Gejagte Der Dämmerung -9-
versuchte, sich einen Reim darauf zu machen, was hier vorging. »Ich verstehe nicht, wie das möglich ist«, murmelte Bishop. »Du warst so lange fort, Corinne. Du warst doch tot …«
»War ich nicht«, versicherte sie ihm, löste sich aus seiner Umarmung und sah ihrem fassungslosen Vater in die Augen. »Ich bin in jener Nacht entführt worden. Man hat euch glauben gemacht, dass ich tot wäre, aber ich war’s nicht, ich wurde diese ganze Zeit über gefangen gehalten. Aber das ist jetzt alles nicht mehr wichtig. Ich bin einfach nur froh, wieder zu Hause zu sein. Ich dachte, ich würde nie wieder freikommen.«
Victor Bishop schüttelte langsam den Kopf. Seine Brauen senkten sich tiefer, und der Ausdruck der Verwirrung in seinem Gesicht verstärkte sich noch. »Ich kann es kaum glauben. Nach all den Jahren … wie ist es nur möglich, dass du jetzt vor uns stehst?«
»Der Orden«, antwortete Corinne und sah durch die Gruppe von Bishops Wächtern zu Hunter hinüber. »Ich verdanke den Kriegern und ihren Gefährtinnen mein Leben. Sie haben den Ort gefunden, an dem ich gefangen gehalten wurde. Letzte Woche haben sie mich und einige andere Gefangene gerettet und uns zu einem sicheren Haus in Rhode Island gebracht.«
»Schon letzte Woche«, murmelte Bishop und klang überrascht und beunruhigt. »Und niemand hat daran gedacht, uns Bescheid zu geben? Man hätte uns informieren müssen, dass es dir gut geht – man hätte uns sagen müssen, dass du lebst, verdammt noch mal.«
Corinne nahm sanft seine Hand. »Ich musste es euch einfach persönlich sagen. Ich wollte dabei eure Gesichter sehen und euch umarmen.« Ihre Miene wurde plötzlich unendlich traurig, was selbst Hunter aus der Ferne nicht entging. »Ach Papa … es gibt so viel, was ich dir und Mama erzählen muss.«
Während Corinnes Mutter sie wieder heftig umarmte und ein Schluchzen unterdrückte, spannte sich Victor Bishops Kiefer immer mehr an. »Und dein Entführer? Guter Gott, bitte sag mir, dass der Bastard tot ist, der dich uns gestohlen hat …«
»Das wird er bald sein«, antwortete Hunter und zog mit seinem Einwurf alle Blicke auf sich. »Der Orden ist ihm auf den Fersen und wird ihn bald haben.«
Bishop musterte Hunter mit schmalen Augen von Kopf bis Fuß. »Bald ist nicht gut genug, wenn meine Familie in Gefahr ist, Krieger.« Er gab seinen Männern ein Zeichen. »Schließt das Tor und schaltet die Sensoren am Einfassungszaun ein. Wir sollten nicht länger hier draußen bleiben. Regina, bring Corinne ins Haus. Ich komme gleich nach.«
Bishops Wachen kamen seinen Befehlen eilig nach. Als ihre Mutter sie zum Haus führen wollte, löste Corinne sich von ihr, lief noch einmal zu Hunter zurück und hielt ihm die Hand hin. »Danke, dass du mich nach Hause gebracht hast.«
Er starrte sie einen Augenblick an, hin- und hergerissen zwischen ihrem festen, unverwandten Blick und der zarten, blassen Hand, die sie ihm entgegenstreckte.
Dann nahm er ihre schlanken Finger in seine. »Gern geschehen«, murmelte er und achtete darauf, ihre kleine Hand nicht mit seiner riesigen Pranke zu zerdrücken.
Körperliche Berührungen war er nicht gewöhnt, hatte auch nie ein Bedürfnis nach Dankbarkeit gehabt. Und doch fiel ihm jetzt auf, wie weich Corinnes Haut sich an seiner Handfläche und seinen Fingerspitzen anfühlte. Wie warmer Samt an seiner harten, schwieligen Waffenhand.
Es hätte gar nichts bedeuten sollen, aber irgendwie weckte der Gedanke, diese junge Frau zu berühren, seltsames Interesse in ihm. Ungewolltes Interesse und ungerechtfertigt außerdem – was nur allzu deutlich von Corinnes verzweifeltem Flehen aus Miras Vision unterstrichen wurde, das plötzlich wieder in seinem Kopf widerhallte.
Lass ihn gehen, Hunter …
Bitte, ich flehe dich an … tu’s nicht!
Kannst du das nicht verstehen? Ich liebe ihn! Er bedeutet die Welt für mich …
Er ließ ihre Hand los, aber selbst nachdem der Kontakt abgebrochen war, verweilte ihre Wärme in seiner Handfläche, als er die Hand zur Faust ballte und wieder sinken ließ.
Corinne räusperte sich leise und verschränkte die Arme vor der Brust. »Bitte richte allen im Orden und auch Andreas und Claire Reichen von mir aus, dass ich ihnen ewig dankbar sein werde für alles, was sie für mich getan haben.«
Hunter senkte den Kopf. »Ich wünsche dir ein schönes Leben, Corinne Bishop.«
Sie starrte ihn lange an, dann nickte sie leicht, drehte sich um und ging zu ihrer Mutter zurück. Als die beiden Frauen
Weitere Kostenlose Bücher