Geisterreigen
bin?"
"Du bist mehr für mich, Diana, viel mehr", versicherte ihr Freund und nahm sie erneut in die Arme. "So wie der Tag die Sonne braucht und die Nacht den Mond und die Sterne, so könnte ich ohne dich nicht mehr leben." Er blickte ihr in die Augen. "Diana, könntest du dir vorstellen, meine Frau zu werden."
Die junge Frau hatte nicht damit gerechnet, daß ihr Timothy schon so bald diese Frage stellen würde, dennoch antwortete sie spontan: "Wie kannst du nur daran zweifeln?" Sie fuhr mit den Fingern durch seine braunen Haare. "Für mich kann es nichts Schöneres geben, als bis an mein Lebensende an deiner Seite zu leben."
"Und du meinst, du wirst es niemals bereuen?"
"Niemals." Glücklich bot sie ihm ihren Mund zum Kuß.
Einige Stunden später brachte Dr. Lansing seine Verlobte nach Hause. Diana kam es vor, als würde sie wie auf Wolken schweben. Irgendwie konnte sie es nicht fassen, daß sie und Timothy heiraten würden. Sie rechnete nach, wieviel Wochen sie sich erst kannten.
"Jetzt fällt es mir noch schwerer, dich auf Rowland Castle z urückzulassen", meinte er, als sie vor dem Portal voneinander Abschied nahmen. "Bitte, paß auf dich auf, Darling." Liebevoll berührte er mit zwei Fingern ihre Wange.
"Willow ist auch noch da", erwiderte Diana. Sie lachte. "Weißt du, was mir gerade einfällt? Sollten wir jemals ein Töchterchen haben, wird es keine Rowland sein."
"Worüber ich sehr glücklich bin, denn wie ich die Leute in Alberry kenne, würden sie sonst unserer Tochter bestimmt das Leben ziemlich schwer machen." Er legte die Hände auf ihre Schultern. "Du denkst also schon an unsere zukünftigen Kinder?"
"Es war nur so ein Gedanke." Diana errötete. "Aber jetzt sol ltest du nach Hause fahren. Vergiß nicht, du mußt morgen arbeiten."
"Ich wünschte, du würdest nicht immer so vernünftig sein", meinte er. "Dann bis morgen, Darling." Er küßte seine Verlobte auf die Wange. "Ich..."
Ein schwerer Körper flog von innen gegen das Portal. Gleich darauf erklang ein empörtes 'Wuw'.
"Willow kann die Zeit nicht mehr abwarten." Diana löste sich aus den Armen ihres Verlobten und schloß das Portal auf. Der Bernhardiner schoß ihr wie ein Pfeil entgegen und hätte sie in seiner Wi edersehensfreude fast umgerissen.
"Dann kann ich ja beruhigt gehen", sagte Dr. Lansing, nac hdem er Willow begrüßt hatte. "Schlaf gut, Darling." Er warf seiner Braut eine Kußhand zu und ging zu seinem Wagen.
Diana wartete, bis Timothy abgefahren, bevor sie das Portal schloß. "Auf, gehen wir nach oben", forderte sie den Bernhardiner auf. "Ich habe dir eine Menge zu erzählen."
Willow rannte zur Treppe und sprang die ersten Stufen hinauf. Schwanzwedelnd blieb er stehen. Als Diana nicht gleich folgte, weil sie zuerst noch ihre Tanzschuhe auszog, um ihre schmerzenden Füße etwas zu entlasten, bellte er erneut auf. Die neue Herrin von Rowland Castle war froh, daß ihn außer ihr niemand hören konnte. Weder die March's noch das übrige Personal wären begeistert gewesen, unnötig im Schlaf gestört zu werden.
"Du bist ein verrückter Kerl, Willow", meinte sie lachend und folgte ihm. "Du kannst dir nicht vorstellen, was heute abend pa ssiert ist", fuhr sie fort, als sie ihn erreicht hatte. "Ich habe dir eine Menge zu erzählen."
17.
Mit einem glücklichen Lächeln um den Lippen träumte Diana in dieser Nacht noch intensiver als sonst von Timothy. Im Traum sah sie sich mit ihm bereits vor dem Traualtar stehen. Plötzlich bemerkte sie, wie sich Willow zwischen sie und Timothy drängte. Er trug einen Zylinder auf seinem Kopf und wirkte so feierlich ernst, daß sie leise lachen mußte.
Nach dem Segen wandten sie sich um, um die Kirche zu ve rlassen. Ein kleines, blondes Mädchen mit einem bunten Blumenkranz im Haar kam durch den Mittelgang. Es trug einen wadenlangen, aus groben Stoff gefertigten Kittel.
"Lucy, wo kommst du denn her?" hörte sich Diana fragen und stellte fest, wie ihre Umgebung immer undeutlicher wurde. Sie tastete nach Timothy und griff ins Leere. Angst griff nach ihrem Herzen.
"Komm, Diana", sagte Lucy und nahm ihre Hand. "Komm."
Diana wollte nicht mit ihr mitgehen, aber sie folgte ihr, ohne sich dagegen zu wehren.
Sie verließen die Kirche und stiegen nach Rowland Castle hinauf. Vor ihnen öffnete sich das Portal. Die Halle wirkte seltsam langgezogen, die Treppe schien grotesk verzerrt. Leute mit fratzenhaften Gesichtern gingen an ihnen vorbei. Sie schienen sie überhaupt nicht zu bemerken.
Noch immer
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