Geisterstunde
locken.
»Ja. Der Alte hat vielleicht nicht mehr lange zu leben. Er soll nicht mit dem belastenden Wissen von uns gehen, daß jemand ihn betrügt und davonkommt.«
»Einverstanden. Dann werde ich jemanden beauftragen, die Beute ausfindig zu machen. Manchmal bringt es etwas, wenn man bei der Suche nach einem Dieb das Pferd von hinten aufzäumt. Geben Sie mir eine genaue Beschreibung von vier oder fünf ausgefallenen Schmuckstücken. Ich werde jemanden aufsuchen, der sie zu finden versucht.«
»Müssen Sie dessen Dienste bezahlen?«
»Ja. Was ist, halten Sie die Kupferstücke für den General zusammen?«
Er lächelte. »Eigentlich sollte ich das nicht tun. Aber ich bin es gewohnt, auf den Pfennig zu achten. Brauchen Sie noch etwas?«
»Ich muß mehr über die Leute hier in Erfahrung bringen.« Ich warf einen Blick auf die Liste. »Die drei Männer, die ich noch nicht kennengelernt habe, und meine Geisterlady mitgerechnet, komme ich auf elf Personen. Kelle sprach von achtzehn Seelen. Wo sind die anderen sieben geblieben?«
»Ich habe Ihnen doch schon gesagt, daß sie nicht alle Tassen im Schrank hat. Sie ist schon hier, seit das erste Haus gebaut worden ist, und sie weiß nicht mal genau, welches Jahr wir jetzt haben. Als wir damals aus dem Cantard zurückkamen, waren wir achtzehn Personen, sie und Jennifer mitgerechnet. Bevor der Alte die alten Angestellten abgebaut hatte, waren es noch mehr. Elf reichen völlig aus.«
»Wo sind die anderen geblieben?«
»Sam und Tark sind gestorben. Wollack ist einem Bullen vor die Hörner gelaufen, als wir gerade Rinder gebrannt haben. Das Vieh hat ihn aufgespießt und zu Tode getrampelt. Die anderen sind weggezogen. Sie hatten es vermutlich satt, waren immer seltener hier und sind schließlich einfach nicht wiedergekommen.«
Ich beugte mich vor, nahm ein neues Blatt Papier, teilte fünf Millionen durch zwei, schrieb zweieinhalb Millionen Jennifer gut und teilte dann die andere Hälfte durch sechzehn. Ich kam auf die stolze Summe von einhundertsechsundfünfzigtausend Goldtaler und ein paar Gequetschte.
Nicht schlecht. In meinem ganzen Leben hatte ich niemanden kennengelernt, der so einfach auf hundertsechsundfünfzigtausend Taler verzichtete, ganz gleich, ob Gold oder Silber.
Ich bemühte Adam Riese noch ein bißchen. Teilte man zweieinhalb Millionen durch neun, ergab das zweihundertsiebenundsiebzigtausend Taler. Plus ein paar Gequetschte. Das war fast doppelt soviel.
Ging es hier um etwas ganz anderes?
Ich erwähnte es Peters gegenüber nicht, aber ich machte mir einen Knoten ins Hirn.
»Sind Sie fündig geworden?« fragte Peters.
»Das bezweifle ich.«
Es war mal wieder Zeit für einen kleinen Fußmarsch. »Ich kann mir nicht so recht einen Reim auf das alles machen. Können wir rausfinden, wo sich die vier Männer zur Zeit aufhalten? Außerdem muß ich mehr darüber erfahren, wem der General wieviel vermacht hat.«
Peters runzelte die Stirn. »Warum?«
»Es ist ein großer Besitz. Sie haben selbst gesagt, daß er seine Zuwendungen als Druckmittel benutzt hat. Vielleicht hat er die Jungs damit vertrieben. Und vielleicht versucht ja einer von ihnen, sich zu rächen, entweder durch die Diebstähle oder dadurch, daß er ihm Gift verabreicht.«
»Dagegen kann ich nichts sagen.« So sah er auch aus.
»Ich will zwei Dinge: Erstens eine Abschrift des Testaments. Und zweitens: Finden Sie raus, ob es zwischen dem General und einem der vier einen Streit gegeben hat.«
»Sie glauben doch nicht wirklich, daß sie sich heimlich zurückgeschlichen haben?«
Das tat ich nicht, nein. Ich glaubte, sie waren tot. Mein Vertrauen in den menschlichen Anstand war ziemlich erschüttert. Ich war davon überzeugt, daß jemand das Spiel von den zehn kleinen Negerlein spielte. Dieser Jemand erledigte seinen Job so gut, daß niemand Verdacht schöpfte. Aber … wenn das stimmte, dann war dieser Jemand unschuldig an dem Versuch, den alten Mann zu ermorden. Mein Mörder würde den General bei bester Gesundheit halten wollen, während er das Feld der Miterben immer mehr dezimierte. Vielleicht würde diese Person sogar einen Spezialisten von außerhalb hinzuziehen und so tun, als habe sie einen echten Grund zur Sorge …
»Hat jemand eigentlich noch einen Hauptschlüssel oder einen Schlüssel zu meinem Zimmer?«
Diese Frage erwischte ihn kalt. »Dellwood. Warum?«
»Jemand hat das Schloß geknackt und ist zwischen dem Abendessen und meiner Rückkehr in das Zimmer eingedrungen.«
»Warum
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