Geisterkrieg
Doppelagent, denn in dem Fall war sie vertrauenswürdig. Da er wusste, dass diese Zelle aufgeflogen war, musste er seine Pläne in zwei Phasen aufbauen. Die erste Phase war die offene Aktion, gegen die Reis vorgehen würde. Die zweite war eine Reaktion auf Reis' Antwort, um ihn dafür zu bestrafen. Richtig gehand-habt, konnte diese zweite Operation als simples Pech auf Seiten der ZVET durchgehen und Reis gestatten, mit Nachdruck darauf zu verweisen, wie teuflisch der Gegner war, gegen den er kämpfte.
Was immer wir vorhatten, es musste die primäre Operation sein. Falls dem so war, benutzte man uns als Köder. Mister Gaias ZVET-Insider würde uns nicht begleiten, also würde es nicht weiter schlimm sein, wenn wir alle abkratzten. Neue Märtyrer für die gute Sache.
Waren wir andererseits aber doch Teil der Sekundäroperation, setzte das voraus, dass uns Mister Gaia für absolut wasserdicht hielt. Dieser Gedanke gefiel mir, denn er implizierte, dass wir die notwendigen Mittel bekommen würden, unsere Aufgabe zu erfüllen, und die Chance, dass ich als Autopsie des Tages in der Gerichtsmedizin landete, war minimal.
Dabei kam mir ein anderer Gedanke, der mir weniger angenehm war. Mister Gaia hatte mir fünftausend Stones für die Operation angeboten. Das ist eine Menge Geld. So was verdient man nicht eben mal an einer Straßenecke mit Klampfenzupfen. Ich war seit vier Monaten auf Helen, und in der Zeit hatte ich noch nicht einmal erlebt, dass MADSU einen Trödelmarkt veranstaltet hätte, geschweige denn ein Wohltätigkeitsdinner für die High Society, die mit tausend Stone das Gedeck die gute Sache unterstützt. Meine Bezahlung und Mister Gaias Versprechen, mir ein Gefährt zu besorgen, deutete auf jemanden im Hintergrund hin. Jemanden mit tiefen Taschen. Ich war mir ziemlich sicher, dass dieser Jemand nicht Mister Gaia war. Genauso, wie ich mir sicher war, dass das ganze Gerede über das Wohlergehen der Lemuren nur leeres Gewäsch war. Viel wusste ich zwar nicht von ihm, aber seine Fingernägel waren frisch manikürt gewesen, und die Uhr am linken Handgelenk war das Mehrfache meiner Bezahlung wert.
Ziemlich genau in diesem Augenblick wurde mir klar, dass ich mit beiden Beinen tief in einem Minenfeld stand, von dessen Existenz ich bis dahin nicht einmal etwas geahnt hatte. Es würde nicht leicht werden, da mit intakten Körperanhängseln wieder raus zu kommen. Ich zuckte die Achseln. Falls ich bei dieser Sache ins Gras beißen würde, trug ich wenigstens saubere Unterwäsche.
Ich fragte Letitia nach einer Dusche. Sie deutete aus der Tür und in eine Ecke mit einem Abfluss im Boden. Jemand hatte einen Wasserschlauch hochgezogen, aber so etwas wie einen Duschvorhang gab es nicht. Also zog ich mich einfach aus und wusch mich. Anschließend trocknete ich mich an meinem alten Hemd ab, zog die frische Unterhose an und kehrte in mein Gefängnis zurück.
Die Etiketten aus der Unterwäsche und den übrigen Sachen waren herausgetrennt. Das überraschte mich etwas. Es war professioneller, als ich der GGF zugetraut hatte. Die fehlenden Etiketten würden es den örtlichen Gesetzeshütern schwerer machen, die Bewegungen der GGF nachzuverfolgen. Ich hätte da eine Menge hineinlesen können, doch ich entschied, dass Mister Gaia seine Leute nur mit seiner Erfahrung beeindrucken wollte. Es war eine einfache Methode, ihr Vertrauen zu gewinnen. Was bedeutete, er und diese Zelle hatten noch nicht lange Kontakt.
Ich grinste und dachte an den Abend in der Bar vor der Schlägerei. Möglicherweise war die GGF erst eingetroffen, nachdem das Netz zusammenbrach. Mister Gaia war geschickt worden, um sie zu organisieren.
Aber von wem? Das Warum war klar - Macht -, aber weniger, wer sie verlieren und wer sie bekommen sollte. Im Verlauf der Vorbereitungen würde sich zeigen, wie die Sache lief, und ich wollte doch zu gerne herausfinden, wer Mister Gaias Gehalt bezahlte.
Einer der Entführer aus der vorherigen Nacht tauchte im Eingang des Büros auf. Er warf mir eine Jacke zu, die ich problemlos auffing. »Oho, Leder. Dürfen wir das tragen?«
Er zögerte kurz. »Na ja, ist eine Verkleidung, oder?«
Ich nickte. »Logisch.« Ich zog die Jacke an und steckte eine Flasche Wasser in eine Tasche. Dann folgte ich dem Mann zu einer Tür in der Seite der Halle und hinaus auf eine Gasse. Das Straßenende wurde von einer Wellblechwand abgeschlossen, also gingen wir in die andere Richtung in eine Nebengasse und durch ein Tor auf einen Spielplatz hinter
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