Geisterreigen
unterhalb von Rowland Castle heru mgetrieben", sagte Diana. "Plötzlich stand er hinter mir. Zuerst bin ich ziemlich erschrocken, aber dann erkannte ich, was er für ein lieber Kerl ist. Nicht wahr, Willow?"
"Wuw", machte der Hund, als hätte er jedes Wort verstanden.
"Willow?" Timothy hob überrascht die Augenbrauen.
"Falls er niemanden gehört und Miß Cook auch damit einve rstanden ist, würde ich ihn gerne behalten", erwiderte Diana. "Willow ist ein Name, der zu ihm paßt."
"Miß Cook hat bestimmt nichts dagegen. Sie wollte ihn nur solange behalten, bis sein Herrchen gefu nden worden ist."
Dr. Lansing untersuchte den Hund. Geduldig ließ dieser es sich gefallen. "Die Wunde werde ich nähen müssen." Er legte eine Hand auf Willows Kopf. "Dazu muß ich dir eine lokale Betäubung geben, sonst läufst du womöglich in meiner Praxis Amok." Er zog eine Spritze auf. "Kannst du ihn halten, Darling?"
"Natürlich." Diana legte den Arm um Willow. "Halt ganz still", bat sie ihn und sprach beruhigend auf ihn ein.
Timothy schnitt rund um die Wunde das Fell ab. Er arbeitete konzentriert. Diana sah ihm fasziniert bei der Arbeit zu. Willow rührte sich kaum. Er schien zu spüren, daß ihm der junge Arzt nur helfen wollte.
"So, alter Junge, dann wärst du erst einmal versorgt", meinte Timothy. "Wie wäre es jetzt mit einer großen Portion Hundefutter und Wasser?" Er öffnete die Tür zum Vorraum und bat seine Sprechstundenhilfe, für alles Nötige zu sorgen.
"Ich finde es gut, daß du Willow behalten willst", sagte er, nachdem der Bernhardiner von Miß Even nach draußen geführt worden war. "Du wolltest dir ja ohnehin einen Hund anschaffen."
Diana blickte auf die geschlossene Tür. "Findest du es nicht seltsam, wie Willow und ich uns kennengelernt haben?" fragte sie und erzählte ihm, daß sie Lucys Stimme gehört hatte. "Bitte, lach mich nicht aus", bat sie. "Ich weiß selbst, wie lächerlich es klingt."
Er legte seine Hände auf ihre Schultern. "Ich bin weit davon entfernt, dich auszulachen, Darling", antwortete er. "Bernhardiner sind in unserer Gegend äußerst selten. Ich habe gestern mit ve rschiedenen Leuten telefoniert. Keiner kann sich erinnern, hier je einen Bernhardiner gesehen zu haben. Deine Aussichten, Willow behalten zu können, stehen also ziemlich gut."
"Wo mag er herkommen?" Seine Freundin seufzte auf. "Manchmal zweifle ich wirklich an meinem Verstand, aber dann sage ich mir wieder, daß erst ein Bruchteil von dem erforscht ist, was sich zw ischen Himmel und Erde abspielt."
Dr. Lansing nickte. "Wenn das so weitergeht, beginne auch ich noch an Geister zu glauben", gestand er. "Jedenfalls bin ich froh, daß du jetzt einen vierbeinigen Gefährten hast. Verlaß dich darauf, Willow wird für dich durchs Feuer gehen."
16.
Willow erwies sich wirklich als ein treuer Gefährte. Er ließ Diana kaum aus den Augen und begleitete sie auf Schritt und Tritt. Zudem gelang es ihm, das Herz der March's zu gewinnen. Auch Agnes, Daisy und Tibor hatten viel für ihn übrig. Sie überschlugen sich fast, wenn es darum ging, mit ihm zu spielen oder ihm Le ckerbissen zuzustecken.
"Es kommt mir vor, als wüßte Willow, wie er jeden einzelnen Menschen nehmen müßte", meinte Diana einige Tage später zu Dr. Lansing. "Gestern hat er aus der Küche ein Steak gestohlen und statt mit ihm zu schimpfen, hat Mistreß March auch noch gelacht."
"Der Bursche hat es knüppeldick hinter den Ohren", erwiderte Timothy amüsiert. Sie waren zum Tanzen nach Minehead gefahren. Jetzt standen sie auf der weitläufigen Terrasse des Tanzcafés und blickten auf das Meer hinaus, in dem sich Mond und Sterne spiegelten. "Am liebsten hätte er uns heute abend begleitet."
"Ich gehe jede Wette ein, daß Willow vor dem Portal in der Halle liegt und sozusagen die Minuten bis zu meiner Rückkehr zählt."
"Stunden, Darling, Stunden." Timothy nahm sie etwas fester in den Arm. "Einen Abend wie heute sollten wir uns öfter gönnen", meinte er mit vor Zärtlichkeit rauher Stimme. "Es ist wundervoll, einmal so richtig abschalten zu können. Wenn wir in Alberry miteinander ausgehen, bin ich für die meisten Leute jederzeit greifbar, zudem mag ich es nicht, daß man dich immer noch anstarrt, als seist du das siebente Weltwunder."
Diana befreite sich aus seinem Arm. "Also, jetzt habe ich wirklich Grund, beleidigt zu sein, Timothy", erklärte sie. "Kann ich nicht erwarten, daß ich für den Mann, der behauptet, mich zu lieben, so etwas wie ein Weltwunder
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