Geklont
anzusehen. »Kann ich etwas für Sie tun, Sera?«
Gott , sie braucht das, was? Phaedra ist erschrocken. »Ich möchte, daß du eine Einkaufsliste anfertigst. Dinge, von denen du meinst, daß wir sie auf dem Schiff brauchen werden. Du wirst einige Befehle weiterzugeben haben, wenn wir die Station erreichen. In der äußeren Tasche dort ist ein Orientierungsheftchen. Es wird dich über die Verfahrensweisen aufklären.«
»Ja, Sera.«
Das half Sera ein wenig bei ihren Problemen. Ollie quälte sich herum. Er hatte sie um eine Bandbehandlung gebeten. Er - wollte von ihr ein Band, hatte sich wie ein Azi an einen Aufseher an sie gewendet; und sie hatte ihn zurückgewiesen.
»Ollie«, hatte sie gesagt. »Du bist viel zu sehr ein ZIV. Ich brauche dich so. Verstehst du, was ich meine?«
»Ja«, hatte er geantwortet. Und hatte sich besser gehalten als sie.
»Für dich auch einen«, rief sie ihm durch den Turbinenlärm zu; und er blickte zurück und nickte zum Zeichen, daß er verstanden hatte. »Und für Phaedra!«
Peggy trat an Ollies Seite an die Bar, schwankte etwas, als eine kleine Turbulenz das Flugzeug erfaßte, beugte sich dann hinunter und holte zwei Gläser heraus.
Für Julia. Hinten im Fond. Julia und Gloria.
»Du hast mein Leben zerstört!« hatte Julia sie im Terminal angeschrien. Vor den Augen Denys', der Azis und der Familienmitglieder, die sie zum Abflug begleitet hatten. Während die arme Gloria mit zitterndem Kinn und feuchten Augen daneben stand. Kein schlechtes Kind. Ein Kind, das von den meisten Dingen zuviel hatte, zu wenig von dem, worauf es ankam, und ihre Großmutter anstarrte, die sie kaum je gesehen hatte, und vermutlich nach Anzeichen des absoluten Bösen suchte, das ihre Person umgab. Gloria hatte nicht die geringste Vorstellung von dem, was ihr bevorstand. Nicht die geringste Vorstellung, was Schiffsdisziplin oder die geschlossene Stahlwelt einer Arbeitsstation wirklich bedeuteten.
»Hallo, Gloria«, hatte Jane gesagt und war sich dabei selbst auf die Nerven gefallen, hatte versucht, dieses Kind auf keinen Fall mit Ari zu vergleichen, die vielleicht ein Flugzeug starten hörte, zum Himmel hinaufsah und feststellte, daß es die › Reseune Eins‹ war. Mehr nicht.
Gloria war zu ihrer Mutter gelaufen, die im Begriff war, zu hyperventilieren. Und der es obendrein gelang, ihrer Abreise einen lächerlichen Zug zu geben. Es war wahrscheinlich ganz gut so, daß sie mit dem Reseuner Sicherheitsdienst reisten. Man konnte sich nicht darauf verlassen, daß Julia nicht davonlief und in Novgorod umherirrte.
Aus irrationaler Furcht vor dem Shuttle, der Leere, den Sprüngen, all den Dingen, die eine Physik einschlossen, um deren Verständnis sich Julia nie bemüht hatte und der sie, wie sie sich sagte, persönlich nicht vertrauen konnte.
Zu schlimm, mein Kind. Ich wünschte, ich konnte eine Blase für dich schaffen, wo die Dinge so funktionieren, wie du das willst. Es tut mir leid, daß all dies dich überfordert.
Es tut mir leid, daß du mich begleiten mußt.
Ollie brachte die Drinks. Er war blaß, aber er kam ganz gut zurecht, wenn man auf ihn Rücksicht nahm. Es gelang ihr, ihn anzulächeln, als er ihr das Glas reichte, und er sah sie wieder an, als er sich mit seinem Drink in der Hand setzte.
Sie hatte die Hälfte von ihrem hinuntergekippt, ohne es zu merken. »Es wird schon gutgehn«, sagte sie und hob das Glas. »Zum Wohl, Ollie. Jetzt geht's dahin zurück, woher ich gekommen bin. Endlich wieder nach Hause.«
Und als sie ihren zweiten Doppelten leerte: »Es ist ein Gefühl, als sei ich wieder zwanzig, Ollie, als sei nichts von dem in Reseune je passiert.«
Oder sie hatte diesen Teil in sich für eine Weile betäubt.
IV
Phaedra war nicht in der Spielschule. Dafür war Nelly da. Nelly ließ sich leicht herumstoßen. Sam konnte sie wirklich zur Raserei bringen. Nelly ärgerte sich, aber sie tat nichts dagegen, weil Ari sonst auf Nelly wütend geworden wäre, und das gefiel Nelly nicht.
Also schubste Sam Ari, und sie schubste ihn. Und sie kletterten auf die Puzzlesteine.
Schließlich kam Jan Sam holen, und Nelly brachte Ari heim, wo Onkel Denys sie im Flur traf.
»Nelly«, sagte Denys. »Der Sicherheitsdienst möchte dich sprechen.«
»Warum?« fragte Ari. Vom einen zum anderen Moment hatte sie Angst. Der Sicherheitsdienst und Nelly hatten so wenig miteinander zu tun wie nur irgendwas. Es war wie alles andere seit kurzem. Es war etwas, das nicht paßte.
»Nelly«, sagte Denys.
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