Geklont
über das nach, was sie gesagt hatte, und über das, was am Rande damit zusammenhing: Mit wem habe ich es zu tun, was hat sie vor, hat Denys das Ganze inszeniert? Er war viel zu klug, um irgend etwas nur unter einem Gesichtspunkt zu betrachten.
»Hast du es an Corain durchsickern lassen?« fragte er.
Oh. Das war eine sehr gute Frage. Das brachte sie auf einen Gedanken. »Ich nicht. Aber, nun, Denys könnte es gewesen sein, nicht?«
»Oder Giraud«, sagte Justin.
Sie atmete tief durch und lehnte sich zurück. »Ein interessanter Gedanke. Wirklich sehr interessant.«
»Vielleicht ist das die Wahrheit. Vielleicht ist derjenige, der es hat durchsickern lassen, in der Position, zu wissen, daß es die Wahrheit ist.«
Florian interessierte das; er beobachtete Justin mit äußerster Aufmerksamkeit. Ari nahm an, daß Catlin das auch tat. Gott, dachte sie und merkte, daß sie lächelte. Er ist noch lange nicht am Ende. Ich sehe, wie er's verkraftet hat.
»Darauf wäre einfacher zu antworten«, sagte sie, »wenn ich eine Vorstellung davon hätte, was an jenem Abend geschehen ist, aber dafür gibt es keine Anhaltspunkte. Ich bin auf die Idee gekommen, es könne eine Aufzeichnung eines Schreibautomaten vorliegen. Aber sie hat nur eine Transfer-Tafel benutzt. Sonst war nichts zu finden. Die Personenspürgeräte waren nutzlos; es hatten schon zu viele Menschen den Raum betreten und wieder verlassen, ehe man daran dachte. Eine Psychosonde wäre die einzige Möglichkeit gewesen. Und die wurde nicht wahrgenommen. Und das wird auch nicht nachgeholt. Sei's drum. Giraud hat über den ›Warrick'schen Einfluß‹ gesprochen. Er hat sich einen Feind herangezogen. Was fangen wir nun mit diesem Feind an?«
Ein weniger bedächtiger, emotionalerer Mensch wäre jetzt herausgeplatzt: Laß ihn frei! Sie saß da und sah Justin nachdenken, und er mußte sich einiger Spuren verhältnismäßig sicher sein - der Tatsache, daß Jordans Name in der Paxer-Graffiti auftauchte; daß Jordan ihrer Vorläuferin zuwiderlaufende Ideen vertreten hatte; daß im Wissenschaftsamt eine Wahl abzusehen und in der Verteidigung eine nahezu sicher war, die beide kritisch waren, die beide, wenn die Zentristen gewannen, Reseunes Untergang bedeuten, den Lauf der Geschichte ändern, alle Projekte Reseunes und alle Pläne Aris gefährden könnten ...
Er saß vielleicht drei, vier Minuten da, in sich versunken und so still, als habe er Kath geschluckt. Dann, um Beherrschung bemüht:
»Hast du Jordans Input manipuliert?«
Sie holte tief Luft, als habe sich einer von Dutzenden Knoten um ihre Brust gelöst. Es gibt wirklich ein Echo, dachte sie, indem sie sich den dunklen Raum vorstellte, in dem man in einen Null-Zustand versank. Sie nahm sich für ihre Antwort Zeit. »Das ist ein zu weites Gebiet«, antwortete sie schließlich. »Ich hab's nicht auf ihn abgesehen. Ich möchte, daß er sicher ist. Das Problem ist nur - er ist ziemlich intelligent, sehr entschlossen, und selbst wenn er die Botschaft nicht hat durchsickern lassen -, was wird er tun, wenn er vor den Kameras der Nachrichtendienste steht? Was wird er aus irgendeinem Plan machen, den ich ihm vorlege, um aus dieser Sache herauszukommen?«
»Dafür kann ich sorgen. Ich brauche nur fünfzehn Minuten am Telephon mit ihm.«
»Es gibt immer noch ein Problem. Er wird kein Wort davon glauben. Giraud hat's gesagt: Dieses Band kam einem Eingriff gleich. Dein Vater hat es gesehen ...«
Er reagierte darauf, als habe es ihn wie ein Schlag in die Magengrube getroffen.
»Du nicht, oder?« fragte sie. »Niemals. Du weißt nicht, was Ari getan hat. Du hättest darum bitten sollen, es dir anzusehen. Du hättest dich mit diesem verdammten Ding so oft wie nötig beschäftigen müssen. Es hat mich auch zum Fließen gebracht, so sehr, daß ich nicht mehr geradeaus denken konnte; es brachte Giraud dazu, auf das Offensichtliche hinzuweisen. Wenn ich erkennen konnte, was Ari getan hat, dann konnte es dein Vater auch. Dein Vater hat es nicht mit den Augen eines siebzehnjährigen Jungen, sondern mit denen eines Psychochirurgen, der sich nur noch zu fragen brauchte, wie oft und wie tiefe Eingriffe Ari vorgenommen hat. Er mußte sich fragen, wie weit sie gingen. Du und Grant macht euch oft übereinander Sorgen, wenn ihr drei Tage getrennt seid. Das weiß ich. Du weißt, daß sie an Jordan keinen Eingriff unternehmen dürfen - aber meinst du nicht, daß er sich - nach zwanzig Jahren - einfach einmal fragen muß, wessen Kind du
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