Gekauft für den Harem
Er wäre vermutlich gestorben, hätte ihn nicht ein Fischer gefunden und bei sich aufgenommen. Die Frau des Fischers pflegte ihn gesund, ohne irgendetwas dafür zu verlangen, trotz ihrer Armut.
Aus Dankbarkeit hatte er sich zu den Janitscharen des Kalifen gemeldet und ihr seinen ersten Sold geschickt. Anfangs wurde er bei der Arbeit in den Palastgärten eingesetzt, weil er zu geschwächt war, um in der Elitetruppe zu dienen, doch er erholte sich rasch und nahm an den Übungskämpfen teil. Er hatte das Glück, die Entführung des Prinzen verhindern zu können, und war danach zum Befehlshaber der Leibgarde und zum persönlichen Berater des Kalifen ernannt worden. Khalid vertraute ihm, und darum sollte Kasim nach seinem Tod gemeinsam mit Hassan die Herrschaft übernehmen.
Es stand zu befürchten, dass der Prinz vollkommen außer sich geraten würde, wenn er von dem Dekret seines Vaters erfuhr. Hassan war ein unsteter, hitzköpfiger junger Mann, und Kasim graute vor seiner Reaktion.
Entschlossen schob er die Gedanken daran beiseite und machte sich auf den Weg zu seinen Gemächern. Er würde ein Bad nehmen, wie er es immer tat nach einem heißen Tag, und darüber nachdenken, was er Harriet zu lesen mitbringen wollte. Es mussten Bücher sein, aus denen sie etwas über den wahren Glauben und die hier üblichen Gebräuche lernen würde; Bücher, die er selbst gelesen hatte, nachdem seine Entscheidung, am Hof des Kalifen zu bleiben, gefallen war. Ein Lächeln zuckte um seine Mundwinkel, als er sich an das Gespräch mit ihr erinnerte. Sie hatte eindeutig eine andere Strafe erwartet als die, die sie nun abbüßen musste, doch damit war ihm sehr gedient. Einer seiner besten Freunde unter den Janitscharen lag schwer krank darnieder, und wenn Harriet sich um ihn kümmerte, konnte er sicher sein, dass Jasons Wunde genau so sorgfältig und regelmäßig versorgt wurde, wie der Arzt es angewiesen hatte.
Kasim schmunzelte, als er sich an ihren Vorschlag erinnerte, Freunde zu werden. Stellte sie sich wirklich vor, das reiche ihm, nun, da sie ihm gehörte? Sein Geist, jede Faser seines Körpers protestierten bei dem Gedanken. Freundschaft war ihm nicht annähernd genug. Er wollte sie in seinem Bett, als seine Geliebte. Das Gefühl war langsam in ihm gewachsen, so langsam und unauffällig, wie ein Samenkorn keimte. Kasim hatte es erst wahrgenommen, als es beinahe schon zu spät gewesen war. Nur dadurch, dass sie den Schleier zurückgeworfen und die Vermählungszeremonie damit unterbrochen hatte, war sie nicht längst Hassans Frau und unerreichbar für ihn.
Aber vielleicht ist sie das trotzdem, dachte er grübelnd. Unerreichbar für mich … Er wusste, wie sehr sie sich nach ihrer Heimat sehnte, und es stand in seiner Macht, ihr die Rückkehr zu ermöglichen. Sie hatte geschworen, keinen Fluchtversuch zu unternehmen, doch er konnte sie gehen lassen.
Er würde nicht mit ihr gehen können. Nein, unmöglich, sie gehen zu lassen. Mit der Zeit würde ihr das Leben hier gefallen. Erst recht, wenn er ihr zeigte, wie schön es sein konnte.
Zum ersten Mal seit Jahren dachte Kasim an sein Zuhause in England. An seinen Vater, der ihn im Zorn enterbt und ihn eines so widerwärtigen Verbrechens bezichtigt hatte, dass ihm allein bei der Vorstellung heute noch ganz elend wurde. Aber auch wenn er sich der Tat selbst nicht schuldig gemacht hatte – er war mit dem Schurken, der das unberührte junge Mädchen geschändet hatte, befreundet gewesen und hatte von dessen frevlerischen Plänen gewusst. In diesem Sinne ein Mittäter, hatte er den Vorwürfen seines Vaters nichts entgegensetzen können und war als Freibeuter losgezogen, um auf den Weltmeeren sein Glück zu machen. Inzwischen hatte er Reichtum angehäuft, viel davon durch Handel, doch alles, was er war, war er durch den Kalifen, und deshalb durfte er Khalids Vertrauen niemals enttäuschen oder sein Wort brechen.
Harriet musste sich damit abfinden, hierzubleiben. Er konnte sie nicht gehen lassen!
7. KAPITEL
A ls Kasim den Harem betrat, saß Harriet im Innenhof inmitten der jungen Mädchen, die ihr Gesellschaft leisten sollten, und genoss die Kühle des Abends. Sie war gelöster Stimmung, lachte und streichelte die weiße Katze, die er ihr als Haustier gekauft hatte. Es schien beinahe so, als wäre sie glücklich und fühlte sich heimisch in ihrer neuen Umgebung.
Er ging auf sie zu, und plötzlich blickte sie auf, und ein Lächeln erschien auf ihren Zügen, das so strahlend und süß war,
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