Geklont
schnell, die dunklen Zonen zu ausgedehnt. Die Wahrheit schien leichter erkennen zu sein als Lügen, wenn man sie auf ein Minimum beschränkte. »Ich kann Ihnen nur sagen...« Nein. Kann war gefährlich. »Ich weiß nur, daß eine Untersuchung läuft. Mein Vater hat mir - zu der Zeit, als es passierte - genau dasselbe gesagt wie dem Rat. Aber zu dieser Zeit waren Dinge im Gang, die ein Beweggrund gewesen sein könnten. Deshalb fliege ich nach Novgorod. Ich weiß nicht - nicht einmal Ari weiß es -, wer im Moment die Wahrheit sagt. Ich möchte es herausfinden. Die Administration Reseunes möchte es herausfinden.«
»Ich kann Ihnen versichern«, sagte Ari neben ihm, »daß ich sehr gute Gründe habe, in diesem Fall die Wahrheit erfahren zu wollen.«
»Eine Frage an Dr. Warrick. Werden Sie von jemandem dazu genötigt?«
»Nein«, antwortete Justin bestimmt.
»Sie sind ein PR. Sind Sie - in irgendeiner Hinsicht - mehr als das?«
Er schüttelte der Kopf. »Ein Standard-PR. Nichts Ausgefallenes.«
»Ist an Ihnen je ein Eingriff vorgenommen worden?«
Mit dieser Frage hatte er nicht gerechnet. Im ersten Moment erstarrte er, dann raffte er sich zu einer Antwort auf. »Ein Verhör mit einer Psychosonde ist ein Eingriff. Ich war auch von den Ermittlungen betroffen. Es gab mehrere Verhöre.« Sie würden aus diesem Grund seine geistige Gesundheit in Frage stellen; und seine Glaubwürdigkeit. Das wußte er. Es würde seine Lizenz für die klinische Praxis fragwürdig erscheinen lassen und einen Schatten auf seine Forschungen werfen. Das wußte er auch. Das Ganze nahm eine alptraumhafte Qualität an, die Scheinwerfer, der Halbkreis der Reporter. Er wurde ganz gelassen, ganz kühl. »Es ist ein illegaler Eingriff vorgenommen worden, als ich noch minderjährig war. Ich bin deswegen behandelt worden. Gegenwärtig stehe ich nicht unter Drogen; ich bin von niemandem mit einem Eingriff auf diesen Auftritt vorbereitet worden. Ich sorge mich nur um meinen Vater, und ich kann es kaum erwarten, nach Novgorod zu kommen und alle Fragen zu beantworten, die der Rat mir stellt. Es geht mir vor allem um das Wohlergehen meines Vaters ...«
»Wird er auf irgendeine Weise bedroht?«
»Ser, ich weiß so wenig wie Sie. Ich möchte unbedingt mit ihm reden. Auch deshalb, um sicher zu sein, was er überhaupt gesagt hat...«
»Sie haben Zweifel, ob er sich wirklich so geäußert hat, wie Rat Corain mitteilt?«
»Ich möchte mich vergewissern, daß er wirklich diese Botschaft abgeschickt hat. Ich möchte es von ihm hören. Es gibt viele unbeantwortete Fragen. Ich kann Ihnen nicht sagen, was Sie wissen wollen. Ich weiß es selbst nicht.«
»Sera Emory, wissen Sie etwas?«
»Ich habe gewisse Vermutungen«, antwortete Ari, »aber damit bin ich sehr vorsichtig. Das könnte dem Ansehen einiger Personen schaden...«
»Lebender?«
»Lebender und toter. Bitte haben Sie Verständnis. Wir nahmen gerade an einer Beerdigung teil. Es sind Behauptungen aufgestellt und Fragen aufgeworfen worden, zu deren Klärung entlegene Aufzeichnungen herangezogen werden müssen, die sehr persönliche Dinge über mich und Justin enthalten...« Sie legte ihre Hand auf die von Justin und preßte sie zusammen. »Wir haben unseren Frieden mit dem geschlossen, was passiert ist. Justin ist mein Freund und mein Lehrer, und nun fragen wir uns, was vor all den Jahren passiert ist, und warum Justins Vater ihm nicht die Wahrheit gesagt haben sollte, wenn wirklich mehr dahintersteckte. Wir verstehen es beide nicht. Deshalb verlassen wir Reseune. Wir werden das auf der Amtsebene untersuchen - nötigenfalls auch auf Ratsebene, weil dort diejenigen sitzen, die die ersten Ermittlungen durchgeführt haben. Aber wir halten es nicht für zweckmäßig, dies ausschließlich auf einer internen Ebene zu behandeln. Dr. Warrick hat Anklagen erhoben; die müssen im Amt angehört werden. Dahin werden wir uns wenden und ich glaube, wir sollten uns jetzt auf den Weg machen, Seri, bitte. Ich danke Ihnen. Wir werden später weitere Stellungnahmen abgeben.«
»Dr. Warrick«, rief ein Journalist. »Haben Sie eine Erklärung abzugeben?«
Justin sah den Mann einen Sekundenbruchteil verständnislos an, bis ihm klar wurde, daß man ihn auf der ganzen Welt nur als Dr. Warrick kannte. »Im Moment nicht. Ich habe Ihnen alles gesagt, was ich weiß.«
Florian berührte ihn am Arm, als er aufstand, und zeigte ihm den Weg durch den Abfertigungsbereich zum Flugzeug, das auf sie wartete. Die ›Reseune
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