Geisterstadt
sanken. Virginia City wurde eine Geisterstadt. Dann kamen die Tourismusexperten und erweckten die tote Metropole wieder zum Leben. Die ehemaligen Saloons, Hotels und Wohnhäuser, das Büro des Sheriffs und der Drugstore wurden zum beliebten Ausflugsziel. Mittlerweile hatte die Stadt wieder fast 2.000 Einwohner.
Eine von ihnen war Deborah Street. Die drei ??? lasen ihren Namen auf dem Türschild eines Holzhauses gegenüber der Miners Union Hall.
Auf Peters Klingeln hin rührte sich allerdings nichts. »Wäre auch zu simpel gewesen«, meinte er.
Im Erdgeschoss des Hauses befand sich ein Souvenirladen, der aber in den Wintermonaten geschlossen war. Andere Bewohner gab es offenbar nicht. Auch auf der Straße war niemand zu sehen. Die Nachmittagssonne wurde schon blass. Da ein kalter Wind blies, war es ziemlich ungemütlich.
»Hört mal! Klingt wie im Film.« Peter blieb stehen und hob den Zeigefinger. Irgendwo klapperte ein Fensterladen.
»Fragen wir bei den Nachbarn«, schlug Bob vor. Links und rechts standen mehrere Häuser mit Säulenvorbauten, Holzboden und den berühmten Schwingtüren. Läden und Cafés waren darin untergebracht. Sie hatten zurzeit aber nicht geöffnet.
Sie schlenderten die Hauptstraße hinunter. »Wäre was für Mr Madigan«, meinte Justus zu Peter. Der Vater seiner Freundin Kelly war ein ausgesprochener Westernkenner und -liebhaber. In einer kleinen, gemütlichen Bar hatten sie Glück. Justus rieb sich die kalten Hände über dem künstlichen Kamin. Dann bestellten sie Chili con Carne und fragten die nette Bedienung aufs Geratewohl nach einer jungen Frau mit roten Haaren und blauen Augen.
»Deborah«, sagte das Mädchen. »Natürlich kenne ich die.« Sie stutzte kurz, sah die Jungen prüfend an und entschied sich, weiterzuplaudern. »Aber sie ist nicht da. Sie ist für einige Tage weggefahren.«
»Wohin?«
»Nach Frisco.«
»Weißt du was Genaueres?«, fragte Peter das Mädchen. Die Antwort war ein Schulterzucken.
»Und was ist Deborah von Beruf?« Der Zweite Detektiv gab nicht so leicht auf.
»Erfindet Spiele«, antwortete das Mädchen. »Verrückt, nicht? Genauso wie ihr Hobby.« Die Jungs sahen sie fragend an. »Akrobatik. Übt sich als Schlangenfrau.« Dann wechselte sie ohne Pause das Thema. »Ihr seid doch fremd bei uns. Wisst ihr eigentlich, dass das hier früher die wichtigste Stadt in ganz Amerika war?«
»Die reichste«, verbesserte Justus, »nicht die wichtigste.«
Aber das Mädchen ließ sich nicht aus dem Konzept bringen. »Hier gab’s alles, sogar ein Opernhaus«, schwärmte sie weiter.
»… und Mark Twain war Journalist bei der hiesigen Zeitung«, ergänzte der Erste Detektiv lakonisch.
»Hat Deborah Street Freunde in der Stadt?« Bob war jetzt nicht nach weiteren Ausflügen in die Vergangenheit zumute. Das Mädchen sah ihre Gäste vorwurfsvoll an. Offenbar fand sie, dass sie sich zu wenig für die Silberstadt interessierten. »In der Miners Union Hall gibt es einen Archivar«, antwortete sie. »Mr Bulette. Fragt nach ihm. Ist ein guter Bekannter von Deborah.«
Die Jungen bedankten sich. Dann kam das dampfende Chili auf den Tisch und roch köstlich. Aber die drei ??? waren zu sehr mit Oames, Deborah und deren Verschwinden beschäftigt, um die Künste der Küche richtig wahrzunehmen. Im Handumdrehen putzten sie ihre Teller leer.
Sie zahlten und gingen quer über die Straße hinauf zur Miners Union Hall. Die großen Eingangstore waren verschlossen. Ein Pappschild wies in die nächste Seitengasse. Kaum hatten sie geläutet, öffnete ein etwa 50-jähriger Mann mit grauen Bürstenhaaren. Als ob er hinter der Tür auf uns gewartet hätte, schoss es Justus durch den Kopf. War er von dem Mädchen informiert worden? Oder gewarnt?
»Guten Tag.« Er besaß eine dunkle, wohltönende Stimme. »Ihr interessiert euch für die Geschichte von Virginia City?«
Peter hatte keine Lust, dem Mann etwas vorzuspielen. »Eigentlich nicht«, antwortete er und stellte sich und die beiden anderen vor. Mr Bulette winkte sie in den großen Vorraum. »Also, was wollt ihr?«, fragte er freundlich.
»Wir suchen Deborah Street«, sagte Justus.
Der Mann konnte sein Entsetzen nicht verbergen. Er sah die drei ??? forschend an.
»Wissen Sie, wo sie steckt?«
»Leider nicht«, sagte der Mann und machte eine einladende Handbewegung. »Kommt mit, wir haben da drüben eine kleine Küche. Ich koche uns Tee.«
Mr Bulette hatte Deborah vor vier Tagen zum letzten Mal gesehen. Auch ihm war bekannt,
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