Gejagte der Nacht
Auseinandersetzung zu verhindern, als um seiner Skepsis Ausdruck zu verleihen. Er war ebenfalls wenig begeistert über den schwammigen Lösungsvorschlag.
»Na schön«, bellte Viper und hob seine Hände zu einer Geste des Friedens. »Welche Versuchung könnte den Psychobastard … nein, halt, das Psychomiststück, aus seiner Fledermaushöhle locken?«
»Die Person, die es ursprünglich in die Fledermaushöhle gesperrt hat«, gab Roke ruhig zurück.
Viper sah ihn stirnrunzelnd an. »Der Phönix?«
»Nein.« Styx’ Stimme erfüllte die Luft mit einer eiskalten Macht, die den Deckenkronleuchter zerspringen ließ und die Marmorfigurinen mit Eis überzog. »Auf gar keinen Fall.«
Roke stand unerschrocken da. Sein rabenschwarzes Haar stob ihm ins Gesicht, als ihn Styx’ Macht mit großer Gewalt erreichte. »Ihr fragtet nach einem Vorschlag; ich habe Euch einen solchen unterbreitet.«
Styx ballte die Hände zu Fäusten. Der Phönix war von einer zu entscheidenden Bedeutung für die Zukunft der Welt, als dass man ihn in einem derart riskanten Unternehmen aufs Spiel setzen durfte.
»Dieser Vorschlag ist allerdings nicht durchführbar«, stieß er mit heiserer Stimme hervor. »Kehrt zu Cezar zurück und …«
»Warte, Styx«, unterbrach ihn Viper mit grimmiger Miene.
»Was gibt es denn?«
»Sosehr ich es auch hasse, ausnahmsweise einmal mit Roke einer Meinung zu sein – ich muss gestehen, dass sein Vorschlag durchaus fundiert ist. Wir sollten diese Idee zumindest diskutieren.«
Styx fauchte schockiert. Wollte Viper etwa vorschlagen, dass sie Abby als Opferlamm einsetzen sollten?
»Bevor oder nachdem Dante dir den Kopf abgeschlagen hat?«, knurrte er.
Viper warf dem Vampir, der schweigend an der Tür stand, einen Blick zu.
»Roke, entschuldigt Ihr uns einen Augenblick?« Vipers Worte drückten eher einen Befehl als eine Bitte aus.
Der Clanchef zögerte und warf einen Blick auf Styx’ gefährlich beherrschte Miene. Dann nickte er schroff. »Ich werde mich in die Bibliothek begeben.«
Viper wartete, bis Roke das Zimmer verlassen hatte und durch den Korridor verschwunden war. Dann trat er vor Styx.
»Nein«, knurrte Styx und hielt warnend eine Hand in die Höhe. »Ich will es nicht hören.«
Der jüngere Vampir stemmte die Hände in die Hüften, und sein Gesichtsausdruck machte Styx unmissverständlich klar, dass er sich nicht ohne Anwendung von Gewalt davon abhalten lassen würde, dem Anasso seine Meinung mitzuteilen. »Styx, du bist ohne jeglichen Zweifel der beste Anasso, der den Vampiren je vorgestanden hat.«
»Denkst du, du könntest mich mit Schmeicheleien umstimmen?«
»Ich bin noch nicht fertig.«
Styx schnaubte. »Lass dich von mir nicht aufhalten.«
»Ich wollte eigentlich sagen, dass das, was dich zu einem solch großartigen Anführer macht, gleichzeitig auch deine größte Schwäche darstellt.«
»Und was soll das sein?«
»Deine Loyalität.«
Styx erstarrte, gedanklich zurückkatapultiert in die Vergangenheit, als er noch treuer Diener des vorherigen Anasso gewesen war. Er war ein Barbar gewesen, bis der Meister ihn rekrutiert hatte und er zu seinem Soldaten im Kampf darum, die Vampire aus dem finsteren Mittelalter zu holen, geworden war.
Das war keine schöne Angelegenheit gewesen. Nefri hatte ihren Clan hinter den Schleier geführt, um Frieden bei ihrem Volk zu erreichen. Styx’ Herr und Meister dagegen hatte rohe Gewalt und Einschüchterung eingesetzt.
Aber es hatte funktioniert. Zumindest geringfügig. Immerhin handelte es sich bei ihnen um wilde Kreaturen.
Unglücklicherweise war der uralte Vampir irgendwann durch das Blut menschlicher Drogensüchtiger infiziert worden. Styx hatte sein Bestes gegeben, um seinen Herrn zu retten. Dies ging sogar so weit, dass er den zunehmenden Wahnsinn des Anasso vor anderen geheim gehalten hatte, aber am Ende hatte er keine andere Wahl gehabt, als ihn von seinen Leiden zu erlösen.
»Dies ist nicht das Gleiche.«
»Wirklich nicht?«, fragte Viper. Der Chicagoer Clanchef war Zeuge von Styx’ Konflikt zwischen Loyalität und Pflicht gewesen. »Dein Herz war überzeugt, es sei das Beste für die Vampire, deinen Mentor zu schützen, auch wenn dein Kopf begriff, was getan werden musste.«
Styx’ Augen verengten sich. Nichts war je nur schwarz oder weiß. Ein guter Anführer begriff, dass er seine Entscheidungen zwischen den verschiedenen Grautönen treffen musste.
»Und wenn es darum ginge, Shay als Köder einzusetzen …«, stieß er
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