Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geisterstunde

Geisterstunde

Titel: Geisterstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
Vom Netzwerk:
konnte. Meine Chancen standen auch ohne die Bilder schlecht genug.
    Aber ich konnte sie einfach nicht loslassen. Sie waren so wichtig, daß man dafür ein Leben aufs Spiel setzen konnte, sogar meins. Mir tat es jetzt schon um die Gemälde leid, die ich hatte zurücklassen müssen.
    Das Feuer breitete sich unten im Stall schneller aus als oben auf der Tenne, so daß es jetzt vor mir war, dort, wo Schleicher gehaust hatte. Hier gab es kein Entkommen.
    Durch die Spalten zwischen den senkrechten Brettern der Außenwand sah ich Tageslicht. Es waren rohgezimmerte Holzlatten, die mit der Zeit getrocknet waren. Dadurch waren bis zu einem Zentimeter breite Spalten entstanden. Es war so, als blickte man durch die Schranken der Hölle. Und zwar von innen. Die Rettung war so nah. Und gleichzeitig unendlich weit entfernt.
    Als meine Panik wuchs, stürmte ich einfach drauflos.
    Die Scheune war alt und kurz vor dem Zusammenbruch. Wenn sie so verrottet war, wie sie aussah, gelang es mir vielleicht auszubrechen. Ich rammte die Schulter gegen die Wand. Beide knackten, aber keine brach. Doch die Wand hatte wohl den entscheidenden Schlag bekommen. Ich setzte mich und trat mit beiden Beinen gleichzeitig zu. Eine Bohle gab einen Zentimeter nach. Das ließ mich hoffen und verlieh mir wahnsinnige Kräfte. Ich trat wieder zu. Ein zwanzig Zentimeter breites Brett neigte sich nach draußen und stürzte dann, von seinem eigenen Gewicht mitgerissen, in die Tiefe. Ich warf erst Bradons Bilder hinaus, bevor ich das Loch breit genug für mich selbst machte.
    Der Rauch hätte mich fast überwältigt, aber ich schaffte es gerade noch und sprang.
    Eine Weile lag ich keuchend da und merkte benommen, daß ich allein war. Das Gebrüll drang von der anderen Seite der Scheune zu mir herüber. Ich hielt mich an einem Zaunpfahl fest und zog mich hoch. Dann blickte ich mich um und zählte meine Glieder durch, um sicherzugehen, daß ich keins vergessen hatte. Ich war immer noch allein und sammelte mein unbezahlbares Beutegut auf.
    Wenn es Götter gibt, verstanden sie offenbar etwas von Kunst und stimmten meiner Einschätzung dieser Gemälde zu. Sie waren unversehrt. Ich sammelte sie auf und humpelte hinüber zum Kuhstall, wo ich sie auf der Futtertenne versteckte. Mein verdrehter Sinn für Humor fand das ein angemessenes Versteck. Dann stolperte ich zurück zu den anderen.
    Die ganze Bande rannte wie eine Herde aufgescheuchter Küken durcheinander und versuchte, mit Wassereimern, die sie aus dem Brunnenhaus holten, die Scheune zu retten. Ein hoffnungsloses Unterfangen. Nur der General und Peters waren nicht dabei.
    »Garrett!« schrie Jennifer. »Was ist passiert?«
    Ich bin eben ein so verdammt gutaussehender Bursche, daß sie einfach zusammenbrechen, wenn sie mich sehen. »Ich habe da drinnen ein Nickerchen gemacht«, log ich.
    Sie wurde blaß.
    Ich grinste ihr heldenhaft zu. »Keine Sorge. Ich habe einfach eine Wand durchbrochen, und da bin ich.« Ich hustete keuchend. Großartiges Timing. Der verdammte Rauch. »Ich kann euch doch nicht einfach allein lassen.«
    »Sie könnten tot sein.«
    »Schon. Aber ich lebe noch. Ich bin einfach zu schnell auf den Füßen.«
    »Jemand hat versucht, Sie umzubringen, Junge«, erklärte Kaid, während er mit einem Zwanzig-Liter-Eimer an mir vorbeistolperte.
    Ich blickte auf das flammende Inferno. Wieso war ich selbst noch nicht darauf gekommen?
    Nein. Man bringt nicht jemanden um, indem man eine ganze Scheune abfackelt. Das Opfer könnte viel zu leicht entkommen. Man könnte vielleicht ein heißes Feuerchen entzünden, um ihn herauszutreiben und ihn dann kaltzumachen … Aber das hätte hier auch nicht funktioniert. Dafür gab es zu viele Zeugen.
    Trotz meiner Benommenheit begriff ich, daß der Brandstifter die Scheune hatte vernichten wollen. Und alles, was darin war und er in seiner hastigen Suche nicht hatte finden können.
    Wundervoll. Schleichers Information war mir also schon wieder entgangen.
    Selbst Kelle war da und schleppte Wasser. Nur Peters nicht. Ich wollte ihn schon auf die Liste mit den Verdächtigen setzen, bevor mir klar wurde, warum er nicht da war.
    Mist. Eierkopf hätte längst hier sein müssen. »Ihr verschwendet eure Zeit. Verhindert lieber, daß das Feuer auf die anderen Gebäude überspringt.«
    »Was glauben Sie wohl, was wir hier tun, Klugscheißer?« knurrte Schocke. »Wenn Sie schon nicht helfen wollen, stehen Sie wenigstens nicht im Weg rum!«
    Mein Stichwort! »Ich geh ins Haus und behandle

Weitere Kostenlose Bücher