Geistersturm
blieb ich und das Wappen der Sinclairs. Für mich der Beweis, daß ich nicht geträumt hatte.
Ich brauchte einen weiteren Whisky auf diesen Schreck!
***
Suko lag auf dem Bett, als ich die Wohnung nebenan betrat. Er hatte sich auf den Bauch gewälzt, er war nackt und ließ sich von Shao massieren, deren geschickte Hände seine Muskeln durchkneteten, was nach der kalten Feuchtigkeit sicherlich guttat.
»Ach ja, so toll möchte ich es auch mal haben«, dachte ich laut nach.
»Kannst du, John«, sagte Shao. »Leg dich daneben.«
»Nein, jetzt nicht. Später vielleicht.« Ich wedelte mit dem Wappen. »Eine Besucherin hat mir etwas hinterlassen, Freunde. Es ist das Wappen der Sinclairs.« Ich ließ es neben Sukos Gesicht fallen, der noch gar nicht richtig mitbekommen hatte, was da gesagt worden war.
»Noch mal, bitte. Ich schwebe noch immer im siebten Massierhimmel. Wie war das?«
Ich gab meine zweite Erklärung ab, und Suko schoß förmlich in die Höhe. Er schlang sich ein Handtuch um die Hüften, blieb auf der Bettkante hocken und fragte:
»Sag nicht, daß du von unserer kriegerischen Freundin Besuch bekommen hast.«
»Habe ich aber.«
»Und sie hat dir etwas hinterlassen?«
»Das Wappen. Sie wollte mich darauf hinweisen, wie dringend der Fall doch ist.«
»Und? Läßt du dich darauf ein?«
»Ich habe mich schon entschlossen. Wir sollten nicht morgen, sondern schon heute so weit fahren, wie wir kommen. Unterwegs können wir irgendwo übernachten.«
Suko nickte. »Mein lieber Mann, dann muß es wirklich drängen. Oder sehe ich das überspitzt?«
»Auf keinen Fall. Wenn ich den Aussagen dieser Person trauen darf, dann hat sich schon einiges zusammengefunden, was uns nicht gefallen darf. Ein Geistersturm.«
»Du sagst immer diese Person«, sprach Shao unwillig. »Hat sie denn keinen Namen?«
»Doch, den hat sie.«
»Und?«
»Sie heißt…«, ich legte eine kleine Pause ein, »Geraldine Sinclair.«
Suko sagte nichts, auch Shao schwieg. Beide schauten mich an, als hätte ich sie angelogen. Shao wiederholte den Namen leise und fügte hinzu: »Eine Verwandte gewissermaßen, die schon seit einigen Jahren nicht mehr lebt – oder?«
»Du kannst es so sehen. Eine Ahnherrin, auch wenn ich nicht davon überzeugt bin, daß es die direkte Linie ist, von der ich abstamme. Dazu haben sich die Sinclairs zu sehr verzweigt. Der Clan ist praktisch zerstreut worden. Andererseits dürfte es keine so große Überraschung für mich sein, denn auf dem Schlachtfeld von Culloden haben sich die Clans dem englischen Heer gestellt.«
»Auch die Sinclairs«, sagte Suko. »Die waren sicherlich mit dabei.«
Suko schüttelte den Kopf, weil er noch nicht zufrieden war. »Und was sollen wir jetzt dort? Mehr als zweihundert Jahre später?«
»Da gibt es das Geisterheer oder den Geistersturm, der sich zusammengebraut hat. Er muß gestoppt werden, wie mir Geraldine Sinclair erklärte. Sie hat mich oder uns ausersehen und will an unserer Seite kämpfen.«
Mein Freund sah aus wie jemand, der auf einer Zitronenscheibe kaut.
»Sag mal, was ist das überhaupt? Wie stellt sich deine entfernte Cousine das eigentlich vor?«
Über die Cousine mußte ich grinsen. »Ich weiß es nicht. Gehen wir davon aus, was wir über Geister wissen. Feinstoffliche Wesen, die in den Gräbern keine Ruhe gefunden haben…«
»Was Geraldine aber nicht ist«, unterbrach mich Suko. »Ich meine feinstofflich.«
»Nein, sie ist echt.«
»Sie hat trotzdem überlebt«, sagte Shao. Ich hob die Schultern.
»Ist sie ein Zombie?« wollte Suko wissen. »Ich meine, du hast sie ja aus der Nähe erlebt. Ich kenne sie nur aus der Distanz.«
»Zombies sehen anders aus, vorausgesetzt, sie sind aus irgendwelchen Gräbern gekrochen. Ich weiß nicht genau, wer Geraldine ist. Ich würde sie, wenn du mich so fragst, als ein Phänomen bezeichnen.«
»Viel können wir damit auch nicht anfangen.«
»Das gebe ich zu.«
»Aber wir sind auf sie angewiesen.«
»In Schottland schon.«
Suko schob sich in die Höhe und zog Shao an sich. »Was meinst du dazu? Sollen wir jetzt schon fahren?«
»Wenn es sein muß.«
»Okay.«
Ich lächelte vor mich hin. Diese Antwort paßte zu Shao. Sie sah gewisse Dinge ein, und sie wußte zudem, welchem Job Suko nachging.
Außerdem lag auch auf ihrer Herkunft ein geheimnisvoller, magischer Schleier. Ich brauchte da nur an die Sonnengöttin Amaterasu zu denken, die tatsächlich Shaos Ahnfrau gewesen war.
»Ich gehe dann mal rüber und packe«,
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