Gekauft für den Harem
antwortete Harriet mit gesenkter Stimme. „Wie habt Ihr mich erkannt? Wie konntet Ihr wissen, dass ich heute hier sein würde?“ Sie war misstrauisch, fürchtete irgendeine Art von Falle.
„Wir haben Vertrauensleute in den Palast eingeschleust“, murmelte der Mann hinter ihr. „Wir sind ein Geheimbund, der sich zum Ziel gesetzt hat, Menschen zu retten, die in die Sklaverei verkauft wurden. Als unsere Spitzel uns mitteilten, dass Ihr heute zum Basar kommen würdet, hielten wir Ausschau nach Euch. Als ich Euch reden hörte, wusste ich, dass Ihr die Frau seid, die wir suchen. Seid guten Mutes, Lady Harriet. Ihr werdet bald Nachricht von uns erhalten und freikommen. Verhaltet Euch unauffällig, damit unsere Pläne nicht gefährdet werden oder jemand eines grausamen Todes sterben muss.“
Harriet unterdrückte den brennenden Wunsch, sich umzudrehen. Vor Anstrengung, keine verräterischen Gefühle zu zeigen, grub sie die Fingernägel in die Handflächen. Als Kasim wieder zu ihnen trat, klopfte ihr Herz wie wild. Wie war es möglich, dass jemand im Palast über alles, was sie betraf, Bescheid wusste? Konnte sie dem Boten trauen? Oder handelte es sich um einen raffinierten Versuch, sie auf die Probe zu stellen? War Kasim aufgefallen, dass der Mann mit ihr geredet hatte?
„Wurdet Ihr belästigt?“ Kasim musterte sie skeptisch. „Von dem Kerl, der bei Euch stand und Euch ansprach? Ich dachte schon, er wolle Euch schnappen und entführen – eine sehr reale Gefahr, denn Frauen wie Ihr sind einiges wert.“
Harriet klopfte das Herz bis zum Halse. Wenn es eine List war, so wusste Kasim nichts davon. Sie schluckte schwer und erfand eine, wie sie hoffte, glaubwürdige Erklärung.
„Der Mann war ein Händler, der anbot, mir seine Kollektion Goldarmreife zu zeigen“, schwindelte sie, konnte Kasim dabei jedoch nicht ansehen. Ein Blick in ihre Augen hätte genügt, und ihm wäre klar gewesen, dass sie nicht die Wahrheit sagte. Sie fand es schrecklich, ihn zu belügen, zitterte innerlich, und ihre Handflächen wurden feucht. „Was war das für eine Prügelei?“
„Eine Meinungsverschiedenheit zwischen zwei Kaufleuten.“ Seine Stimme klang misstrauisch. „Wenn Ihr alles habt, was Ihr besorgen wolltet, kehren wir zum Palast zurück.“
„Noch nicht“, widersprach Katrina, die seine letzten Worte gehört hatte. „Ich möchte Harriet und ihrer Cousine ein Geschenk kaufen.“
Harriet sah sich außerstande, Katrinas großzügiges Angebot abzulehnen, auch wenn Goldarmreife und Seidenstoffe das Letzte waren, was sie im Augenblick interessierte. Vielleicht würden Marguerite und sie tatsächlich bald frei sein …
Sie fuhr zusammen, als Kasim nach ihrem Arm griff, und sah überrascht zu ihm hoch. Seine Berührung schien ihre Haut in Flammen zu setzen, obwohl sein Blick eisig war. Ihr Magen verkrampfte sich, und lähmende Angst befiel sie. Er argwöhnte etwas, auch wenn er nicht genau wusste, was sich zugetragen hatte, während er von dem Handgemenge abgelenkt worden war.
Ein Handgemenge, das man angezettelt hatte, damit ihr die Nachricht ihres Onkels überbracht werden konnte. Dessen war sie ganz sicher. Irgendwie gelang es ihr, Katrina für die Geschenke zu danken und sich einigermaßen normal zu verhalten. Gleichwohl war sie sich darüber im Klaren, dass Kasim sie nicht aus den Augen ließ, bis sie den Basar verlassen hatten und die Träger ihre Sänften brachten. Als er ihr beim Einsteigen half, warf er ihr einen bedeutungsvollen Blick zu, und Harriet überlief ein Frösteln.
„Sagt, Lady Harriet“, begann er nachdenklich, „warum seid Ihr nicht verheiratet? Hat Euch in Eurem Land nie ein Mann die Ehe angeboten?“
„Es war auch Euer Land“, erwiderte sie trotzig und reckte das Kinn. „Unter den Herren, die mir einen Antrag machten, befand sich keiner, der mir gefiel, und mein Vater übte keinen Druck auf mich aus. Er genoss es, mich um sich zu haben.“
„Und ich dachte, Ihr wärt vielleicht zu stolz und eigensinnig gewesen.“
„Ich bin stolz, und ich kann auch eigensinnig sein – wenn ich Grund dazu habe.“
„Zügelt Euren Stolz. Man hat Euch viel Nachsicht entgegengebracht und eine bevorzugte Behandlung angedeihen lassen. Gebt mir keinen Grund, meine Großzügigkeit zu bereuen. Wenn Ihr Ärger verursacht, werde ich vielleicht nicht in der Lage sein, Euch vor Bestrafung zu schützen.“
Was meinte er? Sie hatte angenommen, dass es Katrinas Wunsch gewesen sei, sie zum Basar mitzunehmen. Hatte
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