Gekapert
Und weil sie mit Fidno befreundet ist, ist Mißtrauen angebracht.
»Schön, Sie kennenzulernen«, sagt Ahl. »Wie Fidno bereits neulich sagte, manche von uns sorgen dafür, daß die Welt kleiner wirkt, als sie wirklich ist.«
Als er sich zum Gehen wendet, hält Fidno ihn an der Hand fest. »Los, lad uns auf einen Kaffee, einen Tee ein. Wir sind schließlich deine Gäste. Wo bleiben denn deine guten Manieren?«
Ahl ist klar, daß eine Weigerung der Suche nach Taxliil nicht nutzen würde, gleichzeitig ist er sich bewußt, daß er unnötig mit der Gefahr spielt, wenn er ihnen zu sehr vertraut, und so entscheidet er sich für den Mittelweg: Kooperation und Wachsamkeit.
Sie setzen sich in den Pavillon, Fidno und Ahl bestellen Kaffee, Wiila eine Limonade. Während sie darauf warten, erklärt Wiila, weshalb sie an jenem Tag, an dem sie und Ahl sich zum ersten Mal sahen, so in Tränen aufgelöst war. »Mein kleiner Bruder wurde an diesem Tag von der Al-Schabaab umgebracht.«
Ahl erinnert sich an die kurze Begegnung und wundert sich darüber, daß Fidno den Eindruck macht, als hätte er für Ahl ein Juwel ausgegraben.
»Und was habe ich damit zu tun?« fragt er.
»Gar nichts.«
Fidno entläßt Wiila mit einem Nicken. Ahl sieht den Hauch eines Lächelns um ihre Lippen zucken, und ihre Augen leuchten kurz auf, wie bei jemandem, der seinen Teil eines Vertrags erfüllt hat. Sie erhebt sich, bedenkt beide Männer mit einem leichten Kopfneigen und geht davon, ihr Getränk bleibt unberührt zurück.
»Was für ein Spielchen spielst du denn?« fragt Ahl Fidno, als sie fort ist.
»Ist so einfach wie Hausmannskost«, sagt Fidno, »viel Arbeit, die es aber wert ist, jeder Stoß im Mörser, jedes Salzkorn.«
In dem Moment, in dem Fidno zu geschwollenen Worten Zuflucht nimmt, vermutet Ahl, daß er übertölpelt werden soll. Aber der Mann hat ihn in der Hand. Also zwingt er sich, nur in Ansätzen verärgert zu klingen. »Worauf willst du hinaus?«
»Ich habe nicht die Absicht, dich in irgend etwas hineinzuziehen«, sagt Fidno, »aber ich möchte Malik einschalten Gefährlich, ja sicher, aber auch der Mühe wert.«
»Möchtest du, daß er mit Wiila spricht?«
Fidno kann nicht anders, als sich wie ein Student aufzuspielen, der seinen Tutor ausstechen will. »Ich habe früher mit ihrem älteren Bruder Muusa Ibraahim, einem ehemaligen Piraten, zusammengearbeitet. Malik soll ihn interviewen. Muusa ist gewissermaßen Teil eines Pakets. Malik hat mit einem der Geldgeber der Piraten gesprochen, und er hat sich bereiterklärt, mit mir zu reden. Ich habe vielfältige Beziehungen im Pirateriegewerbe, aber Muusa ist ein echter Fang, er weiß jede Menge über die Al-Schabaab.«
Es war ein Tag voll widersprüchlicher Gefühle, ein Tag, an dem die Hoffnung, Taxliil aufzuspüren, gewachsen ist. Nun droht dieser Hoffnung aber Gefahr, es sei denn, er füttert Fidnos maßlose Gier. Wann wird das endlich ein Ende haben?
»Ich rede später mit Malik«, sagt Ahl.
Daraufhin zieht Fidno sein Handy heraus, schaltet es ein und sucht nach einer Nummer, wahrscheinlich Muusa Ibraahims, vermutet Ahl und schreibt die Nummer auf, die Fidno ihm diktiert.
Das Tagesgeschäft ist erledigt und als wären Ahl und er gute Kumpels, die schon mächtig getankt haben, sagt Fidno mit einem verschmitzten Grinsen: »Wiila hat mir gesagt, wenn dir dieses grauenvolle Hotel auf die Stimmung schlägt, wäre sie nicht abgeneigt, dir zu Diensten zu sein. Ein Wort nur und ich schicke sie her.«
Ahl fällt keine adäquate Antwort ein, und schließlich erwidert er: »Ich hatte keine Ahnung, daß du auch Zuhälterei betreibst.«
Fidno ist nicht beleidigt. »Bloß ein Versuch, ein Angebot. Das Leben ist voller Verlockungen, und ich kenne Familienväter, die zu Wiila nicht Nein sagen würden.«
Da steht Ahl auf und geht, und ausnahmsweise ist Fidno einmal derjenige, der die Rechnung begleicht.
W ie schon zuvor ist Ahls Zimmer von innen verschlossen. Nach mehrmaligem Klopfen läßt ihn der Fernsehmann ein. Ahl ist diesmal wider Willen belustigt, vor allem nachdem er automatisch nachgesehen hat, ob er seinen Geldgürtel noch trägt, und das Gewicht der Laptoptasche gespürt hat. Wie um seine Position zu verdeutlichen, überprüft er ostentativ seinen Koffer, dem das Schloß fehlt. Ohne zu warten, bis der Fernsehmann das Zimmer verlassen hat, ruft er Xalan an und bittet sie, so schnell wie möglich herzukommen. Er gibt keine Erklärung, er will einfach weg. Basta!
Er geht im
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