Gejagte Der Dämmerung -9-
wünschte sich, es glauben zu können.
Was er allerdings glaubte, war die Tatsache, dass sie ihn auf jeden Fall hassen würde, wenn er sie jetzt wegschickte, egal, was er am anderen Ende des GPS-Signals in Georgia fand. Sie jetzt wegzuschicken würde bedeuten, ihr die Hoffnung zu rauben und ihr Vertrauen ein weiteres Mal zu verraten.
Hunter nahm ihre Hand in seine. Zusammen gingen sie zum Kastenwagen zurück, um sich gemeinsam dem zu stellen, was sie schon bald, am Ende ihrer Fahrt, erwartete.
29
Die Weihnachtsfeier des Senators war seit zweieinhalb Stunden in vollem Gang, und Chase wurde allmählich langweilig.
Von seinem Späherposten auf der dunklen Galerie im ersten Stock beobachtete er die vielen Menschen, die sich unter ihm im großen Ballsaal amüsierten. Elegant gekleidete Menschen schlenderten in Grüppchen umher, lachten und tauschten Luftküsse und Belanglosigkeiten aus, während sie ihre Drinks und Häppchen balancierten. Im Hintergrund spielte das zwölfköpfige Salonorchester abwechselnd populäre Weihnachtslieder und klassische Stücke.
Wieder fiel Chase die Schönheit im burgunderroten Abendkleid auf, die am Rand des Ballsaales die Menge umkreiste wie eine Glucke ihre Küken. Ms Fairchild suchte sich demonstrativ die hoffnungslosesten Mauerblümchen aus, lächelte ihnen zu und unterhielt sich einige Minuten mit ihnen, dem Anschein nach ehrlich interessiert. Dann stellte sie ihre linkischen Schützlinge anderen Leuten vor, nahm sie zu größeren Gruppen mit und blieb bei ihnen stehen, bis sie sich am Gespräch beteiligten – erst dann nahm sie sich den Nächsten vor.
Wegen ihres professionellen Auftretens hatte er angenommen, dass sie für Senator Clarence arbeitete, aber als er die attraktive junge Frau jetzt ansah, ertappte sich Chase bei der Frage, ob ihr Job bei dem unverheirateten Politiker ihr auch noch andere Pflichten als Eventmanagement und Gästebetreuung abverlangte. Vielleicht waren das hochgeschlossene Kleid und die brüske Miene ja nur Fassade. Momentan wirkte sie jedenfalls gar nicht so kühl. Vielleicht war sie so höllenscharf wie ihr hautenges Abendkleid.
Ja, und er war anscheinend gerade dabei durchzudrehen, hier oben herumzuhocken wie Quasimodo im Glockenturm, wo er doch in der Stadt weiß Gott Interessanteres zu tun hatte.
Das nagende Hungergefühl in seinem Magen gab ihm recht.
Chase starrte ungeduldig hinunter und entdeckte den Sonnyboy von Senator, der bei seinen Gästen die Runde machte. Der Typ war aalglatt, ein absoluter Profi, wie er Hände schüttelte, alte Damen auf die runzligen Wangen küsste und für Fotos posierte. Es war nicht schwer, sich vorzustellen, dass sein Charme und seine gesellschaftlichen Umgangsformen ihn schon bald in ein höheres Amt katapultieren würden. Zweifellos war das auch Dragos aufgefallen. Chase schauderte bei dem Gedanken, was es bedeuten würde, wenn der große Gegenspieler des Ordens jetzt begann, Regierungsbeamte der Menschen ins Visier zu nehmen.
Unter der Galerie entstand plötzlich hektische Unruhe. Zwei Geheimdienstagenten betraten das Haus durch den Haupteingang und das opulente Foyer, drei weitere öffneten die Flügeltüren aus dunklem Kirschbaumholz und hielten sie dem VIP-Gast der Party auf, zwei weitere bildeten die Nachhut.
Chase hatte bereits erraten, wer der Neuankömmling sein würde, aber trotzdem beschleunigte sich sein Puls durch eine düstere Vorahnung, als sich Senator Clarence in Positur warf, um den Vizepräsidenten der Vereinigten Staaten zu begrüßen. Applaus brandete auf, als sich die beiden Männer grinsend umarmten und dann begannen, die obligatorische Begrüßungsrunde durch die begeisterte Menge zu absolvieren.
Chase bemerkte, dass er im ersten Stock Gesellschaft bekam. Jetzt, da der zweite Mann des Landes sich im Gebäude aufhielt, wurden zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen ergriffen. Der bewaffnete Agent nahm seinen Posten am anderen Ende der Galerie ein und sprach eine Statusmeldung in das Mikrofon am Revers seines schwarzen Anzugs. Chase zog sich vom Balkongeländer zurück und verschmolz mit den Schatten der Halle.
Als er sich zentimeterweise zurückzog, dachte er, er hätte kurz ein Gesicht in der Menge gesehen, das er nur allzu gut kannte. Ein Gesicht, das so ganz und gar nicht in eine Versammlung von Menschen passte.
Der Geheimdienstagent war am anderen Ende der Galerie postiert, sodass jeder ihn sehen konnte, er nahm seine Umgebung in sich auf und beobachtete mit schmalen Augen die
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