Geisterstunde
spricht. Malerei war nicht gerade eine Beschäftigung, die eines männlichen Marines würdig war. Vielleicht hatte er es den anderen gegenüber sogar geheimgehalten.
Es bereitete mir Schwierigkeiten, aus den Leuten schlau zu werden. Schon wieder. Oder immer noch.
Ich hielt mit der Suche inne und überlegte, wo ich an Schleichers Stelle etwas versteckt hätte. Vermutlich hatte der Schnüffler das auch getan, und er kannte ihn wohl besser.
Mein brillantes Hirn ließ mich wie immer im Stich. Mir fiel einfach kein Ort ein.
Konnte man nicht ändern. Ich mußte eine Suchoffensive starten und jeden Stein und jedes Blatt umdrehen. Wer vor mir gesucht hatte, mußte sich beeilt haben. Schließlich brauchte er ja ein Alibi. Mist. Vielleicht hatte er die Scheune durchwühlt, bevor Morpheus und ich gestern abend gekommen waren. Oder vielleicht sogar, während alle dachten, er würde die Ställe entmisten?
Auf jeden Fall bestand die Chance, daß er nichts gefunden hatte.
Falls überhaupt etwas existierte.
Das Erdgeschoß hielt mich nicht lange auf. Mir fiel nichts ins Auge. Bis zur Konfrontation mit dem Dieb konnte es nicht mehr lange dauern, also legte ich noch einen Zahn zu. Ich wollte unbedingt noch einen Pfeil im Köcher haben, wenn es zum Showdown kam.
Ich kletterte auf den Heuboden und hockte mich auf einen Ballen. »Wonach suche ich eigentlich?« knurrte ich. Nach Gemälden? Er hatte offensichtlich gemalt. Und das Produkt war nicht zu sehen. Selbst wenn ich die Bilder fand, was würden sie mir verraten?
Ich zuckte mit den Schultern, stand auf und sah mich um. Schleicher hatte einen ziemlich großen Heuvorrat angehäuft, wenn man es richtig bedachte. Und schön ordentlich aufeinandergestapelt. Nach den Geschichten der Landeier, an die ich mich noch erinnerte, war das nicht üblich. Normalerweise füllten die Bauern ihre Tennen mit losem Heu.
»Ha!« Da fiel mir eine Geschichte ein. Ein Kerl aus meiner Einheit, Tulsa Sowieso, hatte sie erzählt. Er konnte hervorragend mit dem Bogen umgehen und war ein großartiger Heckenschütze. Er war ein Bauernjunge aus einem armen Elternhaus. Ist auf der Insel gefallen. Aber er konnte sich immer wieder über die Spiele amüsieren, die er mit den Töchtern des Lords von nebenan gespielt hatte. Sie hatten es in einer geheimen Lasterhöhle getrieben, die sie sich im Heu auf dem Heuschober der Hauptscheune des Lords gebaut hatten.
Ich hob die Lampe hoch und starrte all das Heu an. Es war viel zuviel, in Anbetracht des Bedarfs. Ob der Stapel hohl war? »Es muß so sein«, knurrte ich.
Ich betrachtete ihn von allen Seiten und versuchte abzuschätzen, wie Bradon hineingekommen sein mochte. Schließlich blieben drei mögliche Zugänge übrig. Ich stellte die Lampe auf den Balken und ging ans Werk.
Ich räumte ungefähr zehn Ballen weg, bis ich feststellte, daß ich den falschen Zugang ausprobiert hatte. Ich versuchte den nächsten, wuchtete wieder zehn Ballen weg und kam mir ziemlich blöd vor. Sah so aus, als hätte ich mich wieder reingelegt.
Meine Aktivitäten erregten die Aufmerksamkeit einiger Einheimischer. Drei häßliche Katzen gesellten sich zu mir, einschließlich einer bösen, alten gefleckten Hauskatze. Dadurch, daß ich die Ballen herumwälzte, scheuchte ich die Mäuse auf. Die Katzen kamen zum Dinieren. Sie arbeiteten im Team, was man bei Katzen selten sieht, soweit ich weiß. Wenn ich einen Ballen wegräumte, sprang eine auf die leere Stelle und erschreckte die Mäuse, damit sie den beiden anderen in die Pfoten liefen. Irgendwann hatte die gefleckte Katze unter jeder Kralle eine Maus und dazu eine im Maul.
»Sehr ihr?« fragte ich sie. »Ich bin gar kein so übler Kerl.«
Einen Versuch hatte ich noch.
Dreimal ist göttlich, wie man sagt. Ich kippte ein paar Ballen um. Die Katzen schossen durch die Gegend. Und siehe da! Ein Loch, einen Meter hoch, vierzig Zentimeter breit und so schwarz wie die Seele eines Priesters, führte in den Stapel hinein.
Ich schnappte mir die Lampe. »Würde eine von euch vielleicht vorgehen und mir erzählen, was da auf mich wartet? Nein? Hab ich mir gedacht.«
Ich ließ mich auf alle viere hinunter und krabbelte hinein.
26. Kapitel
Es stank. Zwar nicht übel, aber sehr stark nach vermoderndem Heu. Und es tat meiner Erkältung nicht besonders gut. Meine Nase lief wie ein Aquädukt.
Die Höhle in dem Heuhaufen war größer, als ich erwartet hatte. Schleicher hatte sie mit Brettern abgesichert, um das Gewicht der Ballen
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