Geisterstunde
etwa einen Meter neben der anderen. Peters und ich warfen uns einen vielsagenden Blick zu und sahen dann Schocke an. »Tyler! Komm her!«
Tyler kam nicht. Er hielt seine Laterne etwa einen halben Meter über dem Boden, während er kniete und etwas untersuchte. »Sekunde.«
»Was haben Sie gefunden?« fragte ich.
»Sieht aus wie …«
Hinter ihm bewegte sich ein dunkler Schatten. »Passen Sie auf!«
Der Zombie packte Tylers Kehle und riß ihn mühelos hoch in die Luft. Sein Genick brach mit einem lauten Knacken. Ein Todesschrei kam schrill wie von einem Karnickel. Seine Laterne fiel zu Boden und zerbrach. Zwischen den Füßen des Zombies flackerten Flammen auf. Er hob Tyler über den Kopf, warf ihn ins Dunkel und kam dann auf uns zu.
»Verteilt euch!« rief ich.
»Diesmal sollten Sie besser nicht nur zugucken«, riet mir Schocke.
Das Öl der Laterne brannte lichterloh, aber weder Gras noch Zombie fingen Feuer. Sie waren beide zu feucht.
»Wir hacken ihn in kleine Stückchen«, schlug ich vor. »Wie seinen Kumpel.«
»Hören wir auf zu quatschen und tun es einfach«, ermunterte uns Schocke.
Es gefiel mir nicht. Aber dieser Zombie war bei der Auswahl seiner Opfer nicht besonders wählerisch. Er haßte offenbar alles, was lebte. Wäre er speziell hinter Tyler hergewesen, dann wäre er in sich zusammengesunken, nachdem seine Rache vollendet war. Aber er wollte uns alle.
Nur hatte er gegen drei Ex-Marines wenig Chancen. Wir waren schneller und bewaffnet. Er gab jedoch nicht auf und griff an, immer und immer wieder. Es ist schwierig, jemanden zu zerhackstückeln, wenn er einen jagt.
Mein Entsetzen und meine Angst legten sich nach ein paar Minuten, und mein Verstand meldete sich wieder zurück. »Weiß einer von euch, wer das war?«
»Zuckerschnecke«, sagte Schocke. Er war äußerst konzentriert bei der Sache und schlug, hackte und stach mit der Präzision eines Uhrmachers.
»Zuckerschnecke? Was ist das denn für ein Name?«
»Sein Spitzname. Eigentlich hieß er Simon Mäander. Den Namen mochte er nicht. Zuckerschnecke fand er gut. Die Nutten in Full Harbour haben ihm den Namen angehängt. Sagten, er hätte einen süßen Arsch.«
Merkwürdig. Ich holte zu einem Rundschlag gegen den Hals des Zombies aus, aber seine Hand kam mir in die Quere. Mein Schlag durchtrennte sein Handgelenk bis auf den Knochen. Während ich die Balance verlor, griff das Ding mich weiter an und streckte seine andere Klaue nach mir aus.
Er erwischte mich am Ärmel. Ich dachte schon, ich wäre erledigt. Schocke kam mir zu Hilfe. Er ließ einen zweihändigen Überkopfschlag auf das Monster los, hinter dem sein ganzes Übergewicht steckte. Der traf die Schulter des Monsters so hart, daß es mich losließ. »Ich schulde Ihnen was, Schocke«, rief ich und wich ein paar Schritte zurück. Es war besser, Schockes Beispiel zu folgen, also setzte ich die Laterne ab.
Der Zombie verfolgte mich immer noch, was Peters und Schocke nur recht war. Peters sprang hinter das Ding und durchtrennte mit einem wuchtigen Schlag dessen Achillessehne. Mit Rückenschwimmen war es jetzt wohl aus.
Es griff weiter an, wenn auch etwas bedächtiger als vorher.
Es kam uns wie eine Ewigkeit vor, aber schließlich gelang es uns doch, das Ding zu zerlegen. Es fiel hin und kam nicht wieder hoch. Wir zerschnetzelten es sicherheitshalber, was auch einen therapeutischen Zweck erfüllte: Wir bauten damit unsere Angstenergie ab. Als wir fertig waren, nahm ich meine Laterne hoch. »Wir sollten uns lieber bis zum Tagesanbruch im Haus aufhalten. Wo zwei sind, könnten noch mehr sein. Den Sumpf können wir später erkunden.«
»Sagten Sie nicht, Zombies würden nicht im Bündel auftreten?«
»Möglicherweise habe ich mich da geirrt. Jedenfalls will ich es nicht auf die harte Tour rausfinden. Laßt uns von hier verschwinden.«
»Der erste schlaue Spruch, den ich aus Ihrem Mund gehört habe«, meinte Schocke. Er untersuchte Tyler. »Tot wie ein Stück Holz. Glauben Sie, daß er die Morde begangen hat?«
»Schwer zu sagen, aber ich würde nicht drauf wetten. Diesem Ding hier war gleich, wen es in die Klauen kriegte. Es war einfach auf Blut aus.«
»Wie nett. Gehen wir lieber. Bevor Tyler auch noch aufsteht und uns angreift. Das könnte ich nicht ertragen.«
Ich widersprach nicht. Angeblich müssen Zombies ein paar Monate abgehangen sein, bevor sie wieder auferstehen, aber ich hatte keine Lust, einen praktischen Test dieses Volksglaubens mit mir als Versuchskaninchen
Weitere Kostenlose Bücher