Geistersturm
Schein ab.
Das meiste Licht drang aus den Fenstern der Häuser. Es warf Bahnen auf Gehsteige und Straßen. Wir fuhren auch an der Polizeistation vorbei.
Ich dachte dabei an Sergeant McGrath, der hier noch immer seinen Dienst versah, und ich stellte mir vor, welche Augen meine Eltern machen würden, wenn ich plötzlich vor ihnen stand.
Ihr Haus stand etwas abseits, auf einer kleinen Anhöhe. Auch diesen Weg kannte ich im Schlaf. Der BMW schob sich langsam hoch, das Licht der Scheinwerfer begleitete uns wie ein Gespenst. Ich sah die alte Linde, die im Sommer Schatten spendete, und ich freute mich darüber, daß noch Licht im Haus war.
»Sie sind noch auf!«
Suko ließ den Wagen vor der Tür ausrollen und gähnte. »Ja, und ich werde mich jetzt hinlegen. Die Fahrt war happig.«
»Du wolltest ja unbedingt durchfahren.«
»Weiß ich. Komm raus.«
Als die Wagentüren zuschlugen, hielt uns die Dunkelheit umschlungen.
Über dem Eingang leuchtete eine Lampe. Wahrscheinlich war unsere Ankunft gehört worden. In der Tat, denn jemand öffnete die Tür. Mein Vater stand im Licht. Er sah zwei Gestalten, ein Auto, konnte uns noch nicht erkennen, dann rief ich: »Hunger habe ich auch!«
»Nein«, sagte Horace F. Sinclair. »Nein, das gibt es nicht!«
»Doch!« Ich konnte ein Lachen nicht unterdrücken.
»Wer ist denn gekommen?« rief eine weibliche Stimme aus dem Innern des Hauses.
»Es ist John!«
»Was?«
Mein Vater lachte auch, als ich vor ihm stand und wir uns in die Arme fielen. Ich schaute über seine Schulter hinweg in die große, viereckige Diele mit den Holzbohlen, sah meine Mutter kommen, deren Gesicht Staunen und Unglauben widerspiegelte.
Hinter uns schloß Suko die Tür, und dann schob Mutter ihren Mann weg, um den Sohn in die Arme schließen zu können. Sie sprach von einer Überraschung, mit der sie ja nie gerechnet hätte. Sie lachte und beschwerte sich darüber, daß wir nicht angerufen und Bescheid gesagt hatten, begrüßte auch Suko und erklärte, daß sie augenblicklich etwas zubereiten würde.
»Ein paar Sandwiches reichen.«
»Gut, gut.«
Die gute Mary Sinclair war aufgeregt, während mein Vater seine Freude nach außen hin nicht so stark zeigte. Er bat uns in sein Arbeitszimmer, da er mit uns reden wollte.
»Ich bringe euch alles rüber, wenn es fertig ist!« versprach meine Mutter und wirbelte in der Küche, als wäre sie vierzig Jahre jünger.
Das Arbeitszimmer meines Vaters war gemütlich eingerichtet. Den Schreibtisch brauchten wir nicht, sondern nahmen in der Sitzgruppe aus Leder Platz.
Er schaute mich an, als ich etwas zu trinken holte. Für meinen alten Herrn einen Whisky, für mich ebenfalls, nur Suko wollte nichts. Er sah sehr müde aus. »Willst du dich schon hinlegen?« fragte ich.
»Wäre mir am liebsten.«
»Okay, dann komm.«
Suko entschuldigte sich bei meinem Vater, der aber winkte ab. »Lieber Himmel, wer so lange gefahren ist, der hat auch das Recht, sich aufs Ohr zu legen.«
»Danke, bis morgen dann.«
Als meine Mutter dann erfuhr, daß sich Suko hinlegen wollte, kam sie durcheinander. Sie sprach davon, das Bett frisch beziehen zu müssen, was gar nicht nötig war, denn es war alles sauber genug. Ich schob sie schließlich aus dem Zimmer, und Suko, der schon auf der Bettkante saß, sagte: »Du kannst mir später erzählen, was es gegeben hat.«
»Mache ich. Gute Nacht.«
»Dir auch.«
Meine Eltern waren schon dabei, den kleinen Tisch zu decken, der zwischen den Sesseln stand. Auch der Kaffee war schon fertig, die Sandwiches ebenfalls, die meine Mutter mit Pastete beschmiert oder mit Roastbeef und Putenfleisch belegt hatte.
Wir aßen, und ich erfreute mich an den Blicken meiner Eltern. Sie waren wirklich froh über den Besuch.
Mein Vater sprach davon, daß wir geflogen sein mußten. Kauend nickte ich und grinste.
»Iß, John. Ich habe noch mehr.«
»Ich kann das ja nicht mal schaffen.«
»Soll ich Suko auch noch etwas…?«
Ich winkte ab. »Um Himmels willen, Mutter, nur das nicht! Er liegt schon im Bett. Suko war platt, wie man so schön sagt, und ich werde auch nicht lange aufbleiben.«
»Kann ich verstehen«, sagte mein Vater. »Du willst aber sicherlich mehr wissen.«
»Das wäre gut.«
»Viel habe ich nicht erfahren können. Zumindest keine Einzelheiten. Ich habe in meinen Büchern nachgeschaut. Es war 1746 eine hoffnungslose Schlacht. Eintausendzweihundert Highlandern stand eine vierfache Übermacht gegenüber. Sie hatten keine Chance. Die Engländer
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