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Gekapert

Titel: Gekapert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nuruddin Farah
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Sie sich«, sagt Namenlos.
    Aber es gibt nirgendwo eine Sitzgelegenheit, bis auf eine gemütliche Ecke am anderen Ende des Saals, mit einer Ottomane, dickem Teppich und an der Wand lehnenden Kissen. Kaut hier Namenlos mit seinen Kumpels qaat ? Haben Kaiser Kumpels?
    Was für ein Tag, was für eine Demütigung! Mit knirschenden Knien hockt Ahl sich hin. Ob Kinder überhaupt eine Ahnung haben, welche Mühen man ihretwegen auf sich nimmt, geht ihm durch den Sinn.
    Die Andeutung eines Grinsens umspielt Namenlos’ Lippen. »Erzählen Sie mir alles über Ihren Neffen.«
    »Eigentlich geht es um meinen Sohn.«
    »Ich bin mir sicher, daß Fidno sagte, er sei Ihr Neffe.«
    »Das kann schon sein, aber er ist mein Sohn«, sagt Ahl.
    »Das ändert natürlich meine Sicht auf die Dinge.«
    »Ich bin nicht sein Vater. Ich bin mit seiner Mutter verheiratet. Aber ich habe ihn aufgezogen.«
    Namenlos läßt das alles auf sich wirken. Sein rechter Fuß wippt hastig auf und ab, als hätte er ein Eigenleben.
    »Ehe wir weitermachen: Was hat Fidno sonst noch alles mißverstanden?«
    Woher soll ich das wissen, signalisiert Ahls Schulterzucken.
    »Erzählen Sie mir alles über Ihren Sohn, alles, was ich wissen sollte.«
    Ahl legt los.
    »Haben Sie ein Foto des Jungen?«
    Ahl holt es heraus.
    »Wann und wo ist er geboren?«
    Ahl antwortet.
    »Wie lautet der vollständige Name seiner Mutter, wie Ihrer?«
    Ahl teilt ihm die Namen mit, fragt sich dabei, wie sich Namenlos an diese Einzelheiten erinnern will, ohne sie sich zu notieren oder seinen Sekretär damit zu beauftragen. Hält man ihn hier zum Narren, und weiß Namenlos ohnehin bereits, wo sich Taxliil aufhält?
    »Wie heißt der Imam in der Moschee in Minnesota, der ihn angeworben hat?«
    Ahl gibt eine ausführliche Antwort.
    »Kennen Sie die Namen eines der anderen Dschihadisten?«
    Ahl schüttelt den Kopf.
    »Kannte er die zwanzig anderen Rekruten aus Minnesota und Umgebung denn nicht?«
    »Ich weiß es nicht. Wir wissen es nicht«, sagt Ahl.
    »Wie erreichen wir Sie gegebenenfalls?« fragt Namenlos und Ahl nennt ihm eine ganze Reihe Telefonnummern.
    »Seit wann sind Sie hier?«
    Ahl gibt Auskunft.
    »Wann werden Sie abreisen?«
    Ahl zuckt mit den Schultern. »Hängt alles davon ab, ob ich Erfolg habe.«
    »Oder Mißerfolg«, sagt Namenlos. »Fidno hat erwähnt, daß Ihr Bruder Malik, ein Journalist, sich in Mogadischu aufhält.«
    »Was ist mit Malik?«
    »Ist es wahrscheinlich, daß er auch hierherkommt?«
    »Warum fragen Sie?«
    »Weil ich ihn gern treffen würde.«
    »Er hat zwar nichts davon gesagt, aber sollte er hierherkommen, dann werde ich ihn Ihnen vorstellen.«
    »Ich freue mich darauf.«
    Ahl findet seine nach vorn geneigte Sitzhaltung unbequem, das Gewicht des Körpers lastet auf den Knien, wie bei einer Meditation.
    »Dürfte ich bitte eine Frage stellen?«
    »Nur zu.«
    Furcht durchströmt ihn, verweilt einen Augenblick in seinem Herzen, wandert dann hoch in den Kopf. Eine einzige unvorsichtige Frage könnte alles gefährden. Trotzdem stellt er sie. »Warum haben Sie sich zu einem Treffen mit mir bereiterklärt?«
    Namenlos preßt zusammenzuckend die Hand gegen die Stirn, als verursachte ihm der Gedanke an die Gründe oder diese Ahl mitzuteilen, unbeschreibliche Schmerzen. »Erstens, weil ich meinem Kumpel Fidno damit einen Gefallen tue.«
    »Das ist sehr nett von Ihnen.«
    »Zweitens, weil in den letzten Tagen jemand in meiner Gegenwart drei Namen erwähnte – ich weiß nicht mehr, in welchem Zusammenhang. Aber Taxliils Name war darunter und blieb hängen, weil ich niemanden kenne, der so heißt. Als nun Fidno zu mir kam, habe ich mich bereiterklärt, mich einzuschalten und zu helfen. Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, damit Sie Taxliil finden.«
    Wie aufs Stichwort klingelt in einem Nebenzimmer ein Handy. Namenlos regt sich auf seinem hohen Stuhl, bedeutet Ahl damit, daß ihr Gespräch zu Ende ist. Der livrierte junge Mann betritt das Zimmer vom anderen Ende und streckt die Hand aus, um Ahl beim Aufstehen zu helfen. Dann führt er ihn nach draußen, wo Fidno in der Klapperkiste wartet.
    Fidno braust in Richtung Bosaso los, er ist erregt und fährt noch schneller als zuvor. Welchen Eindruck Namenlos auf Ahl gemacht habe? Erpresser sind wie Huren, die versuchen, im Voraus für ihre Dienste zu kassieren und sie dann hastig zu leisten – sie neigen dazu, zu schnell die Rechnung zu präsentieren, denkt Ahl.
    »Ich weiß nicht, was ich darauf antworten soll«,

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