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Geisterstadt

Geisterstadt

Titel: Geisterstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stacia Kane
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sie wieder draußen war ... würde er sie sehen wollen, und zwar so, wie er es gewohnt war, nämlich in seinem Bett. Nachdem er ihr Drogen gegeben hatte.
    Technisch gesehen hatten die Drogen und das Bett nichts miteinander zu tun. Die Drogen waren ihr Lohn für die Zerstörung des Chester Airport; dort hatte es gespukt, und Bump hatte sie angeheuert, um die Geister auszutreiben, damit er über den Flughafen Drogen verschieben konnte. Das hatte sie nicht hingekriegt, den Flughafen gab es nicht mehr, und das war gut für Lex.
    Das Bett... das war nur zum Spaß. Und es hatte so lange Spaß gemacht, bis ihr zwei Dinge klar geworden waren: Erstens, dass es für ihren Geschmack doch zu krass danach aussah, als würde sie ihren Körper für Drogen verkaufen, wenn sie Gratisstoff von jemandem annahm, mit dem sie auch Sex hatte, und zweitens ... Der zweite Punkt stand neben ihr und verströmte die Aura eines Mannes, der sich offenbar lieber selbst ein paar Messer in die Kehle gerammt hätte, als sich in ihrer Nähe aufzuhalten.
    Als die Musik abrupt abriss, wurde ihre Aufmerksamkeit wieder auf die wacklige Bühne vor ihr gelenkt. Stille breitete sich für einen Moment über der Menge aus, bevor allgemeines Raunen einsetzte.
    Ein Mann betrat die Bühne.
    Zumindest glaubte sie, dass es ein Mann war. Er war groß und schien selbst Terrible noch zu überragen, aber das konnte auch daran liegen, dass er auf der Bühne imposanter wirkte. Doch wo Terrible breitschultrig und muskelbepackt war, war dieser Mann ein Strich in der Landschaft, dem die gestreifte Weste und die Röhrenhosen um die Glieder schlackerten. Die Ärmel seines abgewetzten und dilletantisch geflickten weißen Hemdes endeten Zentimeter über den knochigen Handgelenken. Die ausgefransten Hosensäume entblößten aschfahle Knöchel über verschiedenfarbigen Schuhen. Schwarzes Haar stand wild von seinem Kopf ab und fiel ihm als verfilzter Vorhang über Rücken und Gesicht, wo es in den Zottelbart überging, der ihm bis zum Hosenbund reichte.
    »Guten Morgen, hochverehrte Damen und Herren!« Er sprach mit starkem Akzent. Die Stimme hallte laut und kräftig über die erwartungsvolle Menge.
    »Mögen Sie alle sicher in den Armen der Wahrheit geborgen sein! Denn heute erwartet Sie die Wahrheit, wie Sie sie noch nie gesehen haben!«
    Eine zweite Gestalt betrat die Bühne. Sie war winzig klein und trug einen blumengemusterten Ganzkörperanzug, der auch die Füße umschloss. Allerdings war es kein Kind, sondern ein Kleinwüchsiger, wie Goody Vanderpeet, eine von den Küchen-Goodys.
    Doch abgesehen von der Statur hatte er nichts mit Goody Vanderpeet gemeinsam. Dieser Mensch hatte leuchtend violettes Haar und nahm jetzt eine steife, geschraubte Pose ein, ohne sich vom Wind aus der Fassung bringen zu lassen. Gesicht und Handflächen waren grün geschminkt.
    »Mein Assistent LeRue wird nun den Kasten öffnen, damit ich Ihnen Wunderwerke zeigen kann, wie Sie sie noch nie gesehen haben. Ich komme in der Wahrheit, sehr verehrtes Publikum, und wahrlich, heute sollt ihr des Mirakels meiner Tränke gewahr werden, denn ich bin Arthur Maguinness, berühmt und bekannt im ganzen Land!«
    Chess verdrehte die Augen und sah sich in der Menge um. Die meisten zeigten den gleichen »Aber sicher doch!« - Gesichtsausdruck wie sie, doch sie fand auch ein paar offen stehende Münder und aufgerissene Augen.
    Mit grandioser Geste öffnete LaRue einen grün-violett gestreiften Schrankkoffer, der im Bühnenhintergrund lag. Der Deckel ragte beinahe so hoch auf wie der Kleinwüchsige - der Koffer war wirklich verdammt groß. Mit dem Deckel wuchsen Regalbretter aus der Versenkung, in denen seltsam geformte Flaschen und Phiolen aufgereiht waren. Das mussten dann wohl die zaubermächtigen Tinkturen sein.
    »Ein Tupfer, ein Tropfen meiner Tränke wird ihr Leben verändern, das garantiere ich! In diesen Flaschen verdichtet sich die Weisheit der Jahrhunderte, von Generation zu Generation unter den Großmeistern weitergereicht. Männer, vor denen selbst die Kirche das Knie beugte und sie um ihr Wissen anflehte!«
    Jetzt war Chess kurz irritiert. Quatsch. Der übliche Quatsch, natürlich, aber doch ärgerlich. Ehrbare Geschäftsleute durften gar nicht mit solchen Versprechungen werben, aber Maguinness da oben hatte mit dem Wort »ehrbar« nicht mehr gemeinsam als zwei Buchstaben.
    Ohne zu ahnen, dass er von einer Kirchenhexe beobachtet wurde, klappte Maguinness die schlaksige Gestalt zusammen wie einen Zollstock

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