Gekehrte Straßen oder einfach nur darauf gespuckt (German Edition)
die sich
verschoben hatten, das hatte mich sehr wütend gemacht. Es war
nicht wegen der eigentlichen Mühe. Es war viel mehr wegen deiner
Hilflosigkeit, die sich darin breit machte, während du da
standest und mir dabei zugeschaut hattest. Irgendwie spürte ich,
ich werde nicht dein Retter sein können, nicht mal beim
Zurechtrücken einer Matratze. Damals, als du mich noch begleitet
hattest, als ich Briefe aus meiner Posttasche verteilte, da dachte
ich, ich werde dein Erlöser, dein Held werden. Aber mit der Zeit
wurde es mehr zu einem Wunschdenken, fernab jeglicher Realität.
Und dabei liebte ich das Leben, das Leben mit dir, mit euch oder etwa
nicht? Wir träumten doch denselben Traum. Und wir gingen
dieselbe Straße entlang. Und ich liebte dein zufriedenes
Lächeln an meiner Seite. Nur zu wenig und zuletzt gar nicht
mehr, habe ich es gesehen. Ich habe kein Lächeln mehr an dir
entdecken kön nen. Ich habe dich traurig und ich habe dich
unglücklich gemacht. Und dabei waren wir ein Paar. Ein sich
liebendes Paar. Gemeinsam, zusammen, beieinander. Nur bei Vollmond
zerflossen wir nicht miteinander. Da schien dich etwas zu ergreifen.
Der Vollmond schlich sich in deinen zarten Körper und trug dich
woanders hin. Er trug dich dahin, wohin ich dir nicht folgen konnte.
Du wurdest von dem Mond getragen und von mir weggetragen und ich ließ
dich gehen. Ich ließ dich in die Nacht hinauslaufen und die
Dunkelheit umarmen und wurde stiller Beobachter dieser deiner
Entrückung. Vielleicht bin ich deswegen ein Hund geworden. Ein
Irrer, um bei Nacht den Mond zu verfolgen und ihn bei Gelegenheit
einzufangen. Zumindest ihn lange beobachten zu können, wenn auch
niemals etwas daran zu begreifen und ihn auch nicht angreifen zu
können,um dich zurück zu holen. Ich konnte auch kein
Wolfsgeheul von mir geben. Ich war ja kein Wolf. Wie gerne hätte
ich den Worten des Mondes gelauscht. Wie gerne wollte ich den großen,
kahlen Planeten verstehen und ihn fragen, wo er meine Leila gefangen
hält. Ich gehe weiter meines Lebens und meiner Träume, um
niemals zu wissen, auf was ich konkret zugehen könnte. Ich werde
schlafen, um niemals zu erfahren, was Schlaf in dem Sinne bedeutet
und warum ein jeder Mensch ihn braucht. Ich werde meine Straßen
zu Ende gehen, ohne jemals etwas erreicht zu haben in meinem Leben.
Ich habe genügend Mauern gebaut darin in meinem Leben und auf
dem Boden darauf, aber nicht eine einzige Brücke. Es fehlte mir
der Übergang. Ich werde weiterlaufen und irgendwann angekommen
sein, mit oder mit keinerlei Erfahrungen. Ich habe wieder etwas zu
tun und das gibt mir Kraft und aus dieser Kraft heraus, werde ich es
auch schaffen. Mit Sicherheit wird mir diesmal etwas gelingen. Ich
trage ein Gefühl in mir, dass ich diesmal selbst überrascht
sein werde, wenn es soweit ist.
Ein
neuer Tag, ein neues Etwas. Ein immer dasselbe und doch ein etwas
anderes. So wie jeder Tag an sich. Kein Tag und auch nichts sind sich
ähnlich und sind sich nicht gleich und werden es niemals als
solches sein.
Nicola
lag noch lange im Bett. Er schlief zwar nicht mehr, doch fühlte
er sich auch nicht richtig wach. Ein zwischen drin, ein halbes Etwas,
ein nichts Ganzes, ein nichts Richtiges, aber ein eindeutig
ungewöhnliches, ein unbehagliches Gefühl hatte sich in
Nicola festgesetzt. Gestern Nacht war es noch nicht da. Es musste
sich in den frühen Morgenstunden eingeschlichen haben. Völlig
unerwartet. Hatte Nicola doch mit nichts Unerwartetem mehr gerechnet
und folgedessen auf nichts Eigentlichem gewartet. Überrascht war
er auf dieses seltsame Gefühl, das er in sich spürte und
das weiterhin in ihm verharrte, obwohl er sich mehrmals das Gesicht
mit eiskaltem Wasser abgewaschen hatte, nachdem er beschloss, diesem
Gefühl entgegen zu wirken und sich aus dem Bett erhob, sich zum
Waschbecken schleppte, den Wasserhahn aufdrehte und eiskaltes Wasser
in das Becken reinlaufen sah, nach einigen Sekunden seine Hand
darunter hielt und mit Schwung sich Wasser ins Gesicht spritzte. Aber
das ungute, nicht eindeutig einzuordnete Gefühl wich nicht aus
seinem Kopf und auch nicht aus seiner gesamten Verfassung. Es wollte
nicht weichen, auch nicht, als er die letzten Tropfen aus der
Weinflasche trank, unabhängig davon, wie früh oder wie spät
es im Moment war. Das ungute Gefühl verstärkte sich in
einem derartigen unguten Ausmaß, je näher der Mittag
heranzurücken schien und Nicola dachte unsicher, dass er sein
Kartenspiel heute vergessen konnte, nachdem
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