Gejagte Der Dämmerung -9-
zitternd Atem und stieß ihn langsam wieder aus. »Hast du ihn gekannt?«
Hunter brauchte nicht zu fragen, wen sie meinte. »Ich habe ihn heute Nacht zum ersten Mal gesehen.«
»Aber du und er …« Sie schluckte, dann wagte sie einen Seitenblick auf ihn. »Ihr hattet genau dieselbe Kampftechnik. Und keiner von euch hätte aufgehört, bevor einer von euch beiden tot war. Ihr habt beide so wild und erbarmungslos gekämpft und seid dabei völlig emotionslos geblieben.«
»Wir wurden beide zum Töten ausgebildet.«
»Auf Dragos’ Befehl.« Er spürte, dass sie ihn beim Reden anstarrte, sah im Augenwinkel ihre erschrockene Miene. »Wie viele von euch gibt es?«
Hunter zuckte die Schultern. »Ich kann nur raten, man hat uns nie voneinander erzählt. Dragos hat uns völlig isoliert aufgezogen, mit nur einem Lakaien als Betreuer, der sich um unsere Grundbedürfnisse gekümmert hat. Wenn wir dann aktiv in Dienst traten, machten wir unsere Arbeit immer alleine.«
»Hast du viele Leute umgebracht?«
»Genug«, antwortete er, dann runzelte er die Stirn und schüttelte den Kopf. »Nein, es sind noch nicht genug. Erst wenn ich weiß, dass Dragos endgültig ausgeschaltet ist, und wenn ich jeden einzelnen der anderen Killer ausschalten muss, um ihn zu kriegen. Dann wird es genug sein.«
Sie wandte den Blick wieder der Straße zu, still und nachdenklich. »Was war das für ein Ding, mit dem du den Killer am Flughafen getötet hast? Er hatte eine Art Halsband um. Du hast es eingesteckt, als wir gegangen sind, und ich habe gesehen, dass du beim Schießen darauf gezielt hast. Und dann gab es diese blendend helle Explosion.«
Hunter konnte den grellen Lichtblitz immer noch vor seinem inneren Auge sehen. Manchmal spürte er immer noch den Druck seines eigenen engen Halsbandes, das er in der Nacht abgelegt hatte, als er dem Orden beigetreten war. »Das ist ein spezieller Mechanismus, den Dragos entwickelt hat, um uns zu absoluter Gehorsamkeit zu zwingen. Es enthält konzentriertes UV-Licht und kann nicht beschädigt oder entfernt werden, ohne den Detonationsmechanismus auszulösen. Nur Dragos kann den Sensor deaktivieren.«
»Oh mein Gott«, flüsterte sie. »Es ist eine Fessel, eine tödliche.«
»Jedenfalls ist sie effektiv.«
»Und was ist mit dir?«, fragte Corinne. »Du trägst nicht so ein Halsband.«
»Nicht mehr.«
Sie beobachtete ihn genau, ihre Augen wichen nicht von ihm, als er von der Hauptstraße abbog und einer Seitenstraße folgte, die zu einer verlassenen Häuserzeile führte. »Wenn du so ein schreckliches Ding auch getragen hast, wie hast du es dann geschafft, dich davon zu befreien?«
»Dragos blieb nichts anderes übrig, als es mir abzunehmen. Letzten Sommer hat er ein Treffen mit seinen Verbündeten in einem abgelegenen Anwesen bei Montreal abgehalten. Der Orden hat das herausgefunden und einen Angriff gestartet. Dragos hat mir befohlen, die Stellung zu halten und das Anwesen zu verteidigen, während er und seine Männer durch den Hintereingang geflohen sind.«
Corinne hörte still zu, und er spürte, wie sie begriff. »Er hat dich allein gegen den ganzen Orden rausgeschickt? Das war ein Selbstmordkommando.«
Hunter zuckte die Schultern. »Das hat mir nur gezeigt, wie verzweifelt er war und wie sehr er mich verachtete. Er wusste so gut wie ich, wenn ich nicht im nächsten Moment aus dem Haus stürzen und mich den Kriegern entgegenstellen würde, hätten er und seine Verbündeten keine Chance mehr zu fliehen. Ich sagte ihm, ich würde es tun, aber nur, wenn er mir dafür die Freiheit schenken würde.«
Er hatte schon lange nicht mehr an diese Nacht in den Wäldern von Montreal zurückgedacht. Tatsächlich hatte seine Reise in die Freiheit schon früher begonnen – in der Nacht, als er sich auf Dragos’ Befehl in das abgelegene Blockhaus eines Gen Eins namens Sergej Yakut geschlichen hatte, um ihn zu töten, und unerwartet in die hypnotisierenden, spiegelartigen Augen eines kleinen Mädchens gestarrt hatte.
»Es war Mira, die mir den Mut gegeben hat, meine Freiheit einzufordern«, sagte er, und beim bloßen Gedanken an das Kind breitete sich in seiner Brust ein warmes Gefühl aus. »Mira ist eine Seherin, sie hat die Gabe der Vorhersehung. Ich habe mich selbst in ihren Augen gesehen, und zwar frei von Dragos. Wenn sie nicht gewesen wäre, hätte ich überhaupt nicht gewusst, dass man auch anders leben kann.«
»Sie hat dir das Leben gerettet«, murmelte Corinne. »Kein Wunder, dass du sie so gern
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