Gekauft für den Harem
nicht, dass Ihr Eurer Cousine Schwierigkeiten bereiten wollt, genauso wenig wie Katrina. Oder würdet Ihr in Kauf nehmen, dass man sie Euretwegen bestraft?“
„Selbstverständlich nicht“, erwiderte Harriet missmutig. Er hielt sich anscheinend für sehr gerissen. „Ihr seid Euch meiner ziemlich sicher, nicht wahr? Hat man mich ausspioniert und für vertrauenswürdig befunden? Oder glaubt Ihr, Ihr habt sowieso die Oberhand?“
„Wenn Eure Cousine frei wäre, würdet Ihr Eure Chance nutzen“, sagte Kasim unbeeindruckt. „Allerdings wärt Ihr wohl nicht kaltblütig genug, das Vertrauen der Ersten Dame Katrina zu enttäuschen.“
„Nein, das könnte ich nicht“, bestätigte Harriet seine Vermutung. „Sie hat mein Leben hier erträglich gemacht. Ich darf Bücher lesen und Handarbeiten machen, und sie gewährt mir das Vergnügen ihrer Gesellschaft. Ich betrachte sie als Freundin.“
„Ich freue mich, das aus Eurem Munde zu hören.“
„Begleitet Ihr uns zum Basar?“
„Ja, zusammen mit zwei Janitscharen; Männern, die mein Vertrauen besitzen“, erwiderte Kasim. „Ihr habt die Erlaubnis, etwas für Euch und Eure Cousine zu kaufen. Meine Börse reicht für alles, was Ihr braucht.“
„Ich benötige nichts“, erwiderte Harriet nach kurzem Nachdenken. „Mit Kleidung, Essen und Büchern bin ich versorgt. Ich würde gern Ausritte machen oder Spaziergänge mit meinem Hund, doch diese Dinge werden warten müssen, bis ich wieder zu Hause bin.“
Bei ihren Worten bildete sich eine steile Falte an Kasims Nasenwurzel, in seinen Augen blitzte es wütend. Unsanft packte er ihr Handgelenk. Bei der Berührung durchlief Harriet ein sonderbares Prickeln, und sie begann zu zittern. War es seine Nähe, die diese intensive Wirkung auf sie ausübte? Einen Moment lang war sie atemlos vor Spannung. Er verengte die Augen, anscheinend überrascht von ihrer Reaktion.
„Ihr habt keine Furcht vor mir? Ich verspüre nicht den Wunsch, Euch wehzutun, Harriet, aber ich muss Euch warnen. Es hilft nichts, sich an die Vergangenheit zu klammern. Ihr seid jetzt hier, und Ihr solltet Euch mit Eurem Los abfinden.“
„Kismet?“ Harriet runzelte die Stirn. „Ihr glaubt, unser Leben sei von Anfang an festgelegt und wir könnten unserem Schicksal nicht entrinnen?“
„Diese Überzeugung ist Teil des Glaubens, den ich angenommen habe.“
„Ihr seid ein Muslim?“
„Es macht vieles einfacher zu akzeptieren.“ Er blickte beiseite, und sie nahm an, dass er nur der Form halber konvertiert war. Er lebte nach seinen eigenen Regeln, nach einem ganz persönlichen Ehrenkodex, und sie hatte das Gefühl, dass er an nichts anderes glaubte als an sich selbst. „Kommt jetzt. Wir dürfen die Erste Dame Katrina nicht warten lassen.“
„Ihr müsst unbedingt etwas für Euch und Eure Cousine kaufen!“ Katrina blieb stehen, um sich die goldenen Armreife anzusehen, die ein Händler vor ihr ausbreitete. „Ich habe Seide und duftende Essenzen erstanden, aber Armreife wie diese besitze ich in Hülle und Fülle. Darf ich einen aussuchen? Einen für Euch und einen für Eure Cousine?“ Katrina lächelte verträumt. „Bald wird sie mehr als genug davon haben, aber fürs Erste …“
Sie verstummte, als sich hinter ihnen Lärm erhob. Harriet drehte sich um. Eine Rauferei war im Gange, Männer brüllten Beifall, Frauen schrien verängstigt.
„Passt auf die Frauen auf!“, befahl Kasim und eilte zu den Kämpfenden.
Die Leibwächter umstellten Katrina, und plötzlich fand Harriet sich unbeobachtet. Wenn sie gewollt hätte, wäre dies der Moment für eine Flucht gewesen, doch ihre Loyalität zu Marguerite hielt sie wie unsichtbare Ketten. Sie beobachtete die lautstarke Auseinandersetzung und fuhr erschrocken zusammen, als jemand sie von hinten auf Englisch ansprach.
„Dreht Euch nicht um, Lady Harriet“, sagte die tiefe Männerstimme leise. „Und versucht, möglichst keine Überraschung zu zeigen, damit man nicht auf uns aufmerksam wird.“
„Was …?“ Sie erstarrte, ein Kribbeln überlief sie, doch ihr gesunder Menschenverstand hielt sie davon ab, über die Schulter zu schauen. „Wer seid Ihr?“
„Euer Onkel schickt mich. Sir Harold und Captain Richardson sind am Leben und suchen nach Euch und Eurer Cousine. Sie wandten sich um Hilfe an uns, woraufhin wir Nachforschungen anstellten und herausfanden, wo man Euch hingebracht hatte. Wir werden versuchen, Euch zu befreien. Geht es Marguerite gut? Wurdet Ihr verletzt?“
„Nein“,
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