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Gekauftes Spiel

Gekauftes Spiel

Titel: Gekauftes Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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mit einem Hechtsprung gerettet,
handbreit über den Fliesen.
    Seit dem frühen Nachmittag
waren sie am Lamia-See im Ortsteil Valturto. Das Ferienhaus war ansehnlich. Es
stand am Hang, umgeben von Schatten spendenden Pinien und blühenden Büschen.
Das Grundstück lag am Ende einer Sackgasse. Der Van, mit dem Frau Glockner und
TKKG angereist waren, konnte vorm Haus parken. Im Haus gab es zwei große
Schlafzimmer, ein großes und ein kleines Bad, Gästetoilette, Küche, Essraum und
Wohnzimmer. Letzteres war neu und chic möbliert. Beim Fernsehen ließen sich 18
Programme empfangen, hauptsächlich italienische Sender. Die Kids interessierte
das wenig. Action war angesagt. Keiner von ihnen würde vor der Glotze
einschlafen.
    Alles super!, dachte Tim. Fünf
Minuten bis zu den Fenders, 15 bis zum Sportplatz. Das Palace-Hotel mit den
Avantis ist auch in der Nähe. Fehlt nur noch, dass uns Jack Milburn über den
Weg läuft. Der Stimmenimitator mit seinen beiden Komplicen. Dann steigt der
Erlebnisfaktor in unserem Urlaub.
    »Schon was gelernt?«, fragte
Margot und nahm Tim drei saubere Teller ab.
    »Äh«, für einen Moment wusste
er nicht, was sie meinte: »Hier beim Küchendienst?«
    Gaby kicherte. »Wovon hast du
denn geträumt, Häuptling? Von Knoblauch?«
    »Ich meine doch deine
Schiedsrichterausbildung«, lächelte Margot.
    »Ach so! Ja!« Er war
nachmittags bei Jonathan Fender gewesen, hatte erste Instruktionen erhalten,
während Frau Fender und die Töchter Urlaubsklamotten auspackten. »War echt gut.
Für die Theorie benutzt Herr Fender einen langen Tisch mit einem großen Bogen
Pappe. Auf dem ist ein Spielfeld aufgezeichnet: Seitenlinien, Torlinien,
Mittellinie, Torraum, Strafraum — alles im richtigen Verhältnis. Außerdem hat
er zwei Mannschaften als Plastikfiguren in Schwarz-Weiß und Rot-Blau. 22
Figürchen, etwas größer als Zinnsoldaten. Damit kann er jede Situation
aufstellen und jeden Spielzug bewegen. Und den Schiedsrichter — die Figur hat
er auch — kann er in die richtige Position bringen. Vorhin hat er mir
Spielsysteme gezeigt, aus denen sich dieses oder jenes entwickelt.«
    »Spielsysteme?«, fragte Margot
und furchte die Stirn.
    »Jedes Topteam hat sein
System«, nickte Tim. »Was der Trainer seinen Spielern so beibringt. Taktik!
Angriffs- und Abwehrverfahren! Manche Systeme sind uralt, das 1-2-3-5-System
oder die Schottische Furche gab’s schon 1877. Die Punta de Lanza wurde erstmals
1930 von Uruguay gespielt, mit zwei Stürmern als doppelten Lanzen. Es geht
immer um die Positionen der Spieler zueinander, wie die Verteidiger, Läufer,
Halbstürmer, Vollstrecker stehen. Dazu die Stopper und Ausputzer. Sehr
interessant ist auch der Brasilianische Halbriegel.«
    »Du klingst schon wie ein Experte«,
lächelte Gabys Mutter.
    »Ich werde es.«
    »Und die Spielregeln sind dein
eigentliches Thema?«
    Tim nickte. »Das Regelwerk in
seiner heutigen Form besteht seit 1938. Hat seitdem nur geringfügige Änderungen
erfahren. Insgesamt sind es 17 Spielregeln. Sie betreffen Elementares: das
Spielfeld, den Ball, die Zahl der Spieler, deren Ausrüstung, den
Schiedsrichter, den Schiedsrichterassistenten, die Dauer des Spiels, Beginn und
Fortsetzung des Spiels, Ball in und aus dem Spiel, wie ein Tor erzielt wird,
das Abseits, verbotenes Spiel und unsportliches Betragen, Freistöße,
Strafstöße, den Einwurf, den Abstoß und den Eckball oder Eckstoß.«
    »Da hast du ja was vor dir«,
meinte Gaby. »Zu den meisten Themen wurde viel festgeschrieben, weil’s viele
unerwünschte Möglichkeiten gibt. Nicht wahr?«
    Tim legte den Arm um sie. »Wenn
alle so spielen würden wie du, Pfote, wäre der Schiri überflüssig.«
    »Willst du damit sagen, mir
mangelt es an Biss?«
    »Im Gegenteil! Wenn du mit dem
Ball losdribbelst, seufzt das Publikum vor Entzücken. Ich meine deine Fairness.
Du verteilst keine blauen Flecke und fährst nicht die Sense aus.«
    »Was bedeutet denn das?«, rief
Margot Glockner mit gespieltem Entsetzen. »Den Gegner köpfen? Wie der
Sensenmann?«
    Tim lachte. »Von hinten in die
Wade treten ist damit gemeint.«
    In diesem Moment wurde die
Haustür aufgestoßen und Karl stürmte herein.
    Er war nach dem Abendessen in
den Ort gelaufen, wollte in dem kleinen Supermarkt, der bis 20 Uhr geöffnet
hatte, eine Zeitung besorgen und vor allem einen Ortsplan vom Tal mit allen
Gemeinden und weiterführenden Routen.
    »Leute!« Karls Augen blitzten
durch die Gläser der Nickelbrille. »Ihr glaubt nicht,

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