Gejagte Der Dämmerung -9-
viel zu sexy für jemanden, der eine so eisige Kälte verströmte. »Falls sonst jemand vom Servicepersonal mich braucht, ich bin beim Orchester und spreche ein letztes Mal die Musikauswahl durch. Sagen Sie allen, dass sie sich fertig machen sollen, die Gäste des Senators werden in exakt einer Stunde erwartet.«
»Ist gut, Ms Fairchild«, murmelte Joe mit dem Handhubwagen, als die Speisekammertür hinter ihren hohen Absätzen ins Schloss fiel.
Chase ließ die Schatten fallen, sobald er alleine war. Sein Atem ging heftig und keuchend, und sein Körper fühlte sich an, als hätte er eben einen Marathon quer durchs ganze Land gemacht. Seine Hände zitterten, und er bekam Magenkrämpfe vor Gier nach neuem Sprit. Verdammt. Er hatte hier praktisch das große Flattern, und die Party hatte noch nicht einmal begonnen.
Er öffnete die Tür einen Spalt und spähte hinaus. Als er sicher war, dass es keine weiteren Überraschungen geben würde, schlüpfte er hinaus und sprintete mit allerletzten Kräften die Treppe hinauf. Im von der Security frei gegebenen ersten Stock fand er ein leeres Schlafzimmer, wo er warten wollte, bis die Weihnachtsgäste des Senators eintreffen würden.
Als sie wenig später ins Haus zurückgegangen waren, hatte Gideons E-Mail schon auf sie gewartet. Hunter hatte ihn im Bostoner Hauptquartier zurückgerufen – Corinne saß neben ihm am Computer – und mit einer Mischung aus Angst und grimmiger Akzeptanz zugehört, was Gideon ihm gesagt hatte: Seine Überprüfung der unvollständigen Zahlenfolge, die in Corinnes Blut gespeichert war, hatte Ergebnisse erbracht.
In den verschlüsselten Daten auf den USB-Sticks, die Hunter ins Hauptquartier überspielt hatte, hatte es zwei Volltreffer gegeben. Die schlechte Nachricht war, dass der eine zu einer Datei gehörte, die seit über fünf Jahren nicht mehr aktualisiert worden war. Die gute Nachricht? Der zweite Treffer bezog sich auf eine aktive Datei.
Gideon hatte sich schnell hineingehackt und in dem Datensatz eine Koordinate gefunden. Diese hatte er testweise über den Satelliten laufen lassen und ein GPS-Signal aus einer Kleinstadt im ländlichen Westen von Georgia aufgefangen, etwa hundert Kilometer von Atlanta entfernt. Gideon hatte mit Lichtgeschwindigkeit geredet, als er Hunter vor etwa einer Stunde diese Informationen gegeben hatte. Er war davon ausgegangen, dass es sich nur noch um ein paar Stunden Recherchearbeit handeln konnte, bis die Daten aus Henry Vachons Lagerabteil ihnen sogar etwas noch Größeres liefern würden.
So aufregend die Aussicht auf einen zukünftigen Angriffsschlag gegen Dragos’ Operation auch war, war Hunter in Gedanken mit näher liegenden Angelegenheiten beschäftigt.
Corinne war ruhig und nachdenklich gewesen, seit sie sich überstürzt von Amelie Dupree verabschiedet hatten und gemeinsam mit dem Kastenwagen zu ihrer großen Überlandfahrt aufgebrochen waren. Mittlerweile waren sie schon mehrere Stunden unterwegs und fuhren durch Alabama auf die Interstate 85 zu. Hunter schätzte, dass sie es bis zum Sonnenaufgang zur Staatsgrenze von North Carolina schaffen konnten.
Plus etwa sechzehn Stunden Fahrt, und er hätte Corinne sicher im Dunklen Hafen der Reichens auf Rhode Island abgeliefert.
Was sie natürlich nicht wusste.
Dieses spezielle Detail seines Plans hatte er ihr erst erzählen wollen, sobald sie auf der Straße und miteinander allein waren. Aber jetzt fiel es ihm schwer, damit herauszurücken.
Er wusste, dass er sie enttäuschen und mit der Wahrheit verletzen würde, und das fiel ihm noch schwerer, nachdem sie vorhin solches Mitgefühl für ihn gezeigt hatte. Angesichts der Entdeckung des Laborbestandsbuches und seines schrecklichen Inhalts drehte sich ihm immer noch der Kopf. Das alles hatte ihn völlig aus dem Gleichgewicht gebracht, als hätte er auf einen Schlag den Boden unter den Füßen verloren.
Zumindest bis Corinne ihn in die Arme genommen und getröstet hatte.
Als ob sie seinen inneren Konflikt spürte, hob sie jetzt den Kopf von den Google-Maps-Ausdrucken in ihrem Schoß und sah zu ihm hinüber. »Alles okay?«
Er nickte, doch er merkte selbst, dass es nicht überzeugend wirkte. »Du hast kaum etwas gesagt, seit wir New Orleans verlassen haben. Wenn du irgendetwas brauchst …«
»Nein«, sagte sie und schüttelte den Kopf. »Wenn ich nicht viel rede, dann nur, weil ich nervös bin. Ich hab einfach Angst, schätze ich. Ich kann noch gar nicht glauben, dass wir tatsächlich auf dem Weg zu ihm
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