Geisterstunde in Los Angeles
flüsterte er. »Verdammt, das war vielleicht eine Sache. Haben Sie eine Erklärung, John?«
»Nein. Ich rechne aber damit, daß irgendwelche Kräfte aus einer anderen Welt eingegriffen haben.«
Er schlug mir auf die Schulter. »Allmählich glaube ich doch, daß ich mit Ihnen hier die richtigen Leute nach Los Angeles geholt habe.«
»Wir wollen es hoffen…«
***
Das Lokal fiel aus dem Rahmen. Es lag zwar am Strip, jedoch etwas versetzt zum Parkplatz führte eine schmale Stichstraße, die einen Bogen beschrieb und vor blühenden, tropischen Hecken in einen Wendehammer einmündete. Ein riesiger Schwarzer in Phantasieuniform stand als nicht zu übersehendes Denkmal auf der Parkplatzmitte und sichtete zunächst einmal die anfahrenden Wagen.
Tudor Buckly war hier bekannt. Als der Schwarze den Wagen sah, deutete er eine Verbeugung an und kam uns entgegen. Buckly hielt an. »Wir müssen aussteigen«, sagte er. »Den Rest erledigt Charles.«
»Heißt der Mann so?« fragte Bill.
»Ja.« Der Autor grinste. »Er kommt sogar aus London.«
»Wie das Leben so spielt.«
Charles bekam den Schlüssel, ein Trinkgeld und begrüßte uns mit sonorer Stimme.
»Holborn«, sagte Bill zu ihm.
»Wie meinen Sie, Sir?«
»Sie kommen aus Holborn, Charles.«
Der Parkplatzwächter strahlte. »Ja, Sir, das stimmt. Dort habe ich über zwanzig Jahre gewohnt. Aber woher wissen Sie…?«
»Ihr Dialekt, Charles. Wir sind selbst aus London. Da kennt man sich aus.«
»Das wußte ich nicht, Sir. Viel Spaß bei uns.«
»Danke.«
Wir waren schon vorgegangen. Bill holte uns schnell ein. »Sieht ja schnuckelig aus«, sagte er und deutete nach vorn, wo sich die Rückseite des Lokals praktisch öffnete und in eine erhöht gebaute Terrasse auslief. Über ihr schwebte ein scharlachroter Baldachin, dessen Stoff vom leichten Wind bewegt wurde.
Unter dem Baldachin standen die Tische. Alle sehr klein, fast zierlich, Bistrotische mit ebensolch schmalen Stühlen. Zum Teil waren sie besetzt. Männer, junge und alte, dazu meist junge Mädchen hielten sich hier auf und schlürften ihre Longdrinks oder aßen eine Kleinigkeit.
»Wie sieht es mit Stoff aus?« fragte ich Buckly. »Kann man den hier auch bekommen?«
»Das glaube ich nicht.« Er blieb für einen Moment stehen. »Wer dieses Zeug sucht, der geht in andere Lokale, die dafür bekannt sind.«
»Klar. Bleiben wir hier?«
»Nein, ich möchte gern hinein. Hier draußen sitzen nicht die Stammgäste. Die meisten kommen sowieso erst später. Wir können noch eine Kleinigkeit essen.«
»Das wäre nicht schlecht«, sagte Bill. »Ich habe nämlich einen Mordshunger bekommen.«
»Kann ich verstehen.«
Bisher hatte ich nicht gewußt, weshalb das Lokal Cage hieß. Erst als ich die Tanzfläche sah, wußte ich den Grund. Sie war von Metallstangen umgeben und ähnelte einem Käfig. Aus ihrer offenen Rundung ragten farbige Birnen, die intervallweise aufzuckten. Auf der runden Tanzfläche bewegte sich ein Pärchen. Sie trug ein langes, beigefarbenes Kleid, das sehr hoch geschlitzt war. Der Tänzer hatte eine Hand an das Ende des Schlitzes gelegt und ließ die Fingerkuppen über den straffen Oberschenkel gleiten.
»Die beiden werden bestimmt bald zur Sache kommen«, meinte Bill.
»Darum kümmert sich hier niemand«, erklärte Buckly.
»Kann ich mir denken.«
Die Einrichtung gefiel mir. Man hatte das Lokal auf drei Ebenen angelegt. In der unteren befand sich die Bar. Eine breite Treppe führte zur ersten, die teilweise frei über der Tanzfläche schwebte. Um die dritte Ebene zu erreichen, konnte man einen Säulenaufzug benutzen, deren Kabine völig durchsichtig war und mit ihrer Spitze aussah wie ein übergroßer Kristall. Die Beleuchtung war dezent. Man konnte noch sehen, welche Geldscheine man in den Händen hielt, wenn die Rechnung gebracht wurde.
Tudor Buckly schlug vor, an der Bar Platz zu nehmen. »Es ist bereits für mich reserviert worden.«
»Man kennt Sie hier, nicht?«
»Ja, Bill. Ich habe hier fast mein Buch geschrieben. Hier führte ich die Interviews, hier traf ich mich mit all den Stars und Sternchen, die mir etwas mitzuteilen hatten.«
»Gute Arbeitsatmosphäre.«
Tudor lachte. »Es war trotzdem ziemlich anstrengend. Manche wollten plötzlich nicht mehr und alles zurücknehmen. Es hat mich viel Nerven gekostet. Ah, da ist Costa.« Er lief auf die Bar zu und begrüßte einen schokoladenbraunen Mixer, der hinter der Theke das Regime übernommen hatte. Er trug ein schneeweißes kurzes
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