Gekauft für den Harem
Normalerweise verhält es sich Besuchern gegenüber nicht so unhöflich.“
Harriet zuckte mit den Schultern. „Das Tier war eifersüchtig, denke ich.“
Kasim nickte und musterte sie abermals mit einem brennenden Blick. „Sagt, Lady Harriet … wenn ich Euer Gebieter wäre, würdet Ihr eifersüchtig auf andere Frauen werden?“
„Nein!“ Ihr Puls raste, und sie wich ein paar Schritte zurück, um außerhalb seiner Reichweite zu gelangen. „Wenn Ihr mein Verlobter wärt, vielleicht. Aber einen Gebieter könnte ich nicht lieben. Liebe braucht Freiheit, um wahrhaftig zu sein.“
„Ja“, erwiderte Kasim nachdenklich. „Damit habt Ihr wohl recht. Kommt, wir müssen gehen.“
Harriet neigte zustimmend den Kopf und folgte ihm. Auf dem Weg durch den Palast überschlugen sich ihre Gedanken. Sie durfte sich auf keinen Fall von seinen eindringlichen Blicken oder den kleinen Vergünstigungen, die er ihr gewährte, verführen lassen. Wenn der Mann auf dem Basar die Wahrheit gesagt hatte, würden sie und Marguerite bald frei sein.
Kasim schwieg beharrlich. Ob sie ihn schon wieder beleidigt hatte? Verstohlen sah sie ihn von der Seite an, und beim Anblick seines strengen Profils verspürte sie ein unerklärliches Verlustgefühl. Es hätte uns vergönnt sein sollen, einander in England zu begegnen, dachte sie wehmütig. Oder wenn er bereit gewesen wäre, sein jetziges Leben aufzugeben und Marguerite und mich nach Hause zu bringen … Dann hätte sie der Stimme ihres Herzens folgen und ihm vertrauen können.
„Ich bin früher gekommen, weil die Erste Dame Katrina sich heute Morgen unpässlich fühlt. Sie bittet Euch, sie in ihren Gemächern aufzusuchen, bevor Ihr den Unterricht beginnt.“ Kasim erwartete sie wie üblich vor der Haremspforte. „Hoffentlich habe ich Euch keine Ungelegenheiten bereitet.“
„Ich war überrascht, als Mellina mir sagte, dass Ihr schon da seid, aber ich pflege zeitig aufzustehen. Das finde ich so zermürbend am Leben im Harem. Ich war es gewohnt, mich früh morgens körperlich zu betätigen.“ Als er nichts darauf sagte, musterte sie ihn von der Seite. „Seid Ihr wütend auf mich? Habe ich Euch beleidigt?“
„Nur Ihr könnt diese Frage beantworten, Mylady.“ Kasims Blick war noch immer eisig. „Hätte ich Grund, wütend zu sein? Etwa wegen des Mannes, der Euch auf dem Basar ansprach? Er war kein Markthändler. Wenn Ihr Euch also entschließen solltet, mir die Wahrheit zu sagen, wäre es denkbar, dass ich Euren Worten wieder Glauben schenke. Vorher nicht. Ich hatte gehofft, weitere Vergünstigungen für Euch erwirken zu können, madame . Zum Beispiel wollte ich den Kalifen um Erlaubnis bitten, Euch auf einen Ausritt mitzunehmen, zumal Ihr erwähntet, dass Ihr in England regelmäßig geritten seid.“
„Ja, zu Hause war das mein liebster Zeitvertreib.“
„Könnte ich sicher sein, dass Euch zu trauen ist, würde ich Euch fragen, ob Ihr mich auf den Jagdausflug begleiten wollt, den ich demnächst plane. Wäre das nicht etwas für Euch? Ich liebe die Falkenjagd, genau wie der Kalif und Prinz Hassan. Ich bin sicher, Ihr würdet ebenfalls Spaß daran finden.“
„Warum erzählt Ihr mir davon, wenn Ihr nicht die Absicht habt, mich mitzunehmen?“ Harriet geriet in Wut. Die Vorstellung, mit ihm auf die Jagd zu reiten, war so verlockend, dass die Erkenntnis, davon ausgeschlossen zu sein, beinahe körperlich wehtat. Unvermittelt fragte sie sich, wie ihr Leben aussähe, wenn nicht der Kalif, sondern Kasim ihr Gebieter wäre. Er hatte wissen wollen, weshalb sie nicht verheiratet war, und sie hatte ihm wahrheitsgemäß geantwortet. Was hatte ihn veranlasst zu fragen? Ihr Herzschlag beschleunigte sich. Als Kasims Frau … Die Bilder, die vor ihrem inneren Auge aufstiegen, waren berauschend schön, und sie erkannte, dass sie auf dem besten Wege war, sich von dem süßen Leben im Harem einlullen zu lassen. Sie straffte sich innerlich. Wie kam dieser Mann dazu, einen Ausritt zu einer Vergünstigung zu erklären und diese davon abhängig zu machen, dass sie sich fügsam zeigte? Es war ihr Recht, zu kommen und zu gehen, wie es ihr beliebte! „Aber es stimmt“, räumte sie widerwillig ein, „es würde mir gefallen, daran teilzunehmen.“
„Seid nicht eingeschnappt, Lady Harriet.“ Er lächelte sie auf eine Weise an, die sie nicht recht einordnen konnte. „Nichts im Leben bleibt, wie es ist, das solltet Ihr eigentlich wissen. Ihr reibt Euch unnötig auf, wenn Ihr mich bekämpft, und dabei
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