren Häusern geschwemmten Manviller aufgenommen haben. Ich erinnere mich an Sie, aber ich habe erst während des Berichts eingeschaltet und Ihren Namen nicht gehört.«
»Sie hatten auf der Fähre keine Ahnung, wer ich bin?«
»Nein, ich wollte nur höflich sein. Hätte das einen Unterschied gemacht?«
»Für manch einen schon.« Sie reichte mir die Hand. »Ich bin Bianca Germayne, Count Hectors Tochter.«
Es kommt kaum vor, dass jemand krank wird, ohne dass die Umstehenden den vagen Wunsch verspüren, er möge daran sterben.
- Ralph Waldo Emerson
Ferienhotel Emblyn Palace, Contressa,
Garnet Coast District, Basalt Präfektur IV, Republik der Sphäre
9. Februar 3133
»Seine Tochter?«
»Das ist sie, jedenfalls je nach seiner Laune.« Quam hatte sich durch die Menge zurückgedrängt. Kleine, orangefarbene Schmier-flecken zogen sich durch die Furchen seines Mehrfachkinns talwärts. Das Hündchen unter seinem linken Arm leckte abwechselnd an seinem Gesicht und dem Rand des Tellers, auf dem er einen langsam in sich zusammensinkenden Berg an Nahrung aufgetürmt hatte. »Vergeben Sie mir die Einmischung. Ich bin Quam. Wie geht es Ihnen, liebste Lady? Wer ist Ihr Bekannter?«
Bianca lächelte nachsichtig. »Vielleicht finden wir das gemeinsam heraus. Er ist mit uns auf der Fähre gekommen.«
»Oh, die Fähre. Ich hasse die Fähre, aber Putzi fliegt nicht. Was soll ich also tun?« Er lächelte, was die Täler in seiner Haut vertiefte. »Außerdem braucht das Journal nicht zu wissen, was ich mit dem Geld für den Flug getan habe.«
»Nein, wirklich nicht.« Bianca legte ihm die Hand auf den rechten Arm, den mit dem Teller, was Putzi ein leises Knurren entlockte.
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