Geisterstunde
Feld führen konnte.
Ich glaubte nicht, daß er Full Harbour einnehmen konnte. Aber versuchen mußte er es. Er hatte sein Maul zu weit aufgerissen. Jetzt stand er in der Pflicht, oder er verlor sein Gesicht.
Aber im Augenblick bedeutete das Schicksal von Full Harbour überhaupt nichts. Wir standen selbst unter Belagerung, und vor unseren Toren lauerte der blanke Horror.
Peters’ Gruppe teilte sich auf und überprüfte, ob nicht schon jemand ins Haus eingedrungen war. Wir anderen blieben als Eingreiftruppe am Springbrunnen in Reserve. Nach einer Weile brach ich das Schweigen. »Dellwood, was haben Sie vor, wenn der General verschieden ist?«
Er blickte mich merkwürdig an. »Darüber habe ich nie nachgedacht, Mr. Garrett.«
Das war schwer zu glauben, was ich auch laut äußerte.
Wayne kicherte. »Glauben Sie es ruhig, Garrett. Dieser Bursche ist nicht von dieser Welt. Er ist nicht wegen des Geldes hier, sondern nur, weil ihm der alte Mann am Herzen liegt.«
»Wirklich? Und warum sind Sie hier?«
»Aus drei Gründen. Erstens: wegen des Geldes, zweitens: weil ich sonst nirgendwo hingehen könnte und drittens: wegen Jennifer.«
Ah. Eine willkommene Gelegenheit für eine kleine Brauen-Blick-Trick-Übung. In letzter Zeit hatte ich ihn kaum anwenden können. »Meinen Sie die Tochter des Generals?«
»Genau die. Ich will sie.«
Ganz schön direkt, der Kerl. »Was hält der General davon?«
»Weiß ich nicht. Ich habe das Thema nie angesprochen. Und das werde ich auch vor seinem Tod nicht tun.«
»Und was haben Sie mit Ihrem Erbteil vor?«
»Nichts. Einfach liegen lassen. Wenn ich Jenny habe, brauche ich es doch nicht, oder?«
Da hatte er recht.
»Deshalb bin ich auch nicht der Mörder, Sportsfreund. Ich muß keinen umlegen, um die Hälfte des Besitzes zu kriegen.«
Das sprach für ihn. »Was hält Jennifer davon?« Sie hatte bisher kein sonderliches Interesse an Wayne gezeigt.
»Ganz ehrlich? Es haut sie nicht gerade um. Aber sie bekommt keine anderen Angebote, und daran wird sich auch nichts ändern. Wenn es soweit ist, wird sie schon nachgeben.«
Was für eine Arroganz. So wie der Kerl redete, war er aussichtsreicher Kandidat für einen Platz ganz oben unter den Top Ten auf einer schwarzen Liste.
»Was halten Sie davon, Dellwood?«
»Nicht viel, Sir. Aber Miss Jennifer wird Hilfe brauchen.«
»Was ist mit Ihnen?«
»Nein, Sir. Ich habe nicht den Mumm, mit ihr fertigzuwerden. Ganz zu schweigen von der Tatsache, daß sie keine sehr nette Persönlichkeit ist.«
»Wirklich nicht?« Ich wollte gerade nachfragen, als Wayne aufsprang und den Arm ausstreckte.
Durch das Glas der Hintertür sah man einen undeutlichen Umriß, der an der Tür rüttelte. Ich dachte, es wäre Morpheus und ging langsam hin. Sollte er ruhig ein bißchen schmoren.
Als ich den halben Weg zurückgelegt hatte, preßte jemand die Reste einer Nase an dem Glas platt. Ich erkannte verweste Gesichtszüge und blieb stehen.
»Noch so ein Ding. Keine Panik. Ich glaube nicht, daß es reinkommt. Wenn doch, dann geht ihm aus dem Weg.« Ich kehrte wieder zum Brunnen zurück und setzte mich. Ich war beunruhigt, aber nicht verängstigt. Die Zombies waren nicht besonders gefährlich, wenn man auf sie vorbereitet war.
Einer pro Nacht war zwar unerfreulich, aber nicht unlogisch, wenn man einmal die Absurdität des Anschlags außer acht ließ. In dieser Welt kann fast alles geschehen, und das tut es auch, aber ich hatte noch nie einen Toten aufstehen und herumlatschen sehen. Und ich kannte auch niemanden, der so etwas miterlebt hatte, es sei denn, man zählte Vampire mit. Aber die stehen auf einem anderen Blatt. Sie sind Opfer einer Seuche. Und sie sind auch nie richtig gestorben, sondern schweben in einem seltsamen Zustand zwischen Leben und Tod.
Ein Zombie war unerfreulich, zwei waren sehr unerfreulich, aber drei… Das waren einfach zu viele. Sie konnten nicht alle nur von Haß und Rachegelüsten wiederbelebt worden sein. Jedenfalls nicht in ein und derselben Nacht.
Massenwiederbelebungen von Toten wurden, sowohl in Wirklichkeit wie auch in den Legenden, von außen gesteuert, waren das Werk von Geisterbeschwörern. Von mächtigen Zauberern.
»Übrigens, Dellwood. Ist unter uns zufällig jemand ein ausgebildeter Zauberer? Oder vielleicht ein Freizeithexer?«
»Nein, Sir.« Er runzelte die Stirn. »Warum fragen Sie?«
»Ich finde, wir könnten ein wenig Hilfe gegen ruhelose Geister brauchen.« Ich war schon immer gut in improvisierten
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