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Geisterstunde

Geisterstunde

Titel: Geisterstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
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selbst solche Anwandlungen. Daß er hier aufgetaucht ist, ist Beweis genug. Er würde niemals zugeben, daß er sich um mich Sorgen macht, weil ich in einem Haifischtümpel plansche. Er redete sich immer mit seiner Neugier heraus.
    »Das ist ein richtiges Geisterhaus«, murmelte er, als wir uns hinunterschlichen. »Wie halten die Leute es hier nur aus?«
    »Vielleicht stimmt ja das alte Sprichwort, das besagt, es wäre nirgends so schön wie zu Hause. Möglicherweise fällt es einem nach einer Weile nicht mehr auf.«
    »Wer war eigentlich die Brünette? Ich habe sie unter den Leuten gesehen, die aus dem Zimmer des Generals stürzten.«
    »Das ist die Tochter des Hauses, Jennifer. Verschwendete Liebesmüh, soweit ich das beurteilen kann.«
    »Vielleicht fehlt dir ja das nötige Rüstzeug.«
    »Möglich. Aber ich glaube, es funkt einfach nicht.« Wir kamen an den Fuß der Treppe. Niemand war zu sehen. Von der Hintertür sah man die Scheibe des Mondes, der soviel Licht spendete, daß ich nicht blind herumstolpern mußte. Morpheus hatte keine Schwierigkeiten damit. Er könnte sogar noch in einem Sarg sehen.
    »Wenigstens ist das eine saubere Angelegenheit. Keine toten Götter. Keine Vampire. Keine Mordsriesen. Nur gierige Menschen.«
    Ich dachte an die Frau in Weiß und hoffte, daß sie nicht übernatürlich war. Wie sollte man ein Gespenst küssen?
    Morpheus packte meinen Arm. »Da drüben bewegt sich jemand.«
    Ich sah nichts.
    Dann stolperte jemand über etwas.
    »Er hat uns gehört.« Morpheus verschwand in den Schatten.
    Ich ging zum Stall. »Schleicher?« rief ich. »Wo sind Sie? Hier ist Garrett.«
    Keine Antwort. Ich schob das Tor auf und steckte meinen Kopf durch den Spalt. Im Stall war es stockdunkel. Die Pferde waren unruhig und schnaubten leise im Schlaf. Ich entschloß mich zu einem kleinen Rundgang um das Gebäude, bevor ich mich hineintraute.
    Gedämpftes Licht drang zwischen den Boxen an der nördlichen Stallseite hervor, nahe der Westwand. Es war ein schwacher Schein, wie der von einer einzelnen Kerze, und er erhellte die Umrisse einer Tür. Ich hatte Schleichers Versteck gefunden.
    »Schleicher? Sind Sie hier? Ich bin’s, Garrett.«
    Schleicher antwortete nicht.
    Ich machte die Tür auf.
    Schleicher würde nie mehr antworten. Dafür hatte derjenige gesorgt, der ihm das Messer in den Leib gerammt hatte.
    Es mußte ein ziemlicher Dilettant gewesen sein. Die Klinge war auf der falschen Seite in sein Brustbein eingedrungen und hatte eine Lunge durchbohrt. Die Spitze des Dolches steckte in seinem Rückgrat.
    Morpheus tauchte wie aus dem Nichts auf. »Ich hab ihn verloren.« Er betrachtete Schleicher. »Amateurarbeit.« Morpheus, der ewige Student. Und der nimmermüde Kritiker.
    »Auch Profis machen Fehler, wenn sie keine Zeit haben und das Opfer ein harter Bursche ist. Der Kerl hier war Einzelkämpfer, soweit ich gehört habe. Es war sicher nicht einfach, ihn sauber umzulegen.«
    »Vielleicht.« Ahrm hockte sich hin und spielte mit einer Schnur, die um Schleichers Hals gewickelt war. Der Killer hatte den Mord auf die harte Tour zu Ende gebracht. »Interessant.«
    Ich suchte nach konkreten Beweisen. Ein eiliger Mörder ließ vielleicht etwas zurück. »Was ist das?«
    »Eine Würgeschnur der Kef Sidhe.«
    »Der was?« Ich ging neben Morpheus in die Hocke.
    »Kef Sidhe. Ihre Religion untersagt es ihnen strikt, Blut zu vergießen. Ihrem Glauben nach kann der Geist eines Mannes, dessen Blut vergossen wurde, umherwandeln, bis er gerächt worden ist. Also töten sie ohne Blutvergießen, denn Mord gehört auch zu ihrer Religion. Der Gebrauch dieser Würgeschnur wird von ihnen als eine Art Kunst betrachtet.«
    Ich betrachtete die Kordel. Es war kein einfacher Strick.
    »Die Meistermeuchler fertigen sich ihre Schnüre selbst an. Wenn du soweit bist, legst du damit eine Meisterprüfung ab. Sieh her. Dieser Knoten funktioniert wie eine Henkerschlinge, nur daß sie rund ist, so daß man sie mit den Händen auseinanderziehen kann. Die Knoten in der Schnur sind keine einfachen Knoten. Hier wurde der Strick über kleine Korkstücke geflochten. Sie haben die gleiche Wirkung wie Widerhaken an Pfeilspitzen. Man kann die Schnur nur in einer Richtung durch die Knoten ziehen.«
    Erst auf den zweiten Blick sah ich, wie das funktionierte – an dem Exempel, das jemand vor meiner Nase an Schleicher Bradon statuiert hatte. Ich betastete eine der tropfenförmigen Verdickungen in der Kordel. »Der Korken wird zusammengedrückt, wenn

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