Gekauft für den Harem
paar meiner Bücher bringen, dann können wir reden. Ihr solltet Euch im Glauben unterweisen lassen, damit Ihr uns und unsere Gebräuche versteht.“
„Sind es wirklich auch Eure Gebräuche?“ Harriet musterte ihn neugierig. „Oder habt Ihr sie nur angenommen, damit Ihr hier leben und vorankommen könnt?“
„Es gab eine Zeit, da wäre ich vielleicht nach England zurückgekehrt, um dort zu leben, aber es gibt Gründe dafür, dass ich es nicht getan habe. Heute jedenfalls will ich nicht mehr zurück. Macht also keinen Fehler, Harriet. Ich bin an diesen Ort gebunden, ob ich es will oder nicht.“
„Ich dachte, Ihr seid frei, zu kommen und zu gehen, wann Ihr wollt?“
„Die Umstände haben sich geändert. Mein Leben spielt sich hier ab, und ich muss das Beste daraus machen – genau wie Ihr, Harriet. Denn auch Ihr gabt Euer Wort, nicht zu fliehen.“
„Ich werde versuchen, mich Euren Wünschen gemäß zu verhalten, Mylord.“
„Wenn ich auf Falkenjagd gehe, nehme ich Euch mit. Euer Leben hier wird so schrecklich nicht sein, Harriet.“
„Ich danke Euch. Wenn ich lesen kann und ab und zu die Gelegenheit habe zu reiten, bin ich zufrieden.“
„Ich hoffe, Ihr lernt es, Euch mit der Situation abzufinden.“ Er verengte die Augen. „Außerdem ist da noch die Sache mit Eurer Bestrafung. Ich habe beschlossen, Euch zwei Wochen im Hospital arbeiten zu lassen. Ein paar meiner Janitscharen sind krank, und ich glaube, ihnen ist genauso gedient wie Euch, wenn Ihr Euch um sie kümmert. Sobald Ihr Eure Strafe abgebüßt habt, ist es Euch wieder gestattet, Katrina zu besuchen und die Kinder zu unterrichten.“
„Ihr wünscht, dass ich helfe, die Kranken zu versorgen?“
„Ja. Ihr habt die Erlaubnis, zur morgigen Feier zu kommen. Danach werdet Ihr zwei Wochen lang jeden Tag zum Hospital gebracht. Akzeptiert Ihr die Strafe als gerecht?“
Harriet blickte ihn an. Tränen brannten ihr in den Augen. „Ihr seht davon ab, mich auspeitschen zu lassen?“
„Ich glaube, die Pflege der Kranken wird Euch ausreichend Demut lehren, Mylady. Peitschenhiebe würden Euch lediglich rebellischer machen.“
„Danke.“ Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. Demut lehrte sie bereits seine Entscheidung. „Ich habe Eure Langmut nicht verdient, aber es wird mir eine Freude sein, mich um die Kranken zu kümmern.“
Er lächelte schief. „Seht Euch vor, Harriet. Die Krankenpflege soll eine Bestrafung sein, kein Vergnügen. Doch nun lasse ich Euch allein, damit Ihr ausruhen und Euch eingewöhnen könnt.“
„Wann sehe ich Euch wieder?“
„Heute Abend, wenn ich Euch die Bücher bringe. Ich habe viel zu tun mit der Vorbereitung der Feierlichkeiten. Bis später also …“
Er neigte zum Abschied den Kopf und ging. Für einen kurzen Moment stand Harriet bewegungslos da. Sie wusste weniger denn je, was sie von ihm halten sollte. Irgendwie hatte sie damit gerechnet, dass er Unterwerfung von ihr fordern und ihr nachdrücklich klarmachen würde, dass ihr Wohl und Wehe in seiner Hand lag. Gleichzeitig wusste sie, dass das nicht seine Art war. Langsam lernte sie ihn besser kennen.
Sie hörte flüsternde Stimmen hinter sich und drehte sich um. Drei Frauen standen im Durchgang zum Garten und starrten sie an. Sie wirkten unsicher, als könnten sie nicht entscheiden, ob sie sich ihr nähern sollten. Alle drei waren jung und hübsch, ein wenig älter als die Töchter, die sie hätte haben können, wenn sie bereit gewesen wäre zu heiraten, nachdem ihr Vater sie das erste Mal an den Hof gebracht hatte.
„Nur zu …“ Willkommen heißend streckte sie die Hände aus. „Kommt her und sagt mir eure Namen.“
Kasim pendelte den ganzen Tag zwischen den Vorbereitungen für das Fest zur Geburt des Prinzen und den Krankenbesuchen bei den Janitscharen hin und her. Was die Feierlichkeiten anging, so galt es sicherzustellen, dass sie in jeder Hinsicht prunkvoll genug sein würden, um dem Anlass gerecht zu werden; die Janitscharen dagegen betrachtete er als seine Freunde. Ihretwegen war er ursprünglich an den Hof des Kalifen gekommen, und letztlich verdankte er ihnen auch seinen Aufstieg zum Berater Khalids. Er dachte zurück an seine Gefangennahme durch die Korsaren, daran, wie sie ihn als Galeerensklaven verkauft hatten. Wie sein Rücken bald taub geworden war von den ständigen Stockschlägen. Und dann hatte er zu fiebern begonnen. Und als ich das Ruder nicht mehr halten konnte, setzten sie mich irgendwo an der algerischen Küste aus .
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